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Griechenland: Korruptionsaffäre um Rüstungsgeschäfte


Griechenlands schwarzes Loch
Korruptionsaffäre erschüttert den Krisenstaat

afp, John Hadoulis

07.01.2014Lesedauer: 3 Min.
Korruptionsaffäre in GriechenlandVergrößern des Bildes
Kampfhubschrauber über der Akropolis: Das Ausmaß der Korruptionsaffäre in Griechenland ist noch nicht abzusehen (Quelle: dpa-bilder)

Ein geständiger Kronzeuge mit Rechenproblemen, milliardenschwere Rüstungsgeschäfte und Schmiergeld in Schwindel erregender Höhe - Griechenland wird dieser Tage von einer spektakulären Korruptionsaffäre erschüttert, deren volles Ausmaß noch im Dunkeln liegt.

Die Vorwürfe richten sich gegen Geschäftsleute, aktive und ehemalige Spitzenfunktionäre. Verstaubte Auftragsbücher und Archive werden nach Indizien gegen sie durchkämmt.

Kronzeuge legt umfangreiches Geständnis ab

Unverhoffte Hilfe bekommen die Ermittler dabei von Antonis Kantas. Der 72-Jährige arbeitete von 1997 bis 2002 als Vize-Rüstungsdirektor im griechischen Verteidigungsministerium. Er gestand vergangene Woche. mehr als zehn Millionen Dollar Bestechungsgeld für Waffengeschäfte mit U-Booten, Panzern, Kampfflugzeugen und Raketen genommen zu haben.

Geliefert hätten Firmen aus Ländern wie Deutschland, Frankreich, Russland, Brasilien und Schweden, sagte Kantas während seiner viertägigen Marathon-Anhörung. Medienberichten zufolge wählte er die Worte: "Ich habe so viele Schmiergeldzahlungen angenommen, dass ich mich gar nicht mehr an alle erinnere."

Kantas hatte seinerzeit unter dem sozialistischen Verteidigungsminister Akis Tsochatzopoulos gedient, der im Oktober wegen Geldwäsche verurteilt wurde. Seine 20-jährige Haftstrafe scheint schweigsame Zungen gelockert zu haben. Kantas zum Beispiel war schon im September festgenommen worden, nachdem die Behörden auf seinen ausländischen Schwarzgeldkonten 13,7 Millionen Euro entdeckt hatten. Ein umfassendes Geständnis legte er jedoch erst jetzt ab.

Auch mehrere deutsche Firmen beteiligt

Unter Schmiergeldverdacht stehen unter anderem Geschäfte mit mehreren deutschen Firmen: Laut der "Süddeutschen Zeitung" geht es etwa um die Modernisierung älterer U-Boote der Poseidon-Klasse durch die Unternehmen Rheinmetall und Atlas, um Rheinmetalls Flugabwehrsystem Asrad und die Lieferung von 170 Leopard-2-Panzern durch den Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW).

Rund ein Dutzend mutmaßlicher Mitwisser hat Kantas beschuldigt, die meisten davon Unternehmer und Mittelsmänner aus der Rüstungsbranche, die inzwischen teils selbst Geständnisse abgelegt haben sollen. Griechenlands Justiz hofft zudem darauf, noch dickere Fische aus der Politikelite überführen zu können. "Wir sind entschlossen. Jeder Korruptionsverdacht wird bis zum Ende verfolgt", versprach Regierungssprecher Simos Kedikoglou.

Ein Justizbeamter sagte, dass noch immer "hunderte Millionen Euros und Dollars aus öffentlich ausgeschriebenen Geschäften auf Konten in aller Welt liegen". Diese offenzulegen brauche aber Zeit, da zahlreiche Mittelsmänner und Offshore-Firmen involviert seien. "Es steht fest, dass Politiker in diese Fälle verwickelt sind", sagte der Informant. "Aber sie werden von Mitwissern gedeckt."

Alter der Verdächtigen behindert Ermittlungen

Auch das fortschreitende Alter der Verdächtigen behindert die Ermittlungen: Ein von Kantas beschuldigter 83-jähriger Geschäftsmann brach während seines Verhörs fast zusammen, ein anderer Verdächtiger behauptet, unter Gedächtnisschwund zu leiden.

Beide sind laut Informationen der "SZ" geständig und nannten die Namen von sechs deutschen Geschäftsleuten aus drei Unternehmen, die Schmiergeldzahlungen an griechische Beamte veranlasst oder zumindest davon gewusst und sich teilweise auch selbst bereichert haben sollen.

Kantas hat mittlerweile gut neun Millionen Euro aus seinen Schwarzgelddepots in Singapur an den griechischen Staat überwiesen.

Wettrüsten verschärfte Krise

Zu der Staatsverschuldung trug wiederum das jahrzehntelange Wettrüsten mit der Türkei maßgeblich bei: Die griechischen Rüstungsausgaben der Jahre 1974 bis 2005 summieren sich auf 80 Prozent jenes Schuldenbergs von 310 Milliarden Euro, auf dem Griechenland zu Beginn der Euro-Krise saß.

Wegen der grassierenden Armut und anhaltenden Rezession in Griechenland bemühte sich das Finanzministerium vorige Woche, den wachsenden Volkszorn über korrupte Funktionäre einzudämmen. Das von Kantas zurückgezahlte Geld, so hieß es aus Athen, werde ausschließlich in Gesundheits- und Bildungsinvestitionen fließen.

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