Starker Flüchtlingsandrang Erster Zug aus Budapest erreicht über Wien München
Die Flüchtlingskrise in Europa spitzt sich weiter zu. Ungarn steckt hunderte Flüchtlinge in Schnellzüge und lässt sie ausreisen. Österreich hält so manchen Zug kurze Zeit später wieder auf. An vielen Bahnhöfen herrscht Chaos. Doch nun ist der erste Zug aus Budapest über Wien in München angekommen.
In der ungarischen Hauptstadt Budapest hat die Polizei am Morgen hunderte Flüchtlinge Richtung Österreich und Deutschland weiterreisen lassen. Die seit Tagen an den Bahnhöfen festsitzenden überwiegend syrischen Einwanderer stürmten mehrere Züge Richtung Wien, München und Berlin, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten.
Etwa 200 Flüchtlinge in München angekommen
In Wien sind am Montagabend Hunderte Flüchtlinge angekommen. Genaue Zahlen könnten nicht genannt werden, hieß es von der Polizei. Die sichtlich abgekämpften Ankömmlinge aus Syrien, Afghanistan und Eritrea wurden neben der Polizei auch von freiwilligen Helfern in Empfang genommen, die sie mit Mineralwasser und Obst versorgten. Viele von ihnen rennen jedoch zu Anschlusszügen nach Deutschland. Sie rufen "Deutschland, Deutschland". Gegen 19 Uhr erreicht ein erster Zug aus Wien mit etwa 200 Flüchtlingen die bayerische Landeshauptstadt München. Die Polizei nahm sie dort in Empfang und führte sie zur Registrierung in eine Nebenhalle. Passanten verteilten spontan Wasserflaschen und Süßigkeiten an die Neuankömmlinge.
"BR24" zitiert Michel Reimon, einen Abgeordneten der Grünen in Österreich, der mit den Flüchtlingen im Zug auf dem Weg nach Deutschland war. Nach seinen Aussagen befanden sich zwischen 450 und 500 Flüchtlinge im Zug, der den Münchner Hauptbahnhof erreichte. Ein erstes Youtube-Video hat der Abgeordnete aus dem Zug ins Netz gestellt (siehe links).
Österreich führt wieder Grenzkontrollen ein
Am Vorabend hatte Österreich in der Grenzregion zu Ungarn wieder Kontrollen eingeführt, um Flüchtlinge in Lastwagen und Kleinbussen ausfindig zu machen und Schlepperbanden zu stoppen. Die "Schwerpunktaktion", bei der nach offiziellen Angaben binnen weniger Stunden fünf mutmaßliche Schleuser aufgegriffen wurden, führte zu einem Verkehrschaos auf ungarischer Seite: Bis zu 50 Kilometer stauten sich die Autos auf der Autobahn von Budapest nach Wien.
Ungarn liegt an der sogenannten Westbalkanroute, über die Flüchtlinge aus Syrien und anderen Krisenregionen nach ihrem Eintreffen in Griechenland weiter in westliche EU-Länder gelangen wollen. Nach den gemeinsamen EU-Asylregeln ist Ungarn verpflichtet, alle Einwanderer zu registrieren. Viele Flüchtlinge wollen aber gleich nach Österreich oder Deutschland weiterreisen.
Keine Sicherheitskräfte mehr an ungarischen Bahnhöfen
Bis zu 2000 von ihnen saßen nach Angaben der Hilfsorganisation Migration Aid seit Tagen in provisorischen Lagern an Bahnhöfen in Budapest fest. Nach dem überraschenden Abzug der Polizeibeamten bildeten sich laut ungarischen Medien Schlangen vor den Fahrkartenschaltern. Bislang waren die Flüchtlinge von der Polizei daran gehindert worden, die Züge zu besteigen. An einem Gleis spielten sich dramatische Szenen ab, als einige Flüchtlinge einer Frau im Rollstuhl noch in den Zug halfen. Obwohl er überfüllt war, fuhr der Zug mit 20 Minuten Verspätung ab.
Wegen des erhöhten Flüchtlingsandrangs ist der Schnellzug auf dem Weg nach Wien bereits an der Grenze gestoppt worden. Österreichische Beamte seien in Hegyeshalom zugestiegen, sagte ein Polizeisprecher. Ein sicherer Betrieb sei nicht mehr möglich gewesen, hieß es vonseiten der Österreichischen Bundesbahn (ÖBB).
Kein Sonderzug für Flüchtlinge
Die Beamten sollten die etwa 150 Flüchtlinge an Bord kontrollieren. Wer bereits in Ungarn Asyl beantragt habe, dürfe nicht nach Österreich einreisen, sagte der Polizeisprecher. Die übrigen würden mit einem Regionalzug nach Wien gebracht. Sollten sie in Österreich Asyl beantragen wollen, würden sie auf Aufnahmezentren verteilt. Alle anderen würden nicht daran gehindert, nach Deutschland weiterzureisen. In dem Schnellzug befanden sich insgesamt 300 Reisende. Zielort des Zuges ist München.
Für die "normalen" Reisenden sollte von der ÖBB ein Ersatzzug nach München bereitgestellt werden. Die Bahn erwartete auch weiterhin Verspätungen auf der Strecke zwischen Budapest und Wien.
Rosenheim kontrolliert nicht mehr
Am Nachmittag kontrollierte die deutsche Bundespolizei in Rosenheim vorerst keine dort ankommenden Züge mehr. "Wir haben 350 Flüchtlinge auf unserer Dienststelle", sagte Polizeisprecher Rainer Scharf auf Anfrage. Die Beamten seien mit der Versorgung und Registrierung der Asylbewerber vor deren Weiterreise in die Münchner Erstaufnahmestelle vollständig ausgelastet. "Wir können die Menschen nicht übereinanderlegen."
Die Turnhalle der Inspektion sei voll belegt. Scharf wollte aber nicht ausschließen, dass zu einem späteren Zeitpunkt doch wieder Züge kontrolliert werden. Rosenheim liegt auf der Bahnstrecke Budapest-Wien-München.