Wegen Respektlosigkeit Geheimdienst: Kim lässt Minister mit Flak-Geschütz hinrichten
Der Diktator von Nordkorea, Kim Jong Un, hat nach Geheimdienstinformationen seinen Verteidigungsminister Hyon Yong Chol abgesetzt und vor Publikum hinrichten lassen - mit einem Flugabwehrgeschütz. Der Hinrichtung des Ministers am 30. April hätten hunderte nordkoreanische Behördenvertreter zugesehen - möglicherweise unter Zwang.
Das berichtete der Vize-Chef des südkoreanischen Geheimdienstes NIS, Han Ki Beom, laut der Nachrichtenagentur Yonhap vor einem Parlamentsausschuss in Seoul. Der Hingerichtete Hyon wurde zu Kims engsten Umfeld gezählt.
Yonhap berief sich in dem Bericht auf einen Abgeordneten, der an der Ausschusssitzung mit dem Geheimdienstvertreter teilgenommen hatte und südkoreanische Reporter darüber informierte. NIS-Vize Han sagte demnach, mit der Hinrichtung in einer Militärakademie im Norden von Pjöngjang sei Hyon für "Untreue und Respektlosigkeit" gegenüber Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un bestraft worden.
Eingedöst und Widerworte gegeben
Der Minister sei dabei ertappt worden, wie er bei offiziellen Militärveranstaltungen eindöste. Außerdem habe er Kim Widerworte gegeben. Laut unbestätigten Berichten aus Geheimdienstquellen beging Hyon einen nicht näher spezifizierten Verrat.
Die Exekution in der Militärakademie wurde den Angaben zufolge mit Flakfeuer vollzogen. Unbestätigten Berichten zufolge ist im kommunistischen Nordkorea diese Methode hochrangigen Regierungsvertretern vorbehalten, an denen die Führung ein Exempel statuieren will.
Schießanlage mit Flak-Geschützen
Im April hatte die in den USA ansässige Organisation Commitee for Human Rights in Korea Satellitenbilder von Mitte Oktober veröffentlicht, die die Militärakademie zeigten. Zu sehen war eine Schießanlage mit Flugabwehrgeschützen, die offenbar in Vorbereitung einer Hinrichtung aufgereiht waren.
Hyon hatte den Posten des Verteidigungsministers erst vor knapp einem Jahr übernommen. Zuletzt wurde er bei Musikaufführungen am 27. und 28. April in der Öffentlichkeit gesehen.
"Unerfahrener Führer mit Tendenz zu krassen Schritten"
In Nordkorea ist der Verteidigungsminister vor allem für die Logistik und den internationalen Austausch der Armee zuständig und weniger für die Verteidungsstrategie selbst. Dennoch habe Hyon als "einer der drei Militärvertreter mit dem engsten Verhältnis zu Kim" gegolten, sagte der Professor für Nordkorea-Studien in Seoul, Yang Moo Jin.
Im April war Hyon nach Moskau gereist - wohl auch um eine Teilnahme Kims an den dortigen Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs am 9. Mai vorzubereiten. Berichten zufolge sollte Hyon ein Rüstungsgeschäft im Gegenzug zu Kims Teilnahme aushandeln.
Möglicherweise habe der damalige Verteidigungsminister diese Mission nicht erfüllt, sagte Yang. Kim sagte den Moskau-Besuch kurz vorher wegen "interner nordkoreanischer Angelegenheiten" ab. "Ein unerfahrener Führer wie Kim kann oft eine Tendenz zu offenkundig dramatischen und krassen Schritten haben ... und für mich ist die Lage ziemlich besorgniserregend", sagte Nordkorea-Experte Yang.
Kim Jong Un war seinem Vater Kim Jong Il nach dessen Tod Ende 2011 an der Staatsspitze nachgefolgt. Wiederholt tauschte er seitdem hochrangige Verteidigungskader aus.
Experte: Kim genießt nicht besonders viel Respekt
Der britische Guardian zitierte den Nordkorea-Experten Michael Madden - Mitarbeiter des Nordkorea-Thinktanks "38 North". Demzufolge geht es um ein sich abzeichnendes Risiko für Kims Herrschaft: Kim Jong Un genieße bei den höheren und mittleren Rängen der nordkoreanischen Führung nicht besonders viel Respekt. "Es gibt zwar keine direkte Gefahr für Kims Herrschaft, aber wenn das (die Grundstimmung gegenüber Kim, Amn.) bis nächstes Jahr so weitergeht, müssen wir auf alle Eventualitäten gefasst sein", so Madden.
Ende 2013 war Kims Onkel Jang Song Thaek als "Verräter" hingerichtet worden. Kim hatte seinen Onkel und Mentor, der als zweitwichtigster Mann im Staat galt, zuvor öffentlichkeitswirksam entmachtet. Seitdem gibt es offenbar immer wieder öffentliche Säuberungsaktionen gegen Funktionäre, die der Diktator als Gefahr empfindet.
Ende April war aus südkoreanischen Geheimdienstkreisen verlautet, dass Kim 15 Widersacher aus den Reihen der Regierung habe hinrichten lassen, darunter zwei Vize-Minister. Sie hätten sich über Kims Anweisungen beklagt.