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Wladimir Putin sucht die Nähe zu Europas Rechten


Putin und die Populisten
Das rechte Netz des Kreml

spiegel-online, Von Benjamin Bidder und Philipp Wittrock

Aktualisiert am 25.11.2014Lesedauer: 3 Min.
Frankreichs Nationalisten bekommen einen Millionenkredit aus Russland und Putin-Vertraute besuchen deutsche VerschwörungstheoretikerVergrößern des Bildes
Russlands Präsident Putin ist in Feierlaune: Finanziert der Kreml gezielt populistische Parteien aus dem Westen - gegen den Westen? (Quelle: dpa-bilder)
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Frankreichs Nationalisten bekommen einen Millionenkredit aus Russland, Putin-Vertraute besuchen deutsche Verschwörungstheoretiker: Der Kreml sucht die Nähe zu Europas Rechten. Auch die AfD hat das Interesse Moskaus geweckt.

Die französischen Rechtspopulisten des Front National stehen in Russland hoch im Kurs. Nachdem russische Soldaten im März die Macht auf der Krim übernommen hatten, reiste der FN-Abgeordnete Aymeric Chauprade auf die Halbinsel. Dort stellte er dem Kreml ein sauberes Zeugnis aus: Das eilig abgehaltene Referendum sei "legitim".

Wenig später fuhr auch Chauprades Parteichefin Marine Le Pen nach Moskau und versicherte Russland ihre Solidarität. Sie wurde von Parlamentschef Sergej Naryschkin empfangen, einem engen Vertrauten von Präsident Wladimir Putin. Für Putin hegt Le Pen "eine gewisse Bewunderung", wie sie dem "Spiegel" einmal sagte. Russland stehe nur am Pranger, "weil es seit Jahren auf Anordnung der USA verteufelt werden soll". Le Pen würde die EU gern zerschlagen, auch das wäre sicher in Putins Sinne.

Le Pens FN verbinden mit Russland inzwischen nicht mehr nur politische Sympathien, sondern auch handfeste Geschäftsbeziehungen. Auf neun Millionen Euro beläuft sich der Kredit, den nach Informationen des französischen Investigativ-Portals Mediapart ein russisch-tschechisches Geldhaus dem FN gewährt hat. An der "Ersten Tschechisch-Russischen Bank" ist unter anderem der Gasmagnat Gennadij Timtschenko beteiligt, auch er gilt als Vertrauter Putins.

Hat Putin die AfD im Visier?

Der Deal schürt Befürchtungen, Putins Russland finanziere gezielt populistische Parteien und Gruppierungen im Westen, um die Europäische Union als außenpolitischen Konkurrenten zu schwächen. Denn nicht nur nach Frankreich zum Front National streckt der Kreml seine Fühler aus. In Großbritannien umwirbt er die radikalen Europa-Gegner von Ukip. Deren Vertreter sind bei Russia Today, dem englischsprachigen Auslandssender des Kreml, gern gesehene Gäste. In Ungarn unterhält Russland gute Beziehungen zur rechtsextremen Jobbik-Partei. Deren Chef Gabor Vona hielt im Mai 2013 eine Rede an der renommierten Moskauer Staatsuniversität.

Angeblich ist Putin auch in Deutschland auf der Suche nach einem politischen Partner - und soll ihn mit der Alternative für Deutschland (AfD) nun gefunden haben. So will es die "Bild-Zeitung" aus Geheimdienst- und Kreml-Quellen erfahren haben. Über finanzielle Abhängigkeiten wolle die russische Regierung Einfluss auf die Eurokritiker nehmen. Kreml-nahe Organisationen könnten sich demnach beim umstrittenen AfD-Goldhandel engagieren oder der Partei mit Krediten aushelfen - wie dem FN in Frankreich.

Die AfD weist den Bericht als "falsch" zurück. "Es existieren keinerlei Kontakte zu politischen Parteien, Organisationen oder Kreditinstituten in Russland, und wir haben auch nicht die Absicht, solche Kontakte zu knüpfen", teilt ein Sprecher mit und betont, man würde keine Kredite aus dem Ausland annehmen. Auch im umstrittenen Goldshop gebe es keine Geschäftsbeziehungen mit Russland.

Und doch: Das Interesse des Kreml hat die AfD längst geweckt. Das Meinungsbild der jungen Partei ist noch äußerst volatil, die Führung zerstritten. Immer wieder sind ausgesprochen Russland-freundliche Töne zu vernehmen. Diese Strömung zu unterstützen könnte lohnen, so das Kalkül Moskaus. Einer der prominentesten AfD-Köpfe, Brandenburgs Landeschef Alexander Gauland, wurde im Herbst bereits in die russische Botschaft in Berlin eingeladen. Man wolle "gern mit ihm reden", hieß es seinerzeit.

Putin als "globaler Anführer der Konservativen"

Der Kreml folgt bei seinen Bemühungen offenbar einer neuen Strategie. Vor Jahren noch hatte er versucht, den Westen mit seinen eigenen Mitteln zu attackieren: Moskau gründete damals Menschenrechtsinstitute in Paris und Washington, um Europa und den USA Versäumnisse bei der Presse- oder Meinungsfreiheit nachzuweisen. Die Initiative verpuffte.

Jetzt versucht Moskau Putin als Gegenpol zu einem vermeintlich sittlich verkommenden Westen zu etablieren, in dem Homosexuelle heiraten und Kinder adoptieren können. Russische Falken sprechen auch gern von Gay-ropa. Das Konzept von "Putin, dem neuen globalen Anführer der Konservativen" hat das Moskauer "Zentrum für Strategische Kommunikation" bereits im Dezember 2013 entworfen. Der Think-Tank steht dem Vize-Chef von Putins Präsidialverwaltung nahe.

Das Netzwerk mit den EU- und amerikakritischen Rechtsauslegern Europas soll bei diesem Plan helfen. Bei der Auswahl der Verbündeten ist der Kreml nicht zimperlich, als Beispiel darf der deutsche Publizist Jürgen Elsässer gelten. Der Herausgeber des rechten Magazins "Compact" hetzt gegen Zuwanderung, Juden, Homosexualität und die vermeintliche Okkupation Deutschlands durch die Amerikaner.

Im Juni stellte Elsässer einen Sammelband mit "Putins Reden an die Deutschen" vor - in einem Saal des "Russischen Hauses" in Berlin. Gemeinsam mit dem Autor saß ein russischer Diplomat auf dem Podium. Ähnlich ist das auch bei Elsässers "Compact"-Konferenzen. 2013 trat dort die russische Abgeordnete Jelena Misulina auf, sie ist die Initiatorin von Russlands umstrittenem Gesetz gegen "homosexuelle Propaganda".

Unter dem Titel "Frieden mit Russland" bat Elsässer am vergangenen Wochenende erneut zu einer Konferenz. Als Stargast reiste Wladimir Jakunin an, Chef der russischen Eisenbahn und einer der engsten Vertrauten Putins. Und mit Alexander Gauland war auch die AfD wieder unter den Gästen vertreten.

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