Empörung in Großbritannien Brexit könnte über 100 Milliarden Euro kosten
Bei den Brexit-Verhandlungen könnte die Europäische Union mehr als 100 Milliarden Euro von Großbritannien fordern – 40 Milliarden mehr als bisher gedacht. Großbritannien lehnte die Forderung umgehend ab. In London wurde zudem das Parlament aufgelöst.
Der britische Brexit-Minister, David Davis, betonte in einem Fernsehinterview, dass Großbritannien eine so hohe Summe nicht zahlen werde. Sein Land bezahle das, wozu es gesetzlich verpflichtet sei, und "nicht das, was die EU will", sagte der Politiker. "Wir sind keine Bittsteller." Es handele sich um Verhandlungen.
Pensionsforderungen und EU-Projekte
Bisher war von der EU-Kommission eine mögliche Summe von rund 60 Milliarden Euro ins Spiel gebracht worden. Diese ergibt sich unter anderem aus Pensionsforderungen und Anteilen an EU-Projekten, die über das voraussichtliche Jahr des britischen EU-Austritts 2019 hinausreichen.
Die "Financial Times" meldete jedoch, dass Deutschland und Frankreich nun verlangen, weitere mögliche Kostenposten einzuschließen. Die EU-Verhandlungsführer hätten ihre Kalkulation überarbeitet und dabei die maximalen Forderungen erstellt. Dadurch erhöhe sich die Summe auf 100 Milliarden Euro.
Verhandlungen müssen bis März 2019 abgeschlossen sein
Der Betrag der Brexit-Rechnung werde in den Verhandlungen geklärt, sagte der zuständige Minister David Davis. Er wird diese für die britische Seite führen, falls er seinen Posten als Brexit-Minister nach den Unterhauswahlen am 8. Juni behält.
Davis würde dann auf Barnier treffen, der für die EU-Seite federführend verhandelt. Die Brexit-Verhandlungen müssen bis zum 29. März 2019 laut EU-Recht abgeschlossen sein.
Parlament in London aufgelöst
Gut einen Monat vor der Neuwahl in Großbritannien ist am Mittwoch das Parlament in London aufgelöst worden. Kurz nach Mitternacht verloren die 649 Abgeordneten ihre Rechte als Mitglieder des britischen Unterhauses.
Premierministerin Theresa May wurde im späteren Tagesverlauf bei Königin Elizabeth II. im Buckingham–Palast erwartet, wie die Regierung mitteilte. Die Königin müsse zwar nicht ihre Zustimmung zu der Auflösung geben, werde aber von May auf den neuesten Stand gebracht. Die Neuwahl findet am 8. Juni statt. Dafür hatte May bereits vor zwei Wochen vom Parlament grünes Licht erhalten.
Mehrere Abgeordnete kündigten bereits an, bei der Neuwahl nicht anzutreten. Darunter ist der ehemalige Finanzminister George Osborne. Er ist fortan Chefredakteur des Londoner "Evening Standard". Auch Douglas Carswell, vor seinem Parteiaustritt vor wenigen Wochen einziger Ukip–Abgeordneter, will sich nicht mehr zur Wahl stellen. Die deutschstämmige Labour–Politikern Gisela Stuart teilte mit, es sei Zeit, den "Staffelstab weiterzugeben". Stuart war eine der führenden Figuren in der Kampagne für den EU-Austritt Großbritanniens.