Unmissverständliches Signal an die EU Tsipras trifft Putin auf dem Höhepunkt der Krise
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras rückt nicht von seinem Kurs gegenüber den Geldgebern ab. Im Gegenteil: Er geht sogar weiter auf Konfrontation. Tsipras wird am Freitag vom russischen Präsidenten Wladimir als heimlicher Stargast beim russischen Wirtschaftsforum erwartet - ein eindeutiges Signal an die EU-Partner.
In den europäischen Hauptstädten laufen die Drähte wegen der griechischen Schuldenkrise heiß. Tsipras selbst nimmt sich jedoch erst einmal Zeit für eine Reise nach St. Petersburg. Dort findet das jährliche Wirtschaftsforum statt. Es ist eine Art russisches Pendant zum Weltwirtschaftsforum von Davos und es gerät schnell zu einer anti-westlichen Veranstaltung.
Tsipras will ein Zeichen setzen
Das Zusammentreffen von Putin und Tsipras ist für Freitag angekündigt, direkt vor der Rede des russischen Präsidenten. Der hatte schon im April bei einem Besuch von Tsipras in Moskau die Gelegenheit, eine Schwachstelle in der westlichen Ukraine-Position aufzudecken: Der griechische Regierungschef sprach sich damals für ein Ende der EU-Sanktionen gegen Russland aus. Er warnte vor einem "Teufelskreis der Sanktionen". Doch die EU-Staaten haben sich gerade erst auf eine Verlängerung der Wirtschaftssanktionen geeinigt.
Darum geht es Tsipras aber wohl ohnehin nicht. Er will wohl vor allem ein Zeichen an die Geldgeber in der EU setzen: Er nutze seine Reisen nach Russland, um den anderen Europäern zu zeigen, "dass er noch weitere Karten hat", erklärte der Wirtschaftswissenschaftler Jewegenij Gontmacher von der Russischen Akademie der Wissenschaften. Russland sei aber "objektiv nicht in der Lage, die griechische Schuldenfrage zu lösen".
Russland könnte jedoch einen Beitrag leisten: Der Staat hat dem krisengeschüttelten Griechenland Milliarden in Aussicht gestellt, wenn das EU-Land Putins Pipeline-Projekt Turkish Stream unterstützt. Mit der Leitung will Russland künftig Gas durch das Schwarze Meer in die Türkei und von dort aus weiter nach Südosteuropa liefern. Eine Entscheidung über Griechenlands Beteiligung steht noch aus. Athen erhofft sich davon günstigeres Gas für den Eigenbedarf sowie Gebühreneinnahmen für den Transit. Der griechische Energieminister Panagiotis Lafazanis bezifferte das Projekt auf knapp 1,8 Milliarden Euro.
Experte: Russland hat ersten Sanktionsschock überstanden
Für Russland ist das Thema Griechenland nur eines unter vielen. Die Regierung in Moskau setzt schon seit Monaten offen auf einen Ausbau der Beziehungen zu asiatischen Staaten. Mit dem Energieriesen BP strebt sie nach Informationen der "Financial Times" ein Gemeinschaftsprojekt in Sibirien an.
Der "erste Schock" der Sanktionen und der Konfrontation mit dem Westen sei vorüber, sagte der Moskauer Wirtschaftswissenschaftler Nikolaj Petrow. Beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg gebe es reichlich "Gesprächsstoff". Petrow erwartet, dass dieses Jahr mehr ausländische Unternehmenschefs teilnehmen als 2014.
Tatsächlich entschieden sich die Chefs mehrerer Energie-Konzerne für die Teilnahme, darunter Patrick Pouyanné von Total, Ben van Beurden von Shell und Robert Dudley von BP. Aber viele andere hochrangige Unternehmensvertreter aus dem Westen bleiben dem Petersburger Forum angesichts der Ukraine-Krise und der Krim-Annexion durch Russland diesmal fern.