Gegenoffensive der Ukrainer Hier setzen die ukrainischen Truppen Russland unter Druck
Die russischen Truppen in der Ukraine scheinen immer mehr unter Druck zu geraten. Experten sehen deutliche Schwächen in der Verteidigung.
Die ukrainischen Streitkräfte machen mit ihrer Gegenoffensive offenbar Fortschritte – und Experten sehen vor allem zwei Stellen, an denen die russischen Streitkräfte unter Druck geraten.
Dabei geht es zum einen um Bachmut, dem symbolträchtigen Ort, den Russland nach monatelangen und verlustreichen Kämpfen im Mai erobert und komplett zerstört hat. Das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) wertete Filmaufnahmen aus, die zeigten, dass die Ukrainer bedeutende taktische Gewinne nahe dem Dorf Jahidne zwei Kilometer nördlich Bachmuts erzielt hätten.
Der ukrainische Generalstab berichtete, dass die ukrainischen Kräfte offensive Operationen nördlich und südlich Bachmuts führten. Ein Sprecher sagte, es seien Teilerfolge bei Klischtschijiwka, einem Dorf sieben Kilometer südwestlich von Bachmut, erzielt worden. Laut dem Kommandeur der Landstreitkräfte, Generaloberst Olexander Syrskyj, haben sie zudem die Kontrolle über nicht näher genannte, zuvor verlorene Stellungen im Raum Bachmut zurückgewonnen.
Experten: Russland hat kaum Reserven bei Bachmut
Den Militärexperten des britischen Verteidigungsministeriums zufolge hat Russland kaum Reserven, um den Sektor um Bachmut zu verstärken. Das geht aus dem täglichen Bericht am Samstag hervor. Demnach gehörten die Kämpfe dort in den vergangenen sieben Tagen wieder zu den heftigsten der gesamten Front, nachdem sie im Juni vorübergehend abgeflaut waren.
"Die russischen Verteidiger ringen höchstwahrscheinlich mit geringer Moral, zusammengewürfelten Einheiten und einer beschränkten Fähigkeit, die ukrainische Artillerie zu finden und zu treffen", heißt es in der Mitteilung. Die russische Führung sehe es aber wohl als politisch inakzeptabel, Bachmut aufzugeben, das einer der wenigen russischen Gebietsgewinne in den vergangenen zwölf Monaten gewesen sei.
Truppen in den Süden verlegt
Die Experten des ISW sehen russische Schwächen noch an einer anderen Stelle: der Front im Süden. Die russische Armee habe anscheinend ihre gesamte östliche Kampfgruppe in den Süden der Ukraine verlegt. Das weise daraufhin, dass die russischen Verteidigungsanlagen in der Südukraine brüchig sein könnten. Die Experten zitieren zudem aus einem Bericht des ukrainischen Militärbeobachters Konstantin Mashovets, nach dem das russische Militär nur eine kleine, wenig schlagkräftige Reserve in der Südukraine unterhält.
Die Experten bewerten, dass es für die Ukrainer wohl möglich wäre, die Verteidigung zu durchbrechen. "Die russischen Verteidigungsanlagen in der Südukraine sind zwar beachtlich, aber nicht unüberwindbar", schreiben sie.
Experten prognostizieren schwierige Lage für Russland
Falls die Ukraine es schaffe, die Verteidigung zu durchbrechen, könnte das die russischen Truppen in eine für sie schwierige Lage bringen. "Der Rückzug in Kontakt ist eine äußerst schwierige militärische Aufgabe, und es ist unklar, ob die russischen Streitkräfte in Kontakt in der Lage wären, sich erfolgreich von ihren ersten Linien auf andere vorbereitete Linien in guter Ordnung zurückzuziehen", heißt es in dem Report. Das gelte insbesondere dann, wenn die Streitkräfte aufgerieben seien.
Genau darauf zielt die Taktik der ukrainischen Armee derzeit. Am 4. Juli teilten offizielle Stellen mit, dass es derzeit Hauptaufgabe der ukrainischen Streitkräfte sei, russisches Personal, Ausrüstung, Treibstoffdepots, Artillerie und Luftabwehr zu zerstören. Das ISW schlussfolgerte damals, dass es für die Ukraine Vorrang habe, die russischen Truppen zu zermürben als mit großen Manövern schnelle Geländegewinne zu erreichen.
Gerade im Süden soll die ukrainische Armee vermehrt mit dem Mehrfachraketenwerfer Himars angegriffen haben. Wie präzise die Angriffe sind, sehen Sie hier im Video.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- understandingwar.org: Russian Offensive Campaign Assessment, July 7, 2023