Mögliches Ende von Schengen Grenzschließungen in Europa würden 110 Milliarden Euro kosten
Scheitert Schengen, kommt das Europa teuer zu stehen: Frankreichs Regierung hat ausrechnen lassen, was ein permanentes Schließen der innereuropäischen Grenzen kosten würde.
Wie eine Denkfabrik der französischen Regierung meldet, könnte das dauerhafte Schließen der innereuropäischen Grenzen des Schengenraums die europäische Volkswirtschaft 110 Milliarden Euro kosten. Die Berechnung bezieht sich auf einen Zeitraum von zehn Jahren.
Allein für Frankreich würde ein Ende von Schengen im gleichen Zeitraum zehn Milliarden Euro oder 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) Verlust bedeuten. Auch kurzfristige Grenzschließungen würden Frankreich bereits eine bis zwei Milliarden Euro kosten, errechnen die Experten.
Das Schengensystem der offenen innereuropäischen Grenzen zwischen den meisten europäischen Länder ist ein Herzstück der Europäischen Union. Seine Einführung war ein Meilenstein der europäischen Einigung, als es 1985 im luxemburgischen Schengen beschlossen wurde.
In der aktuellen Flüchtlingsdebatte und angesichts einer Million Hilfesuchender allein in Deutschland im vergangenen Jahr, bröckelt das Projekt der offenen Grenzen. Wegen der vielen Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten in Syrien und dem Irak, aber auch aus Afghanistan und anderen Staaten, haben bislang Deutschland und fünf weitere Länder temporäre Grenzkontrollen eingerichtet. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hat angekündigt, die eigentlich bis Februar geltenden Kontrollen auf unbestimmte Zeit zu verlängern.
Für die 26 Schengenstaaten ermittelten die Regierungsexperten von "France Strategie" einen Schaden von 0,8 Prozent des BIP - das entspricht prognostizierten Verlusten von 110 Milliarden Euro. Teuer zu stehen kämen permanent geschlossene Grenzen vor allem den Handel und die Tourismusbranche.
Über einen Zeitraum von zehn Jahren entsprechen die Mehrkosten durch geschlossene Grenzen einer Drei-Prozent-Steuer auf den Handel im Schengenraum, heißt es in dem Bericht (hier als pdf). Das Handelsvolumen würde strukturell um zehn bis zwanzig Prozent schrumpfen.
Frontex-Chef will Privatfirmen für Grenzkontrollen
Unterdessen erwägt die EU-Grenzschutzagentur Frontex offenbar, für die Registrierung von Flüchtlingen an den Grenzen auch Privatfirmen einzusetzen. Griechenland wolle mehr Personal von den Mitgliedstaaten, die seien aber selbst überfordert, sagte Frontex-Chef Fabrice Leggeri im ZDF-"Morgenmagazin". Da müsse gefragt werden, "ob man wirklich Grenzbeamte braucht, oder könnten andere Beamte oder andere Arbeiter in einem privaten Vertrag das machen?"
Nach Leggeris Angaben setzt die EU-Grenzschutzagentur inzwischen 750 Beamte ein, um bei der Registrierung und Seerettung von Bootsflüchtlingen zu helfen, die aus der Türkei nach Griechenland gelangen.
Der Türkei warf der Franzose vor, illegal eingereiste Hilfesuchende nicht - wie in bilateralen Abkommen festgelegt - zurückzunehmen und auch im Kampf gegen Schmuggler nicht durchzugreifen. Eine bessere Zusammenarbeit mit der EU und mit den Nachbarn Griechenland und Bulgarien sei notwendig, forderte Leggeri an die Adresse Ankaras.