Neuer Ärger für Merkel? Türkei verweigert SWR-Journalisten Einreise
Die Türkei hat einem ARD-Korrespondenten am Morgen die Einreise verweigert. Der Fernsehreporter sei am Flughafen Istanbul festgesetzt worden, teilte sein Sender, der Südwestrundfunk (SWR), in Stuttgart mit. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) reagierte empört auf das Vorgehen der türkischen Behörden und gab Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Mitschuld.
Nach Angaben des Südwestrundfunks saß der Leiter des TV-Büros Kairo, Volker Schwenck, seit dem frühen Morgen im Abschieberaum des Istanbuler Flughafens fest. Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete am Nachmittag, Schwenck sei ausgewiesen worden. Der SWR bestätigte am Abend Schwencks Rückkehr nach Kairo.
Schwenck war demnach auf dem Weg zu einer Reportage über Flüchtlinge im türkisch-syrischen Grenzgebiet, um dort mit syrischen Flüchtlingen zu sprechen. Er kam aus Kairo.
Offenbar keinerlei Gründe genannt
"Bin Journalist. Ein Problem?", schrieb Schwenck am Dienstag gegen 5.30 Uhr auf Twitter. Gründe für die Maßnahme seien ihm zunächst nicht genannt worden, hieß es beim SWR. Hingegen schrieb Schwenck auf Twitter: "Es sei ein Vermerk an meinem Namen".
Schwenck leitet laut ARD seit mehreren Jahren deren Studio in Kairo. Von dort berichtet er über den gesamten Nahen Osten, auch über Syrien. Bereits mehrfach war er in dem Bürgerkriegsland und dem Grenzgebiet zur Türkei für Dreharbeiten unterwegs.
Der Journalist berichtete demnach in der Vergangenheit häufiger aus den Rebellengebieten in Nordsyrien, in die Journalisten in der Regel über die Türkei eingereist sind. Die Türkei hat solche Reisen lange geduldet oder sogar erlaubt, wertet sie inzwischen aber als illegale Grenzübertritte. In den vergangenen Monaten ist mehreren Journalisten die Einreise in die Türkei verweigert worden. Andere wurden unter anderem wegen illegalen Grenzübertritts von Syrien ausgewiesen.
DJV: Schikane, die durch nichts zu rechtfertigen ist
Der DJV verlangte die sofortige Freilassung des ARD-Korrespondenten. "Das Vorgehen der Behörden gegen Schwenck ist reine Schikane, die durch nichts zu rechtfertigen ist", erklärte der DJV-Vorsitzende Frank Überall. Er gab Merkel eine Mitschuld an dem Vorfall. Jetzt räche sich ihr Entgegenkommen im Fall Jan Böhmermann, sagte der DJV-Chef.
Der ZDF-Moderator hatte den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan in einer Satire angegriffen. Ankara verlangte daraufhin eine Strafverfolgung Böhmermanns wegen Beleidigung eines ausländischen Staatschefs. Gegen den Widerstand des Koalitionspartners SPD erteilte Merkel die dazu nötige Ermächtigung.
Merkel zeigt sich "beunruhigt"
Kanzlerin Merkel hat sich beunruhigt über die Festsetzung gezeigt. "Wir verfolgen das und sehen das mit gewisser Sorge", sagte Merkel. "Wir haben uns um den Sachverhalt sofort gekümmert." Vor allem das Auswärtige Amt stehe mit den zuständigen türkischen Stellen in Kontakt, um die "Arbeitsfähigkeit" des Journalisten wieder herzustellen.
Auch Vizekanzler Sigmar Gabriel hat die Türkei wegen der Weigerung, Schwenck einreisen zu lassen, kritisiert. "Ich finde das natürlich auch erneut einen mehr als problematischen Akt, dass er in der Türkei keine Bewegungsfreiheit hat", sagte der Bundeswirtschaftsminister am Rande seines Marokko-Besuchs in Rabat. So könne man mit Journalismus und freier Berichterstattung nicht umgehen.
Vergebliche Hoffnung
Gabriel hatte Schwenck noch am Wochenende während seines Ägypten-Aufenthaltes in Kairo gesprochen. "Ich hoffe sehr, dass die türkische Regierung diesen Fehler schnell korrigiert und ihn nicht etwa ausweist, sondern ihn natürlich weiterreisen lässt. Das wäre die adäquate Antwort auf diesen Vorfall", meinte Gabriel. Eine vergebliche Hoffnung, wie sich zeigen sollte.
Erst im vergangenen Monat hatte das Verhalten türkischer Behörden gegenüber einem deutschen Korrespondenten für Schlagzeilen gesorgt: "Spiegel Online" musste seinen langjährigen Istanbul-Korrespondenten Hasnain Kazim aus dem Land abziehen, weil die dortigen Behörden seine Presse-Akkreditierung nicht verlängern wollten. Deutsche Journalistenverbände werteten dies als Angriff auf die Pressefreiheit.