"Revolution durch Verarmung" Linker Flügel lässt Tsipras machtlos zurück
Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hat ein Problem: seine eigene Partei Syriza. Manch Abgeordneter im Athener Parlament träumt davon, das Land in den Sozialismus zu steuern - notfalls auch durch einen Grexit. Und verweigert dem Regierungschef die Gefolgschaft.
Seit kurzem müssen selbst Tsipras' Anhänger dessen Machtlosigkeit in der eigenen Regierung eingestehen. Tsipras kann die vielen Gruppierungen und politischen Sippschaften seiner Partei nicht an die kurze Leine nehmen und sie zu schwierigen Entscheidungen bewegen.
Referendum aus Schwäche
Aus diesem Grund übertrug er nach mehrmonatigen Verhandlungen die Verantwortung für das "Nein" oder "Ja" zum harten Sparprogramm der Gläubiger an sein Volk. Am Sonntag sollen die Bürger - und nicht ihre gewählte Regierung - entscheiden, ob das hoch verschuldete Euroland das Sparprogramm akzeptieren soll.
Ein Zeuge der Schwäche Tsipras' ist sein enger Mitarbeiter, der stellvertretende Außenminister Euklides Tsakalotos. Die Regierung in Athen habe sich zum Euro-Referendum gezwungen gesehen, weil das von den Geldgebern geforderte Sparprogramm aus ihrer Sicht keine Chancen auf eine Parlamentsmehrheit gehabt hätte, gestand Tsakalotos im griechischen Fernsehen ein.
Linker Flügel arbeitet auf Bruch mit EU hin
Damit offenbarte Tsakalotos kein großes Geheimnis. Tsipras' Partei besteht aus einer bunten Mischung von Sozialisten, ehemaligen Sozialdemokraten, Maoisten, früheren Stalinisten, Trotzkisten und anderen Splittergruppen.
Der linke Flügel arbeitet schon seit Jahren auf einen Bruch mit der EU und einen Austritt aus dem Euro hin. Die Gruppierung kontrolliert mindestens 40 der 149 Sitze in Tsipras' Parlamentsfraktion und könnte die Regierung stürzen. Nun arbeitet der linke Flügel aktiv am Zerwürfnis Griechenlands mit den Geldgebern.
Revolution durch Verarmung - wie in Kuba
Durch die Verarmung großer Teile der Bevölkerung und die spürbare Radikalisierung in der Gesellschaft hofft die Linke, den Weg in ein sozialistisches Griechenland beschreiten zu können. Vom "Muster Kuba" schwärmt ein hoher Funktionär des Linksflügels immer wieder.
"Touristen? Wollen wir nicht haben. Der Zusammenbruch dieses Bereichs wird schneller die Revolution durch Verarmung bringen", propagierte der Parteikader vor Wochen in einer Athener Taverne.
Doch damit nicht genug. Tsipras muss neben den Problemen im eigenen Lager auch mit den nationalistischen Wünschen seines Koalitionspartners, der Rechtspopulisten (Anel), klarkommen. "Niemals" will Panos Kammenos, Chef der Rechtspopulisten, etwa Kürzungen in seinem Resort, dem Verteidigungsministerium, akzeptieren.
Tsipras vor dem Ende
Wie kommt man aus diesem Wirrwarr heraus? Niemand kann im Moment eine klare Antwort geben. Vieles scheint vom Ergebnis des Referendums abzuhängen. Stimmen die Griechen gegen das von den Gläubigern geforderte Sparprogramm, verspricht Tsipras, sich in den Verhandlungen mit aller Härte für ein besseres Programm einzusetzen. Doch werden die Geldgeber dann überhaupt noch bereit sein, mit den unwilligen Griechen neu zu verhandeln?
Stimmt die Mehrheit der Griechen mit "Ja", wäre Tspiras' gescheitert. In Athen werden für diesen Falle neue politische Turbulenzen erwartet, die das Land weiter destabilisieren könnten.