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Waterboarding für 9/11-Chefplaner: "Schwere und anhaltende Schäden"


Waterboarding für 9/11-Chefplaner
"Schwere und anhaltende Schäden"

Von t-online
Aktualisiert am 14.04.2014Lesedauer: 4 Min.
Khalid Sheikh Mohammed wurde 183 Mal dem Waterboarding unterzogenVergrößern des Bildes
Khalid Sheikh Mohammed wurde 183 Mal dem Waterboarding unterzogen (Quelle: Reuters-bilder)
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Am Montag beginnt in Guantánamo die nächste Anhörung der 9/11-Drahtzieher. Chefplaner Khalid Sheikh Mohammed, der 2003 in Pakistan gefasst wurde, hat seitdem nicht nur die Planung der 9/11-Anschlägen gestanden, sondern auch seine Beteiligung an praktisch jedem größeren Al-Kaida-Anschlag seit 1993.

Allerdings wurde der mutmaßliche Massenmörder kurz nach seiner Verhaftung 183 Mal dem Waterboarding unterzogen - einer Foltermethode, die Obama 2009 verbieten ließ. T-Online.de sprach mit Gisela Scheef-Maier, Therapeutin am Berliner Zentrum für Folteropfer, darüber, was Waterboarding und andere Formen der Folter beim Menschen bewirken.

T-Online.de: Frau Scheef-Maier, was passiert beim Waterboarding?

Gisela Scheef-Maier: Dabei wird der Mensch in existenzielle Todesangst versetzt, indem man den Prozess des Ertrinkens simuliert. Er bekommt ein Tuch aufs Gesicht und man gießt Wasser darüber, sodass er nicht mehr atmen kann. Der Mensch hat dann akut das Gefühl, zu ersticken und gerät in absolute Todesnot.

Wenn man diesen Prozess über 180 Mal erlebt - was löst das in der Psyche des Betroffenen aus?

Menschen sind sehr unterschiedlich. Je nach Ausstattung und Kräften, die jemand mitbringt, wird er unterschiedlich schnell psychisch krank. Bei 183-maligem Waterboarding kann ich mir nicht vorstellen, dass das ohne schwere und anhaltende psychische Schäden ausgeht. Ich würde erwarten, dass dieser Mensch unter einer möglicherweise irreversiblen traumareaktiven Erkrankung leidet.

Mohammeds Verhörleiter während seiner Haft in geheimen CIA-Gefängnissen, Jose Rodriguez, hat in einem Interview behauptet, dieser sei ganz cool gewesen. Er habe die Luft angehalten und mit den Fingern die Sekunden vorgezählt, weil er angeblich wusste, dass jede einzelne der 183 Prozeduren nur 10 Sekunden habe dauern dürfen - eine Behauptung, die nach anderen Aussagen falsch ist. Dennoch: Kann man sich auf Folter einstellen?

Eine gewisse Vorbereitung und das Wissen um den Vorgang ermöglichen schon, sich ein Stück weit zu schützen. Das eigentliche Problem ist die Todesangst. Es ist das Unvorhergesehene und die wirkliche Angst, unter der Folter zu sterben, die die Psyche zerstört. Wenn ich ganz sicher bin und es auch übe, dass der Vorgang nach zehn Sekunden abgebrochen wird und ich nicht sterbe, ist das natürlich eine Hilfe. Die meisten Folteropfer aber haben dieses Vorwissen nicht und können sich auch nicht vorbereiten. Damit wird ja bei der Folter auch gespielt, dass unvorhersehbar ist, was passiert. In diesem Glauben, "das überlebe ich nicht", entwickeln die Opfer dann die Folgen.

Als Opfertherapeutin kenne sie viele, auch "schlimmere" Fälle. Was ist das Schlimmste für die Opfer?

Wir erleben oft, dass es Menschen in Diktaturen, die politisch aktiv sind und sich darauf vorbereiten, was ihnen widerfahren kann, nicht so schwer trifft, wie andere - beispielsweise ihre Angehörigen. Die werden zum Teil auch verschleppt und gefoltert. Sie sind dann - und das sind Erfahrungswerte - oft noch viel kränker. Folterer zielen darauf ab, Menschen im Unklaren zu lassen und sie zu bedrohen. Das löst eine schwere Lebensangst aus. Oft findet so etwas ja mit verbundenen Augen statt, man sagt dem Opfer: "Es passiert nichts." Der Betroffene entspannt sich - und genau dann trifft ihn der Schlag oder Ähnliches. Das Opfer verliert komplett die Kontrolle.

Wir hatten ja in Deutschland einen großen Fall, in dem es um Folterandrohung ging: Bei der Entführung und dem Mord an dem Bankierssohn Jakob von Metzler, drohte Polizeipräsident Wolfgang Daschner dem Verdächtigen Magnus Gäfgen Folter an, um das Versteck des vermeintlich noch lebenden Jungen zu erfahren. Kann Folter in Extremfällen nicht ein Mittel zu Gefahrenabwehr sein?

Dagegen verwahren wir uns grundsätzlich. Es kann keine Legitimation für Folter geben, auch nicht zur Gefahrenabwehr.

Was hätten Sie Herrn Daschner in diesem Moment gesagt?

Es gibt ja sehr viel Verständnis für ihn oder auch für Angehörige, dafür, auf so eine Idee zu kommen. Wenn ich Mutter wäre und mein Kind retten wollte, würde ich mir auch derartige Gedanken machen. Aber Polizei, Staat und Gesetzgeber müssen Folter unterbinden. Man verliert sonst sehr schnell die Grenzen. Außerdem sind Angaben unter Folter oft falsch. Ich habe ganz viele Patienten, die mir erzählen, wie sie alles Mögliche erzählt haben, um nur dem Schmerz zu entgehen. Die Idee, dass man damit die Wahrheit auf den Tisch bringt, ist falsch.

Was tun Sie nach unserem Interview?

Ich habe heute noch zwei Patienten aus unserem Behandlungsprogramm.

Können Sie sagen, worum es dabei geht?

Ich kann natürlich keine konkreten Angaben machen. Aber weil wir gerade darüber gesprochen haben: Einer der Patienten wurde durch unglückliche Umstände verwechselt und vom Geheimdienst verschleppt. Danach hat man ihn lange schwerster Folter unterzogen. Ich kann das Land nicht nennen, aber es handelt sich um eine sehr aktuelle Situation. Der Mann wurde mit Elektroschocks gequält, man hat ihm die Hand- und Fußnägel mit Zangen gezogen, man hat ihn lange Zeit in einer absolut unhygienischen, dunklen, dreckigen Zelle angebunden. Er wurde geschlagen und bedroht und das alles über einen längeren Zeitraum.

Er wird eine langjährige Therapie brauchen. Da geht es auch vor allem darum, ihm Hilfestellung zu geben, mit den seelischen Verletzungen umzugehen. Es ist davon auszugehen, dass er nicht vollständig genesen kann.

Das Interview führte Christian Kreutzer

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