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Türkei: Recep Tayyip Erdogan geht gegen 16-Jährigen vor


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Gesetz gegen Präsidenten-Beleidigung
Erdogan geht gegen 16-jährigen Schüler vor

Fulya Özerkan, afp

Aktualisiert am 06.03.2015Lesedauer: 3 Min.
Demonstration für den 16-jährigen Schüler Mehmet Emin Altunses, der wegen Präsidentenbeleidigung angeklagt ist.Vergrößern des Bildes
Demonstration für den 16-jährigen Schüler Mehmet Emin Altunses, der wegen Präsidentenbeleidigung angeklagt ist. (Quelle: AFP-bilder)
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Artikel 299 des türkischen Strafgesetzbuches verbietet die Beleidigung des Staatspräsidenten. Eigentlich kam die Vorschrift in den vergangenen Jahren kaum zur Anwendung. Bis Recep Tayyip Erdogan Staatspräsident wurde und das Gesetz eifrig in Prozessen gegen unliebsame Kritiker zitieren ließ. Trauriger Höhepunkt: Im zentralanatolischen Konya steht nun ein 16-jähriger Schüler deshalb vor Gericht.

Der Artikel 299 werde als "Waffe benutzt, um die Opposition zum Schweigen zu bringen", sagt Sebla Arcan, Leiterin der Istanbuler Vertretung des türkischen Menschenrechtsvereins IHD. In ihren mehr als 20 Jahren als Menschenrechtsaktivistin habe sie noch nie eine schlimmere Zeit erlebt, was die Knebelung der Meinungsfreiheit angehe. Arcan und andere Regierungskritiker fordern die Abschaffung des Gesetzes.

Doch dazu wird es nicht kommen, denn das Gesetz wird eifrig angewandt. Nach Angaben der Istanbuler Anwaltskammer sind mindestens 84 Türken wegen Beleidigung des Präsidenten angeklagt worden, seit Erdogan im vergangenen August zum Staatsoberhaupt gewählt wurde.

Auch Journalisten unter den Opfern

Wie das Beispiel des Schülers Mehmet Emin Altunses in Konya zeigt, beschränkt sich die Justiz bei der Verfolgung angeblich respektloser Äußerungen nicht auf Erwachsene. Altunses hatte Erdogan bei einer Veranstaltung im vergangenen Dezember in Anspielung auf die Korruptionsvorwürfe gegen den Präsidenten und einige seiner Minister als "Meisterdieb" bezeichnet. Daraufhin wurde der Junge im Schulunterricht festgenommen und wenig später für die Dauer des Verfahrens auf freien Fuß gesetzt. Der Prozess, der am Freitag begann, wurde wegen eines Befangenheitsantrages gegen den Richter auf April vertagt. Dem Schüler drohen im Falle einer Verurteilung vier Jahre Gefängnis.

Auch andere Minderjährige sind wegen angeblicher Erdogan-Beleidigungen ins Visier der Justiz geraten. Ein 13-Jähriger im westtürkischen Ayvalik wurde verhört, ein 17-Jähriger in Antalya erhielt eine Bewährungsstrafe.

Selbst die ehemalige Schönheitskönigin Merve Büyüksarac hat den Zorn des Präsidenten auf sich gezogen. Auf Antrag der Anwälte Erdogans leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Büyüksarac ein, weil sie über Instagram ein Gedicht verbreitet hatte, das sich über Erdogan lustig machte.

Sie habe weder etwas gestohlen, noch habe sie jemanden getötet, sagte die Beschuldigte. Sie frage sich, welcher anderer Politiker so viele seiner eigenen Landsleute vor Gericht bringe. Der bekannte Journalist Can Dündar, der es wegen angeblicher Erdogan-Beleidigung ebenfalls kürzlich mit der Staatsanwaltschaft zu tun bekam, kommentierte mit Blick auf die zahlreichen Prozesse gegen Medienvertreter in der Türkei, inzwischen gehöre es zum Berufsbild des Journalisten, vor Gericht gestellt zu werden.

Opposition wirft Erdogan Größenwahn vor

Schon zu seiner Zeit als Ministerpräsident von 2003 bis zum vergangenen Jahr war Erdogan mit Strafanzeigen und Schadenersatzklagen gegen Kritiker vorgegangen, darunter auch Karikaturisten, durch deren Zeichnungen er sich beleidigt fühlte. Die Opposition wirft Erdogan, der seit seiner Wahl zum Präsidenten auch mit dem Einzug in einen riesigen neuen Palast in Ankara für Schlagzeilen sorgt, wachsende Intoleranz und Größenwahn vor.

Der Parlamentsabgeordnete Aykan Erdemir von der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP) sagt, die von Erdogan genährte autoritäre politische Kultur der Türkei stelle eine Gefahr für die Freiheit im Land dar. Es sei eine Schande, dass die Polizei die Gedanken und Meinungen der Bürger überwachen, gleichzeitig aber die kriminelle Missachtung von arbeitsrechtlichen Vorschriften und die Gewalt gegen Frauen ignoriere, so Erdemir.

Auch westliche Partner der Türkei sind besorgt. US-Außenstaatssekretär Thomas Melia nannte es bei einem Besuch in Ankara kürzlich "problematisch", wenn Bürger befürchten müssten, wegen Meinungsäußerungen strafrechtlich verfolgt zu werden.

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