Mazedoniens Präsident beschwert sich bitterlich "Ich habe verstanden, dass wir Europa völlig egal sind"
Mazedoniens Präsident Gjorge Ivanov hat in einem Interview Deutschland Versagen bei der Sicherheitspolitik vorgeworfen. Außerdem kritisierte er, dass sein Land von der Europäischen Union in der Flüchtlingskrise vollständig im Stich gelassen werde.
In einem Interview mit der "Bild"-Zeitung erklärte er, dass Mazedonien in der Flüchtlingskrise jetzt "die Fehler der EU" bezahlen würde. Als Nicht-EU-Land schütze Mazedonien Europa vor dem EU-Land Griechenland, das Flüchtlinge "einfach weitergeschickt" habe. Doch während der Nachbar und Rivale in Athen "jetzt schon wieder 700 Millionen Euro von der EU" bekomme, gebe es für sein Land "keinen Cent". "Ich habe verstanden, dass wir Europa egal sind", stellte Ivanov fest.
"Die Sicherheit wurde in der Flüchtlingskrise völlig aus den Augen verloren", kritisierte Ivanov. "Wenn wir uns auf Brüssel verlassen und nicht selbst reagiert hätten, wären wir längst mit Dschihadisten überspült worden." So hätten mazedonische Behörden 9000 gefälschte Pässe und Dokumente bei Flüchtlingen sichergestellt. "Sogenannte Flüchtlinge reisen mit falschen Identitäten durch ganz Europa, und Griechenland gibt ihnen einfach die Stempel zur Weiterreise." Dabei sei davon auszugehen, dass viele radikale Kämpfer mithilfe dieser Papiere auf der Flüchtlingsroute vorankommen wollten.
"Niemand wollte Daten zu mutmaßlichen Dschihadisten"
Deutschland habe in der Flüchtlingskrise zwar sehr human gehandelt, beim Thema Sicherheit jedoch völlig versagt, sagte Ivanov. So habe sein Land Informationen über mutmaßliche Dschihadisten mit Deutschland und Europa austauschen wollen. "Aber keiner wollte unsere Daten. Man hat uns gesagt, ihr seid ein Drittland, wir dürfen die Daten nicht austauschen." Auch bei technischer Hilfe habe sich die Bundesregierung verweigert. "Wir brauchten Ausrüstung für den biometrischen Datenabgleich. Deutschland hat immer alles abgelehnt."
Mazedonien sei aus Sicht der EU "nichts, kein EU-Land, kein Schengen, keine Nato", schimpfte der frustrierte Staatschef. "Niemand will uns." Während die Türkei am Verhandlungstisch mit der EU sitzt, sei Mazedonien lediglich "Teil der Speisekarte". "Wir waren schon immer Opfer der EU-Institutionen. 25 Jahre lang sind wir angelogen und manipuliert worden."
Langjähriger Beitrittskandidat
Das Westbalkanland ist seit 2005 EU-Beitrittskandidat. Am Mittwoch hatte es seine Grenzen für Flüchtlinge vollständig geschlossen. Am Donnerstag hatte Verteidigungsminister Zoran Jolevski gesagt, nach den Maßnahmen der mazedonischen Regierung zur Eindämmung der Flüchtlingsströme nach Nordeuropa hoffe man auf eine rasche Mitgliedschaft in der Nato.