Griechen-Minister geht in die Offensive Varoufakis: Rauswurf aus Euro gar nicht möglich
Die Eurogruppe will die Hilfen für Griechenland nicht verlängern. Hellas droht die Pleite. Finanzminister Gianis Varoufakis jedoch geht in die Offensive, kritisiert die Entscheidung seiner Amtskollegen - und belehrt die EU sogar noch.
Varoufakis hat seine Kollegen in der Euro-Zone daran erinnert, dass es in den EU-Verträgen keine Möglichkeit zum Rauswurf eines Landes aus dem Euro gibt.
Der Minister betonte, das von der griechischen Regierung geplante Referendum sollte keine Abstimmung über die Euro-Mitgliedschaft Griechenlands sein. Es gebe eine "kristallklare Realität", sagte Varoufakis in Brüssel.
"Es gibt keine Vorkehrungen über den Exit aus der Währungsunion. Es gibt im Lissaboner Vertrag (nur) Vorkehrungen, wie man die EU verlässt", sagte er. Wer Griechenland nun vorschlage, über diese Frage der Euro-Zugehörigkeit abzustimmen, müsse dazu erst die EU-Verträge ändern.
Varoufakis will Volk befragen
Varoufakis begründete das in der Nacht zum Samstag überraschend angekündigte Referendum in Griechenland damit, dass die griechische Regierung selbst nicht entscheiden wolle, das von den internationalen Geldgebern vorgeschlagene Reformpaket anzunehmen oder abzustimmen. Dazu sei eine Mehrheit von mehr als 50 Prozent der Bevölkerung nötig.
Zuvor war das Treffen der Euro-Finanzminister beendet worden. Die Europartner beschlossen, die Hilfsprogramme für Griechenland nicht mehr zu verlängern. Als Grund nannte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem die Ablehnung der Gläubiger-Vorschläge durch die griechische Regierung und das von Athen für den 5. Juli angekündigte Referendum über die Bedingung der Griechenland-Rettung.
Warnung vor "dauerhaften Folgen"
Varoufakis warnte anschließend vor dauerhaften Folgen für die Währungsunion. Die Entscheidung werde "sicherlich die Glaubwürdigkeit der Eurogruppe als demokratische Union beschädigen", sagte der Finanzminister. "Ich fürchte sehr stark, dass der Schaden dauerhaft sein wird."
Griechenland braucht dringend neue Finanzhilfen, weil es bis Dienstag Kredite in Höhe von 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) überweisen muss. Ohne frisches Geld droht Griechenland der Bankrott.
Athen bereit "Tag und Nacht" zu verhandeln
Varoufakis sagte, seine Regierung werde "bis zum letzten Moment am Dienstag kämpfen", um noch eine Vereinbarung mit den Gläubigern zu erzielen. Deren letzten Vorschlag für eine Verlängerung des Hilfsprogramms über fünf Monate habe seine Regierung nicht annehmen können. Denn er enthalte einerseits Sparmaßnahmen, die das Land in die Rezession trieben, und andererseits eine ungenügende Finanzierung über die kommenden Monate.
Athen sei weiter bereit, "Tag und Nacht" zu verhandeln, um den Vorschlag der Gläubiger zu verbessern, sagte Varoufakis. Wenn es eine Übereinkunft gebe, werde die Regierung die griechische Bevölkerung auffordern, bei dem Referendum mit "Ja" zu stimmen, um die Einigung anzunehmen.
Schäuble: "Wir werden alles tun"
Laut Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wollen die Euroländer alles unternehmen, um die Europäische Währungsunion zu stabilisieren und Marktturbulenzen zu verhindern. "Wir sind uns völlig klar, dass wir alles tun werden, um jede denkbare Ansteckungsgefahr zu bekämpfen", sagte Schäuble. Es soll auch alles getan werden, um jede Beunruhigung der Finanzmärkte zu verhindern.
Schäuble bekräftigte zugleich, dass Griechenland Mitglied der Euro-Zone und Teil der EU bleibe. Griechenland steuere in den kommenden Tagen auf akute Schwierigkeiten zu.
Dijsselbloem sieht noch Optionen
Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem sieht weiterhin Chancen für eine Einigung im Schuldenstreit. Es gebe nach wie vor Optionen, bevor das griechische Rettungsprogramm am Dienstag auslaufe, sagte Dijsselbloem.
Allerdings machte er deutlich, dass die Regierung in Athen nun auf die Geldgeber zukommen müsse. "Es waren nicht die Institutionen, die letzte Nacht die Gespräche verlassen haben. Es waren nicht wir, die gesagt haben, dass die Gespräche zu einem negativen Ende gekommen sind, es war die griechische Regierung."
Frankreich sieht Griechenlands Zukunft im Euroraum
Frankreich sieht nichtsdestotrotz die Zukunft Griechenlands weiter im Euroraum. "Griechenland bleibt im Euro, das ist seine Bestimmung", sagte der französische Finanzminister Michel Sapin. "Niemand will einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone."
Es sei keine Entscheidung getroffen worden, dass Griechenland nicht mehr Mitglied der Eurozone sei, bekräftigte Sapin. Er räumte aber ein, dass ein Austritt aus der Eurozone eine "Folge" des in Griechenland geplanten Referendums über Gläubiger-Vorschläge für eine Rettung des Landes sein könnte.
Der Vize-Chef der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, hat Sorgen über einen möglichen Austritt Griechenlands aus dem Euro-Raum zerstreut. "Griechenland bleibt Teil der Euro-Zone", schrieb Dombrovskis im Kurzmitteilungsdienst Twitter. Die Finanzminister seien entschlossen, die finanzielle Stabilität des gemeinsamen Euro-Währungsraums zu bewahren und die Euro-Zone weiter zu stärken.