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Prigoschin nach Wagner-Aufstand: Wie wird er bestraft? Putin unter Druck


Nikita Juferew zu Prigoschin-Aufstand
Russischer Politiker: "Putin hat alle verraten"

Von t-online, wan

Aktualisiert am 02.07.2023Lesedauer: 3 Min.
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Wladimir Putin (Archivbild): Für den Kommunalpolitiker Nikita Juferew hat der Prigoschin-Aufstand den Kremlchef erheblich geschwächt. (Quelle: IMAGO/Sergei Bobylev)

Ein Kommunalpolitiker aus St. Petersburg stellt dem Kreml die Frage: Wie soll Prigoschin bestraft werden? Eine Antwort könnte Putin in Bedrängnis bringen.

Er wollte einst den russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen Hochverrats anklagen lassen, jetzt stellt der St. Petersburger Lokalpolitiker Nikita Juferew in einem Brief an die Behörden Fragen zu den Hintergründen des Prigoschin-Aufstands. Denn der Kritiker des Kremlchefs, der sich ausgerechnet in Putins Heimatstadt gegen den Präsidenten auflehnte, sieht die Justizbehörden und den Geheimdienst FSB in der Verantwortung. Er will wissen, wie der Wagner-Chef bestraft werden soll.

In einem Interview mit dem "Stern" bezeichnete er sowohl Wladimir Putin als auch Jewgeni Prigoschin als "Mörder "und "Krokodile", die sich gegenseitig an die Gurgel gingen. Das habe Vorteile: "Solange sich diese beiden Größen einen Kampf liefern, kann ein Dritter ihnen ein Schnippchen schlagen." Auch er habe damals in St. Petersburg von einem Machtkampf in der Putin-Partei "Einiges Russland" profitiert und mit seiner Gruppe die Wahl gewonnen.

"Behörden in peinliche Lage bringen"

Jetzt versucht er diese Taktik offenbar erneut: Denn die Frage, wie man die Aufständischen zur Verantwortung ziehen will, bringt den Kreml in Bedrängnis. Der Geheimdienst und die Staatsanwaltschaft hatten zunächst einen Haftbefehl gegen Prigoschin ausgestellt, als er am 23. Juni seine Truppen Richtung Moskau marschieren ließ. Doch ein wohl von Belarus eingefädelter Deal gab dem Söldnerführer die Möglichkeit, ins Exil zu gehen – die Ermittlungen wurden eingestellt.

Juferew hat nach seinen Angaben den Brief geschrieben, "um die Behörden in eine peinliche Lage zu bringen". Da er – obwohl er nach der Forderung gegen Putin ins Exil gegangen ist – nach eigenen Angaben noch immer gewählter Abgeordneter in St. Petersburg ist, müsse man ihm nach dem russischen Gesetz offiziell antworten. Er rechne zwar mit einer Ausrede, aber diese würde dennoch Zeichen der "Abschaffung der Rechtsstaatlichkeit" in der Russischen Föderation offenlegen.

Der Aufstand der Prigoschin-Getreuen sei ein "massiver Schlag" gegen Putin und das gesamte Staatswesen Russlands gewesen. Er habe gezeigt, wie Putins Thron wackele. Erst habe er versprochen, die Verräter zu bestrafen. "Einen Tag später heißt es: 'Sollen sie doch mit Frieden gehen'", sagte Juferew dem "Stern".

Ein "Beispiel für Putins Instabilität"

Der St. Petersburger Kommunalpolitiker will sich für den Rechtsstaat einsetzen. Die Begründung für die Einstellung der Ermittlungen gegen die Aufständischen hält er für "lustig". Dass sie von ihrem Vorhaben am Ende abgelassen hätten, sei vergleichbar mit einem Mörder, der eine Mordserie beendet und dann nicht bestraft wird.

"Juristen haben im Fall der Prigoschin-Meuterei mindestens 30 eindeutige Verstöße gegen das Strafgesetzbuch festgestellt", erklärt der mittlerweile parteilose Politiker. Immerhin seien 15 Piloten ums Leben gekommen. Dies zu verzeihen, sei ein weiteres Beispiel für die Instabilität Putins. "Putin hat alle verraten. Er hat zuerst die Wagner-Leute verraten. Dann hat er das Militär verraten."

Nach seiner Ansicht hätten die russischen Eliten jetzt eine Gelegenheit, sich des Präsidenten politisch zu entledigen. Der fehlende öffentliche Widerstand gegen Prigoschin könne auch bedeuten, dass sich ihnen niemand in den Weg stelle. Prigoschin habe eine Tür geöffnet. Diese sei zwar wieder zugefallen. "Es ist entscheidend, dass alle gesehen haben, wie einfach sie zu öffnen ist", sagte Juferew.

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Mit seiner Einschätzung steht er nicht allein. Die Russland-Expertin Tatiana Stanovaya vom Berliner Thinktank "Carnegie Russia Eurasia Center" sieht ebenfalls Auswirkungen auf die mächtigen Moskauer Eliten. "Die Eliten haben zwar erleichtert aufgeatmet, doch sie verharren in einem Zustand stillen Schocks. Viele ringen damit, wie fragil sich die gesamte 'Konstruktion' erwiesen hat. Wenn man sich die Frage stellt, wie es möglich war, einer solchen Meuterei ungestraft zu entkommen, wird vielen klar, dass jetzt viel mehr erlaubt ist, als es zunächst den Anschein hatte", schrieb sie auf Twitter.

Und auch wenn die Ermittlungen laut Kreml eingestellt sind, gibt es Rufe nach einer Bestrafung. Der russische Duma-Abgeordnete Andrei Gurulew forderte gar eine "Kugel in den Kopf" von Prigoschin.

Verwendete Quellen
  • stern.de: "Putin, Prigoschin und 15 tote Piloten – russischer Abgeordneter über den größten Erfolg des Wagner-Aufstands"
  • twitter.com: Tweet von Tatiana Stanovaya (englisch)
  • pbs.org: "Wagner mercenary leader issues first statement as uncertainty swirls after armed mutiny" (englisch)
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