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Islamischer Religionsgelehrter: Islamisten missbrauchen gezielt Stellen des Korans


Islamischer Religionsgelehrter
Sie missbrauchen gezielt Stellen des Korans

Von dpa
Aktualisiert am 14.01.2015Lesedauer: 2 Min.
Islamischer Prediger mit dem KoranVergrößern des Bildes
Missbraucht er den Koran? Oder schützt er seine Gläubigen vor dessen Missbrauch durch die Fanatiker? Zentrale Frage derzeit für einen islamischen Prediger (Quelle: dpa-bilder)

Islam

Fundamentalistische Hassprediger beziehen sich auf bestimmte Stellen des Korans, um Terror und Gewalt zu rechtfertigen. Dabei machen diese Passagen laut Behr vielleicht drei Prozent der Heiligen Schrift der Muslime aus. "Die Ethik, dass der Koran nicht von allen Menschen verlangt, Muslime zu sein, aber von allen Muslimen verlangt, sich wie Menschen zu verhalten, macht dagegen 60 bis 70 Prozent des Korans aus", sagt der Professor für Islamische Religionslehre an der Uni Erlangen-Nürnberg.

Gewalt im Alten Testament

"Wenn man das vergleicht, haben Sie im Alten Testament einen höheren Anteil an Gewaltpassagen. Doch fast niemand käme auf die Idee, diese Texte als Handlungsanleitung zu nehmen" - heutzutage. In der Geschichte des Christentums sah das allerdings schon oft anders aus.

"Die religiöse Karte"

Denn schon immer haben politische, militärische und religiöse Führer in den verschiedensten Epochen und Ländern "die religiöse Karte" gespielt, "um durch eine Inanspruchnahme von Heiligkeit Gewalt zu rechtfertigen". Und auch im Koran gebe es problematische Stellen. Als Beispiel nennt Harry Harun Behr eine Gewaltpassage in der fünften Sure: "Der Koran spricht hier von Vergeltung gegen jene, die gegen Gott und seine Gesandten kämpfen."

Direkt davor heiße es jedoch sinngemäß: "Wer einen Menschen ermordet, ist so, als habe er die ganze Menschheit ermordet." Es sei daher wichtig, dass die gemäßigten islamischen Gelehrten widersprüchliche Verse auf ihre Weise deuten, weil sonst "diese Rattenfänger den Koran benutzen, um mit einer Küchentheologie junge Leute zu verführen".

Einfache Weltbilder

Junge Menschen, die zwischen 15 und 20 Jahre alt sind, ließen sich mit einfachen Weltbildern wie Schwarz-Weiß, Gut-Böse, Westen-Osten relativ leicht radikalisieren, findet Behr. Und viele junge Muslime hätten ein spirituelles Interesse, fühlten sich aber gleichzeitig aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit vom Westen diskriminiert.

Dies nutzten radikale Islamisten seit einigen Jahrzehnten zunehmend gezielt für ihre Zwecke: "Im Dschihadismus gibt es so etwas wie eine organisierte Struktur, die nun versucht, in dieses Vakuum der Verständnislosigkeit zwischen Muslimen und der westlichen Welt vorzustoßen, um junge Leute abzugreifen." Junge Muslime fühlten sich davon deutlich öfter angesprochen als junge Protestanten oder Juden.

Dem Machtrausch verfallen

Viele radikalisierte junge Menschen seien jedoch weit davon entfernt, ihre Taten durch den Koran begründen zu können: "Einige dieser Dschihadisten haben sich kurz vor ihrer Abreise nach Syrien noch den 'Koran für Dummies' (den gibt's tatsächlich unter diesem Namen im Online- und Buchhandel zu erwerben (Anm.d.Red.) gekauft", sagt Behr.

Sie fielen vielmehr auf die Verlockungen einer totalitären Ideologie herein, die ihnen das Gefühl gebe, "über der dummen Mehrheit der Menschen zu stehen". Einige verfielen auch einem regelrechten "Machtrausch, der die Angst vor dem eigenen Tod völlig relativiert, und der stark genug ist, den Bruch mit geliebten Menschen auszuhalten".

"Meuterei einer Splittergruppe"

Der Islamwissenschaftler betont jedoch: Der Terror speise sich weder unmittelbar aus der islamischen Theologie noch aus den Aktivitäten der hier ansässigen Moscheen oder dem Alltagsleben der Muslime. "Das, was gerade stattfindet, stellt so etwas wie eine Meuterei dar. Ein Teil der Gesellschaft sind Muslime, und unter ihnen gibt es eine kleine Splittergruppe, die versucht zu meutern." Die islamische Theologie habe jetzt die Aufgabe, "den Islam vor der feindlichen Übernahme seiner eigenen Anhänger zu schützen".

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