Varoufakis rechnet ab "Gabriel ist der schlimmste Politiker, den ich getroffen habe"
Mit einem verbalen Rundumschlag rechnet der frühere griechische Finanzminister Gianis Varoufakis unter anderem mit Wolfgang Schäuble, Alexis Tsipras, Sigmar Gabriel und den Medien ab. "Kein Zweifel, ich war ein Opfer. Es war eine Rufmord-Kampagne", sagte der einstige Shooting-Star der griechischen Linksregierung, der im Juli zurücktreten musste, dem "Stern".
Als Beispiel nannte er die sogenannte Troika aus Europäischer Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds, welche die Sparbemühungen in Athen überwachen wollte. Diese habe damals gedroht: Wenn die Griechen ihre Vorschläge veröffentlichen würden, zerreiße man sie in der Öffentlichkeit. Dann habe sie in der Presse gestreut, Varoufakis sei ohne Vorschläge zu Verhandlungen angereist. "Es ist unglaublich! Alle haben das einfach übernommen und voneinander abgeschrieben", sagte Varoufakis dazu.
In dem Gespräch mit dem Hamburger Magazin, das diese Woche bereits am Dienstag erscheint, redet Varoufakis offen über das Jahr zwischen Krise, Neuwahl und Rücktritt, über die Gipfeltreffen und die deutschen Politiker, mit denen er gerungen hat: "Wolfgang (er meint Schäuble, Anm.d.Red.) wollte mir noch nicht einmal die Hand geben."
Respekt vor Schäuble
Er habe immer Respekt gehabt vor dem deutschen Finanzminister. "Zum Ende hin", so Varoufakis, "da waren wir wie zwei Boxer, die eine Weile Schläge ausgetauscht haben und sich dann einander näher fühlen als irgendeinem anderen Menschen."
Die in Griechenland mindestens genauso unbeliebte Kanzlerin Angela Merkel beurteilt Varoufakis auffallend milde; ihre Flüchtlingspolitik imponiere ihm. "Vielleicht würde ich als Deutscher Merkel wählen", sagte Varoufakis.
Sigmar Gabriel dagegen sei der "schlimmste Politiker, den ich getroffen habe". Der SPD-Chef habe geäußert, man werde nicht die "überzogenen Wahlversprechen einer zum Teil kommunistischen Regierung" finanzieren.
Tsipras hat er nicht gewählt
Auch Alexis Tsipras, einst politischer Weggefährte, kommt bei dem Wirtschaftswissenschaftler nicht gut weg. Seit August habe er ihn nicht mehr gesehen, so Varoufakis: "Ich glaube, er könnte mir nicht in die Augen schauen."
Tsipras, immer noch Regierungschef in Athen, habe zu früh zu sehr nachgegeben: "Dadurch bekamen die Gläubiger das Gefühl, sie könnten uns zerstören." Er würde ihn umarmen, wenn sie sich nun treffen würden. Gewählt habe er ihn aber nicht mehr.
Seine Zeit als Minister vermisse er nicht: "Leute, die so einen Job mögen, sind gefährlich", sagte er: Berufspolitiker wie Schäuble, Gabriel, Tsipras. Er selbst sieht sich als "political animal", als politisches Tier - in Anspielung an den altgriechischen Philosophen Aristoteles.
Gianis Varoufakis will mit Freunden eine europäische Plattform gründen, keine Partei. Es soll eher ein Verein liberaler Ideen sein.