Solidarität mit Kreml-Kritiker Nawalny Über 130 Festnahmen bei Protesten in Moskau
Bei einer nicht genehmigten Demonstration in Moskau gegen die Verurteilung des Kremlkritikers Alexej Nawalny und seinen Bruder Oleg sind nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten mindestens 132 Menschen festgenommen worden. Sie würden unweit des Kremls in Polizeiwagen festgehalten oder seien schon auf Polizeiwachen gebracht worden, erklärte die Gruppe OVD-Info auf ihrer Webseite.
Die Gruppe ist auf die Dokumentation von Festnahmen in Russland spezialisiert. Die Polizei bestätigte die Angaben nicht.
Polizei greift gegen "nicht gemeldete Kundgebung" hart durch
Auf dem nahe gelegenen Maneschnaja-Platz im Zentrum von Moskau hatten sich mehrere hundert Menschen zu der Protestkundgebung gegen die Verurteilung der Nawalny-Brüder versammelt. Die Moskauer Behörden hatten zuvor angekündigt, die Polizei werde "jede nicht genehmigte Kundgebung" auflösen.
Nawalny selbst hatte zu der Demonstration aufgerufen, um gegen die Haftstrafe für seinen Bruder Oleg zu protestieren. Während er selbst mit einer dreieinhalbjährigen Bewährungsstrafe davonkommt, muss sein jüngerer Bruder für den gleichen Zeitraum hinter Gitter.
Umstrittene Verurteilung der Nawalny-Brüder
Die Brüder sollen laut Anklage den französischen Kosmetikkonzern Yves Rocher um fast 27 Millionen Rubel (laut damaligem Wechselkurs knapp eine halbe Million Euro) betrogen haben, als das Unternehmen ihren Vertriebsdienst benutzte.
Später revidierte Yves Rocher die Anschuldigungen: Das Unternehmen erklärte, es habe durch die Zusammenarbeit mit der Firma der Brüder "keinen Schaden" erlitten.
Nawalny erst festgenommen - und wieder unter Arrest
Auch Alexej Nawalny war zunächst festgenommen worden, als er sich ungeachtet seines Hausarrests auf dem Weg zu der Kundgebung befand. Bilder des unabhängigen Fernsehsenders Doschd zeigten die Festnahme des 38-jährigen Anwalts und Bloggers. Nawalny lief in Begleitung von Mitstreitern eine Straße hinab, als Polizisten ihn packten und in einen Polizeibus bugsierten.
Anschließend ist der prominente russische Oppositionelle wieder nach Hause gebracht worden. Polizisten hätten ihn zu seiner Wohnung gefahren, teilte Nawalny am späten Dienstagabend über den Kurzbotschaftendienst Twitter mit. Mehrere Beamte seien dort geblieben und würden vor seiner Tür darüber wachen, dass er seine Wohnung nicht verlasse.
Der Anwalt und Kremlkritiker Nawalny steht seit Februar unter Hausarrest. Das am Dienstag in einem Betrugsprozess verkündete Urteil gegen ihn und seinem Bruder wurde international kritisiert. Die Europäische Union erklärte, das Urteil sei offenbar politisch motiviert, die USA zeigten sich "beunruhigt".