Forderung nach mehr EU-Hilfe Griechenland wehrt sich gegen Rücknahme von Flüchtlingen
Griechenland fordert von der Europäischen Union mehr Unterstützung in der Flüchtlingskrise. Das Land sei am Limit - und sperrt sich gegen die von der EU-Kommision geforderte Rücknahme von Flüchtlingen aus anderen Ländern der Union.
"Ich sehe nicht, dass Griechenland die Kapazitäten und die finanziellen Mittel hat, Flüchtlinge aufzunehmen, die aus den nördlichen EU-Ländern zurückgeschickt werden", sagte Außenminister Nikos Kotzias der Zeitung "Die Welt". "Es gibt einige EU-Staaten, die denken, dass sie Süditalien und Griechenland als geschlossene Boxen gebrauchen können, wo man Flüchtlinge lagern kann." Diese Haltung entspreche nicht europäischem Denken.
"Die meisten europäischen Länder nehmen uns viel zu wenige Flüchtlinge ab, und die Unterstützung bei der Bearbeitung der Asylverfahren ist nur ein Bruchteil dessen, was versprochen wurde", so Kotzias.
Nach dem Willen der EU-Kommission sollen ab Mitte des Monats Flüchtlinge, die in Griechenland ankommen und sich von dort auf den Weg in andere EU-Staaten machen, wieder zurückgebracht werden. Hintergrund ist das sogenannte Dublin-Abkommen, wonach ein Asylverfahren in dem EU-Staat abgewickelt werden muss, in dem Migranten zuerst registriert wurden.
Diese Regel ist im Falle Griechenlands bereits seit 2011 ausgesetzt wegen der Mängel des dortigen Asylsystems. Im Sommer 2015 brach das Dublin-Verfahren unter dem Zustrom von Millionen Flüchtlingen komplett zusammen, von denen die meisten über Griechenland nach Deutschland und Nordeuropa weiterreisten.
"Neue Flüchtlingswelle würde uns überfordern"
Kotzias warte in dem Zeitungsinterview auch davor, dass die Zahl der aus der Türkei in die EU kommenden Flüchtlinge wieder zunehmen könne. "Aber eine neue Flüchtlingswelle in diesem Sommer würde uns überfordern. Griechenland ist am äußersten Limit seiner Möglichkeiten."
Griechenland ist das EU-Land, für das der vor einem Jahr abgeschlossene Flüchtlingspakt mit der Türkei die größte Bedeutung hat. Über die Ägäis waren noch Anfang vergangenen Jahres jeden Monat Zehntausende Flüchtlinge nach Griechenland gekommen. In diesem Jahr waren es bis Mitte März insgesamt nur noch 3000. In Athen befürchtet man nun, dass es wegen des Streits über Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in der EU zu einer Aufkündigung des Paktes durch Ankara kommen könnte.
Außenminister Gabriel in Athen
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel war am Mittwochabend zu seinem zweitägigen Antrittsbesuch in Athen eingetroffen. Bei seinen Gesprächen mit Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos und Außenminister Nikos Kotzias dürfte es vor allem um die Flüchtlingsfrage und die griechische Schuldenkrise gehen. Am Mittwochabend stand bereits ein Gespräch mit Ministerpräsident Alexis Tsipras auf Gabriels Programm.