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Anschlag von Paris: So entging das Stade de France der Katastrophe


Polizei rätselt über Fehler der Terroristen
Wie das Stade de France einer Katastrophe entging

Von afp, t-online
Aktualisiert am 17.11.2015Lesedauer: 3 Min.
Planungsfehler der Attentäter und wirkungsvolle Sicherheitsvorkehrungen: Der Anschlag auf das Stade de France hätte weitaus mehr Menschen das Leben kosten können.Vergrößern des Bildes
Planungsfehler der Attentäter und wirkungsvolle Sicherheitsvorkehrungen: Der Anschlag auf das Stade de France hätte weitaus mehr Menschen das Leben kosten können. (Quelle: dpa-bilder)
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Anders als bei den anderen Anschlagszielen in Paris ging der Angriff auf das Nationalstadion mit einem getöteten Passanten glimpflich aus. Neben den Sicherheitsmaßnahmen beim Testspiel Frankreich gegen Deutschland haben offenbar Planungsfehler der Terroristen dafür gesorgt, dass nicht noch Schlimmeres passierte.

Die Selbstmordattentäter vor dem französischen Nationalstadion haben nicht viel von sich übrig gelassen. Ihre Sprenggürtel voller Splitter haben Fenster zertrümmert, Wände demoliert und die Terroristen selbst zerfetzt. Doch anstatt ihre tödlichen Bomben in dem mit 79.000 Fans gefüllten Stadion zu zünden, sprengten sie sich auf eher leeren Straßen in die Luft. Außer den drei Angreifern selbst wurde ein Passant getötet. Dazu kommen mehrere Dutzend Verletzte.

"Die Operation ist fehlgeschlagen"

Das Stadion, in dem Frankreich 1998 Weltmeister wurde, war das erste Ziel, an dem die Fanatiker am Freitagabend zuschlugen. Doch während die beiden anderen Mordkommandos etwa 130 Menschen töteten und mehr als 300 verletzten, ging der Angriff auf das Stade de France vergleichsweise glimpflich aus.

Als die Attentäter ihre tödlichen Sprengladungen auslösten, lief das Spiel bereits und die Straßen vor dem Stadion waren weitgehend leer. Die potenziellen Mordopfer saßen auf den Rängen. "Wir denken, die Operation ist fehlgeschlagen", sagt einer der Ermittler. "Schlecht organisiert." Warum das so war, kann er sich nicht erklären.

Wie hoch die Zahl der Toten und Verletzten gewesen wäre, wenn die drei selbsternannten Gotteskrieger es ins Innere des Stadions geschafft hätten, wagt sich niemand auszudenken. Von der anschließenden Massenpanik ganz zu schweigen.

Attentäter ohne Eintrittskarte abgewiesen

Eine Theorie der Polizei besagt, dass die Angreifer gar nicht ins Stadion hineinwollten, weil sie damit rechnen mussten, dass ihre Sprengstoffwesten entdeckt würden. Stattdessen hätten sie wohl vorgehabt, sich vor oder nach dem Spiel vor der Arena unter die Menschenmassen zu mischen und dann zuzuschlagen.

Aber zumindest einer der Angreifer hat wohl doch versucht, auf die Ränge vorzudringen. Allerdings hatte er keine Eintrittskarte und wurde abgewiesen, wie ein Ermittlungsbeamter sagt.

Bley Bilal Mokono kam zu spät zum Spiel und glaubt, einen der Attentäter gesehen zu haben, einen Mann mit Bart und hagerem Gesicht. Er habe ihn auf der Toilette des Restaurants gegenüber von Stadion-Tor D getroffen. "Sein Gesicht war schweißnass, er sah verstört aus, starrte in den Spiegel vor sich, die Hände im Waschbecken", berichtet Mokono. Als er ein Sandwich gekauft habe, sei ihm der Typ noch mal begegnet.

"Alle traten übereinander"

Dann gab es eine gewaltige Explosion, Splitter und menschliche Körperteile knallten ins Restaurant, das Sicherheitsglas des Schaufensters beulte sich nach innen. Mokono traf es am Schlüsselbein, seine Trommelfelle haben auch etwas abgekommen. Jetzt liegt er im Krankenhaus.

Jeremy vom Sicherheitsdienst sagt, er sei sofort zu Hilfe geeilt, dann sei Minuten später die zweite Bombe hochgegangen. Diesmal vor Tor H, 200 Meter vom ersten Tatort entfernt. "Alle traten übereinander", sagt er. "Es war ein Durcheinander".

Bis der dritte Angreifer in Aktion trat, dauerte es weitere 23 Minuten. Die zweite Halbzeit hatte schon angefangen. Der Täter stand weit weg vom Stadion zwischen einem Baum, einem Straßenschild und einem Busch. Der einzige, den er tötete, war er selbst. Ansonsten gab es nur Scherben. "Ein vollkommenes Mysterium", sagt der Ermittler. "Jeder hat eine Theorie."

Ein Massaker verhindert haben wahrscheinlich die Sicherheitsvorkehrungen in der riesigen Arena, die moderne Bauweise, Fehler der Attentäter und die schnelle Reaktion der Verantwortlichen. Als vor dem Stadion das Chaos losbrach, entschied Präsident François Hollande nach Rücksprache mit dem Fußballverband, dass es besser sei, die Menschen in der Arena zu belassen und das Spiel fortzusetzen. Hollande, der selbst im Stadion war, wurde hingegen aus dem Stadion und in Sicherheit gebracht.

Nach dem Spiel gab es in der Arena dann doch noch Panik, wenn auch nur eine kleine. Abdelaziz Boucenna hatte das Match mit seinem Sohn und seinem Neffen gesehen. Als sie sich dem Ausgang näherten, hörte er die Menschen plötzlich rufen: "Er kommt, er kommt." Boucenna griff seinen Sohn, um ihn zu schützen. Doch die Masse traf ihn wie eine Welle.

Fußballpräsident lobt Sicherheitsvorkehrungen

Er wurde zu Boden geworfen, die Menschen trampelten auf ihm herum, brachen ihm zwei Finger und den Knöchel der linken Hand. Sein Sohn war schockiert und glaubte, jeden Augenblick werde eine Bombe hochgehen und ihn töten.

Auch andere Zuschauer wurden verletzt. Ein Augenzeuge sah eine Frau mit blutendem Kopf auf dem Boden sitzen. An der Sanitätsstation konnte Boucenna niemand helfen. Als er einen Polizisten ansprach, blaffte der: "25 Meter neben mir ist eine Bombe explodiert. Ich sch... auf deinen kleinen Kratzer."

Frankreichs Fußballpräsident Noël Le Graët sagt, die Sicherheitsvorkehrungen hätten funktioniert. "Es hätte eine veritable Katastrophe geben könne. Aber das ist nicht passiert."

Liveblog zum Terror in Paris:

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