Strategiepapier enthüllt perfiden Plan Russland will offenbar Belarus unterwandern
Gegenüber dem Westen präsentieren sich Belarus und Russland als Einheit. Doch ein geheimes Dokument offenbart nun, was Kremlchef Putin angeblich mit dem Nachbarland vorhat.
Moskau plant offenbar eine klammheimliche Übernahme seines Nachbarn Belarus bis zum Jahr 2030. Das zumindest legt ein geleaktes Dokument aus der Moskauer Präsidialverwaltung nahe, wie die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) berichtet. Putins Strategen wollen das Land demnach politisch, wirtschaftlich und militärisch unterwandern. Ziel sei ein gemeinsamer Unionsstaat unter russischer Führung. Westliche Sicherheitskreise halten das Papier für authentisch.
Die "SZ", WDR und NDR haben das interne 17-seitige Kreml-Papier mit dem Titel "Strategische Ziele der russischen Föderation in Belarus" gemeinsam mit neun weiteren europäischen Medien ausgewertet. Das Dokument stammt dem Bericht zufolge offenbar aus dem Sommer 2021 und beschreibt, wie sich der Kreml eine souveräne und unabhängige europäische Nation bis zum Jahr 2030 Stück für Stück einverleiben will.
Kreml will westlichen Einfluss zurückdrängen
In dem Dokument sollen die strategischen Ziele Russlands in Belarus in den Bereichen Politik/Verteidigung, Handel und Ökonomie sowie Gesellschaft aufgelistet und in "kurzfristig" (bis 2022), "mittelfristig" (bis 2025) und "langfristig" (2030) unterteilt sein. Das strategische Ziel Moskaus ist dem Papier zufolge unter anderem "die Sicherstellung des vorherrschenden Einflusses der Russischen Föderation in den Bereichen Gesellschaftspolitik, Handel, Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Kultur", heißt es in dem Bericht der "SZ".
Die Verfassungsreform, im Februar 2022 beschlossen, solle nach russischen Bedingungen vollendet, Gesetze mit denen der russischen Föderation "harmonisiert" werden. Gleichzeitig wolle der Kreml den westlichen Einfluss zurückdrängen und ein Bollwerk gegen die Nato schaffen.
"Absolut plausibel"
Mehrere Experten sowie westliche Geheimdienste halten das Schreiben für glaubwürdig. "Der Inhalt des Dokuments ist absolut plausibel und entspricht dem, was wir auch wahrnehmen", wird ein hochrangiger Nachrichtendienstler von der "SZ" zitiert. Man müsse das Strategiepapier als Teil eines größeren Plans von Putin sehen: der Schaffung eines neuen großrussischen Reichs.
"Russlands Ziele in Belarus sind die gleichen wie in der Ukraine", sagte Michael Carpenter, US-Botschafter bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE): "Nur, dass Moskau in Belarus eher auf Zwang als auf Krieg setzt." Am Ende gehe es in beiden Fällen um die Wiederherstellung eines Großrusslands. Der Belarus-Plan sei eine Blaupause, warnte Franak Viacorka, Chefberater der im Exil lebenden belarussischen Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja. Er könne auch "für Kasachstan, Armenien, Moldau" angewandt werden.
"In seiner äußeren Form ähnelt das Dokument einem Standarddokument der russischen Bürokratie oder politischen Verwaltung", sagte Martin Kragh, stellvertretender Direktor des Stockholm Centre for Eastern European Studies (SCEEUS), der Zeitung. Der Inhalt stimme "weitgehend mit den politischen Zielen Russlands gegenüber Belarus seit den 1990er-Jahren überein".
Putin und Lukaschenko betonten Zusammenhalt
Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko stellt sein Land als Aufmarschgebiet für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zur Verfügung. Erst vor wenigen Tagen hatte Kremlchef Wladimir Putin nach einem Treffen mit Lukaschenko gesagt, dieser habe in Belarus das industrielle Erbe der Sowjetunion bewahrt. Darauf lasse sich eine neue Kooperation aufbauen.
Lukaschenko unterstrich nach russischen Agenturberichten die technologische Kooperation der zwei verbündeten, aber international isolierten Nachbarstaaten. Sie lasse die Sanktionen ins Leere laufen, die wegen des russischen Angriffs gegen die Ukraine verhängt worden seien, behauptete der Machthaber.
- Vorabmeldung der "Süddeutschen Zeitung" vom 20. Februar 2023
- Nachrichtenagentur dpa