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Tunesien: Femen-Aktivistin Amina von Eltern in Psychiatrie gesteckt


Ausland
Eltern weisen Femen-Aktivistin in Psychiatrie ein

Von spiegel-online
Aktualisiert am 25.03.2013Lesedauer: 3 Min.
Facebook-Auftritt von Femen Tunisia: "Ich pfeife auf eure Moralvorstellungen" (Screenshot: Facebook)Vergrößern des Bildes
Facebook-Auftritt von Femen Tunisia: "Ich pfeife auf eure Moralvorstellungen" (Screenshot: Facebook)

Mit nackten Brüsten demonstrieren sie für die Rechte von Frauen: Seit kurzem breitet sich der Femen-Protest auch in Tunesien aus. Doch jetzt bekommt eine 19-jährige Aktivistin den islamistischen Widerstand gegen die Frauenrechtsgruppe zu spüren.

Ein schwarzer, weit nach außen gezogener Liedstrich, die dunklen Haare nach hinten gestrafft, die Lippen leuchtend rot, eine Zigarette in der Hand und die Brüste nackt. Darauf, quer über den ganzen Oberkörper, in arabischer Schrift: "Mein Körper gehört mir und ist nicht die Quelle eines jeden Ehre."

Amina, die ihren Protest auf Facebook-Fotos zur Schau gestellt hatte, ist 19 Jahre alt, lebt in Tunesien und will etwas in ihrem Land bewegen. Deshalb hatte sie sich der ukrainischen Frauenrechtsgruppe Femen angeschlossen, jener Gruppe, die sich seit zwei Jahren auszieht, um auf sich aufmerksam zu machen und damit gegen die Unterdrückung von Frauen und politische Willkür der Männer zu demonstrieren.

Seit Anfang März gibt es die Gruppe Femen Tunisia auf Facebook. Amina gehört zu jenen Aktivistinnen, die die Seite ins Leben gerufen hatten. Mehr als 9000 "Likes" haben die Unterstützerinnen bereits, doch schnell hat sich auch massiver Widerstand geformt: Erst vor wenigen Tagen hatten radikale Islamisten die Internetseite angegriffen und die Fotos mit Lobpreisungen des islamischen Glaubens ersetzt, um "diesen Schmutz", wie die Hacker schrieben, aus Tunesien verschwinden zu lassen. Jetzt ist auch Amina verschwunden, die sich dafür einsetzte, Femen Tunisia groß und bekannt zu machen.

Offenbar, so heißt es in mehreren Medienberichten, ist sie von ihren Eltern in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden, nachdem diese von den nackten Protestfotos erfahren hatten. Am 16. März war die junge Frauenrechtlerin in einem tunesischen TV-Interview zu sehen. In der Talkshow "Labes" erzählte sie dem Moderator, warum sie Femen unterstütze und nach Tunesien bringen wolle.

"Mit 80 bis 100 Peitschenhieben"

Dabei hatte der Sender ihr Gesicht unkenntlich gemacht, um ihre Identität zu schützen. Denn ihr nackter Protest drohte ihr gefährlich zu werden. Almi Adel, ein salafistischer Priester, der in Tunis eine große Gefolgschaft hat und die Legalisierung der Polygamie fordert, sagte laut der tunesischen Tageszeitung "Kapitalis": "Die junge Frau soll nach den Regeln der Scharia bestraft werden. Mit 80 bis 100 Peitschenhieben. Aber aufgrund der Schwere ihres Vergehens verdient sie die Todesstrafe durch Steinigung."

Aminas Aktion, so der Salafist weiter, "könnte Böses über uns hereinbringen." Adel fürchtet, dass der Protest der 19-Jährigen andere Frauen zu ähnlichen Taten anstiften könnte. Daher sei es notwendig, sie von anderen Menschen zu isolieren. "Ich will, dass sie wieder geheilt wird." Tunesischen Medienberichten zufolge könnten der Aktivistin für ihre Taten bis zu zwei Jahre Gefängnisstrafe drohen.

Wieso Aminas Eltern ihre Tochter in die psychiatrische Klinik schickten, war zunächst unklar. Laut einem Bericht der US-Zeitschrift "The Atlantic" hat auch die Gründerin der Femen-Gruppe, Inna Shevchenko, den Kontakt zur 19-Jährigen vor knapp einer Woche verloren. Denmach habe Shevchenko ein Video zu sehen bekommen, in dem Aminas Tante erklärte, dass die Femen-Aktivistin jetzt bei ihrer Familie sei. In dem Video behauptet ihre Tante, dass Amina sich entschieden habe, sich selbst zu töten und deshalb die Nacktfotos auf Facebook gepostet habe. Das sei eine typische Reaktion auf den Wunsch einer Frau frei zu sein, sagte Shevchenko laut "The Atlantic". "Sie sagen einfach, sie sei verrückt geworden."

Inzwischen hat eine Bloggerin dazu aufgerufen, Amina zu unterstützen und einen Aktionstag für die Femen-Aktivistin ausgerufen. Am 4. April soll der "International Day to Defend Amina" stattfinden, als Unterzeichner für die Aktion ist unter anderem auch der berühmte Evolutionsbiologe Richard Dawkins gelistet. Zahlreiche Twitterer haben sich unter dem Hashtag #amina der Aktion angeschlossen. Und auch die Petitionsplattform change.org setzt sich für Aminas Freiheit ein.

Und Femen? Die Femen-Gründerin Shevchenko zeigt sich wie gewohnt kämpferisch. Auf die Frage der Reporterin von "The Atlantic", was Femen angesichts der Verwahrung von Amina zu tun gedenke, antwortete die Aktivistin: "Die einzige Frage für uns ist: Wann gehen wir nach Tunesien?" Öffentlich reagiert die Frauenrechtsgruppe, wie man es von den Aktivistinnen geradezu erwartet. In einer Stellungnahme auf Femen.org heißt es: "Benutzt eure Körper als Poster für die Slogans der Freiheit. Nackte Brüste gegen den Islamismus."cib

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