Xi auf dem Volkskongress China droht
Bevor er seine dritte Amtszeit durchsetzt, hat Chinas Staastchef Xi das Land gegen den Westen eingeschworen: China werde unterdrückt. Das müsse auch Konsequenzen für Europa haben.
Im Zuge des laufenden Volkskongresses in Peking hat China auf mehr Unabhängigkeit der Europäer von den USA gedrängt. Auf einer Pressekonferenz anlässlich der Jahrestagung umwarb der neue Außenminister Qin Gang am Dienstag die Europäische Union als einen "umfassenden strategischen Partner". "Wir hoffen, dass Europa durch den Schmerz und das Leid des Kriegs in der Ukraine lernt und wirklich strategische Autonomie und langfristige Stabilität erreicht", sagte Qin Gang.
Er äußerte damit indirekt den Wunsch, die Europäer mögen auf Distanz zu den USA gehen – China wirft der US-Regierung in Washington vor, Vorherrschaftspolitik zu betreiben. China wolle daher enger mit der europäischen Seite zusammenarbeiten, "um an wahrem Multilateralismus, gegenseitigem Respekt und einer Kooperation zum Nutzen beider" festzuhalten. Eine gestärkte Partnerschaft zwischen China und der EU könne der Welt mehr Stabilität, Gewissheit und positive Energie bescheren. Die aktuelle Situation bewertete Xi hingegen als schwierig.
Xi wirft USA und Westen "Unterdrückung" vor
Mit ungewöhnlich direkten Worten warf der chinesische Staatschef den USA und auch dem Westen generell vor, den Aufstieg seines Landes in der Welt bremsen zu wollen. Am Rande des Volkskongresses sagte der Präsident nach Angaben von Staatsmedien vom Dienstag, dass sich das Umfeld für Chinas Entwicklung "dramatisch verändert" habe und die Unwägbarkeiten stark zugenommen hätten.
"Insbesondere die westlichen Länder, angeführt von den USA, verfolgen eine umfassende Eindämmung, Einkreisung und Unterdrückung Chinas, was nie da gewesene schwere Herausforderungen für die Entwicklung Chinas mit sich bringt", sagte Xi. Gleichzeitig sei China mit vielfachen Schwierigkeiten konfrontiert. Als Beispiele nannte der Staatschef wiederholte Covid-19-Ausbrüche und zunehmenden wirtschaftlichen Druck auf sein Land als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt.
Seine offene Kritik hob sich von früheren Äußerungen ab, in denen Chinas Führung meist vage von "bestimmten Ländern" gesprochen hatte, ohne die USA oder den Westen direkt zu nennen. Die Äußerungen fielen bei Diskussionen mit Delegierten der Konsultativkonferenz, einem beratenden Gremium, das parallel zum Volkskongress tagt.
Bei dem voraussichtlich zehntägigen Nationalen Volkskongress dürften die Abgeordneten wie gewohnt einstimmig die Entscheidungen der regierenden Kommunistischen Partei (KP) Chinas billigen. So gilt es als sicher, dass Präsident Xi Jinping für eine dritte Amtszeit an der Staatsspitze bestätigt werden wird. Seine Stellung als mächtigster Präsident seit Staatsgründer Mao Zedong wird damit weiter zementiert.
China ruft zu Friedensgesprächen auf
Außenminister Qin Gang rief im Kontext des Volkskongresses zudem zu Friedensgesprächen im Krieg in der Ukraine auf. Gleichzeitig forderte er jedoch, dass die "legitimen Sicherheitsinteressen aller Parteien respektiert" werden müssten – eine Formulierung, mit der China in der Regel seine Rückendeckung für die russische Position verdeutlicht.
Der Konflikt sei im Wesentlichen "ein Ausbruch der Probleme" in der Sicherheitsarchitektur Europas. "China hat die Krise nicht geschaffen. Es ist keine Partei in der Krise und hat keine Waffen an eine der beiden Seiten geliefert", sagte Qin Gang.
"Wieso um alles in der Welt sollte China beschuldigt oder sogar sanktioniert oder bedroht werden? Das ist völlig inakzeptabel", so der Außenminister, womit er auch auf Warnungen aus den USA und Europa an China reagierte, Waffen an Russland zu liefern. China habe sich in seinem im Februar vorgelegten Positionspapier zum Ukraine-Krieg für die Achtung der Souveränität, das Ende einer Mentalität des Kalten Krieges, einen Waffenstillstand und die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen ausgesprochen.
Außenminister: Ukraine-Krieg steht am Scheideweg
Das Positionspapier hatte international allerdings vielfach Enttäuschung hervorgerufen, weil es Kritikern zufolge keine ernsthafte Initiative zur Beilegung des Krieges erkennen ließ und beispielsweise nicht den Rückzug russischer Truppen aus besetzten Gebieten in der Ukraine vorsieht.
Es sei bedauerlich, dass Bemühungen für Friedensgespräche wiederholt untergraben würden, sagte Qin Gang. "Es scheint eine unsichtbare Hand zu geben, die auf ein Hinziehen und eine Eskalation des Konflikts dringt und die Ukraine-Krise benutzt, um eine bestimmte geopolitische Agenda voranzutreiben."
Er lobte die Beziehungen zwischen China und Russland als "Modell für neue internationale Beziehungen". Manche Länder blickten auf das Verhältnis durch die Brille des Kalten Krieges. Die Beziehungen seien allerdings keine Allianz und auch nicht konfrontativ gegen dritte Parteien gerichtet, beteuerte Qin Gang. "Je turbulenter die Welt ist, umso beständiger sollten die russisch-chinesischen Beziehungen voranschreiten." Gleichzeitig äußerte auch Qin Gang scharfe Kritik an den USA.
Deutliche Warnung an die USA
Wenn die USA "nicht auf die Bremse treten, sondern weiterhin den falschen Weg verfolgen", könnten auch Leitplanken eine Entgleisung nicht mehr aufhalten, so Chinas Außenminister. Dann drohten mit Sicherheit "Konflikte und Konfrontationen", sagte der Diplomat und warnte vor "katastrophalen Folgen". Es waren deutliche Worte, die wie eine Drohung verstanden werden konnten.
Qin Gang verglich die Beziehung zu den USA mit einem unfairen olympischen Rennen: "Wenn ein Athlet immer versucht, den anderen zu überlisten oder sogar zu verletzen, statt sich darauf zu konzentrieren, sein Bestes zu geben, dann ist das kein fairer Wettkampf, sondern eine böswillige Konfrontation und ein Foulspiel", so der chinesische Außenminister. Er rief dazu auf, die Beziehungen wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Dies sei keine Option, sondern eine Notwendigkeit.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP