Finanzleistungen gegen Engagement? Polnische Regierung warnt Kanzlerin Merkel
An diesem Freitag kommen die Staats- und Regierungschefs in Brüssel zu einem informellen EU-Gipfel zusammen. Kurz zuvor bringt Kanzlerin Merkel die Verknüpfung von Engagement mit Finanzleistungen ins Spiel. Polen weist dies nun scharf als "Fehler" zurück.
Vor dem Sondergipfel zu den künftigen Aufgaben und Finanzen der Europäischen Union bahnt sich heftiger Streit an. Die polnische Regierung verwahrte sich scharf dagegen, die Verteilung von EU-Geldern mit Bedingungen wie der Aufnahme von Flüchtlingen zu verknüpfen. "Wer immer ein solches politisches Manöver plant, dem kann ich nur sagen: Das wäre ein Fehler", sagte Europaminister Konrad Szymanski der "Welt".
Kanzlerin Angela Merkel hatte am Donnerstag vorgeschlagen, bei der Verteilung von EU-Geldern auch das Engagement bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu berücksichtigen, ebenso wie die Einhaltung europäischer Werte.
Bei ihrem Treffen in Brüssel wollen die EU-Staats- und Regierungschefs erstmals den Haushaltsrahmen für die Jahre ab 2020 erörtern. Die Debatte gilt als besonders schwierig, weil nach dem Brexit Großbritannien als Nettozahler wegfällt. Deshalb fehlen jährlich 12 bis 14 Milliarden Euro.
Nach Merkel mahnt auch Kommissar Oettinger
EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger mahnte Polen und Ungarn, Europas Grundwerte zu respektieren. Es könne sein, "dass die 27 Mitgliedstaaten in dem Diskussionsprozess für einen nächsten Haushaltsrahmen sich in die Augen schauen und dann ist klar: Wenn ihr diesen Kurs fortsetzt, dann wird es um Kürzungen bei den Investitionen gehen", sagte Oettinger der "Süddeutschen Zeitung".
Die Botschaft könne dann lauten: "Wenn ihr einlenkt und nachweisbar die Werteordnung und das Gebot der Rechtsstaatlichkeit wieder im Mittelpunkt steht, dann sind wir zur Solidarität bereit", so Oettinger. Gegen Polen läuft derzeit ein Rechtsstaatsverfahren wegen Gefährdung von EU-Grundwerten. Gegen Ungarn geht die EU-Kommission mit diversen Vertragsverletzungsverfahren vor.
Polen lehnt Flüchtlingsumverteilung vehement ab
Szymanski sagte der "Welt", Warschau werde alles tun, um einen politischen Konflikt über den mehrjährigen Finanzplan zu vermeiden. "Aber wir erwarten auch, dass unsere Partner auf unsere Vorstellungen eingehen." Er bekräftigte, sein Land werde eine Umverteilung von Flüchtlingen nach Quoten unter keinen Umständen akzeptieren. Sollte dies per Mehrheitsbeschluss durchgesetzt werden, werde dies "zu einer echten politischen Krise mit weitreichenden Folgen für die Einheit der Union führen".
Merkel und die übrigen Staats- und Regierungschefs der 27 bleibenden EU-Länder wollen auch beraten, ob nach der Europawahl im Mai 2019 ein Spitzenkandidat der großen Parteien EU-Kommissionspräsident werden soll. Das Europaparlament ist dafür, die Mehrheit der EU-Länder ist eher skeptisch.