Die Kassen sind leer Tsipras: "Die EZB hält das Seil um unseren Hals"
Die Kassen sind leer, die Schulden hoch und Zahlungsfristen laufen ab: Griechenland steht schneller als erwartet vor akuten Zahlungsproblemen. Im März muss Athen diverse Verpflichtungen im Umfang von gut 6,9 Milliarden Euro erfüllen. Die Regierung hat Rentenkassen und andere öffentliche Institutionen aufgerufen, ihre Geldeinlagen an den Staat zu geben. Einer seitens Athen erhofften schnellen Auszahlung von Rettungsgeldern hat Brüssel umgehend eine Absage erteilt.
Das klamme Griechenland muss weiter auf Auszahlung von Rettungshilfen der Europartner warten. "Wir sind noch einen weiten Weg davon entfernt", sagte ein EU-Verantwortlicher am Freitag in Brüssel. Rasche Beschlüsse der Eurogruppe seien nicht zu erwarten. Die Euro-Finanzminister werden bei ihrem Treffen am kommenden Montag über die Lage in dem Krisenland beraten.
Athens Reformliste muss erst überprüft werden
Der Eurogruppe fehle ein aktueller Überblick zur Liquiditätslage, da Vertreter der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) ihre Gespräche mit der griechischen Regierung bisher nicht wieder aufgenommen hätten, so der EU-Diplomat. Wann die Institutionen miteinander reden werden, blieb offen.
Eine neu ausgearbeitete Reformliste des griechischen Finanzministers Gianis Varoufakis müsse zunächst von den drei Geldgeber-Institutionen überprüft werden. Der griechische Ressortchef habe die Liste mit sechs Reformen an Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem geschickt. Laut einem Bericht des "Spiegel" geht es dabei unter anderem um eine elektronische Bürgerkarte, mit der staatliche Dienstleistungen in Anspruch genommen werden können. Mit ihr sollen Bedürftige künftig Lebensmittel und Strom beziehen.
Hinzu kämen eine notwendige Verwaltungsreform, Ratenzahlungen für Steuerschulden, die Einrichtung eines politisch unabhängigen Steuerrates sowie eine Taskforce für Steuerkontrollen. Die Besetzung der Taskforce solle alle zwei Monate geändert werden, um Korruption zu verhindern.
Tsipras: Verantwortung liegt bei EZB
In einem Interview mit dem "Spiegel" formulierte Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras eine neuen Idee: Griechenland will seine drohende Finanzierungslücke in den kommenden Wochen mit kurzfristigen Anleihen überbrücken. Sollte die EZB diesem Plan nicht zustimmen, übernehme sie eine große Verantwortung: "Dann kehrt der Thriller zurück, den wir vor dem 20. Februar gesehen haben."
Das, so Tsipras, wäre aber eine politische Entscheidung, "die nicht von Technokraten gefällt werden sollte". Tsipras ergänzte: "Die EZB hält immer noch das Seil, das um unseren Hals liegt." Einen "Grexit" schließe er aus, "weil ich Europa liebe". Mit der Eurozone, ergänzte Tsipras, verhalte es sich wie mit einem Wollpullover: "Wenn er einmal anfängt sich aufzulösen, dann lässt sich das nicht mehr stoppen."
Die Europartner hatten in der vergangenen Woche das Hilfsprogramm für Griechenland um weitere vier Monate verlängert. Bedingung dafür war die Verpflichtung Athens zu weiteren Reform- und Sparmaßnahmen. Diese Vorschläge sollen bis April von der Eurogruppe geprüft werden. Eigentlich soll Griechenland erst danach weitere Finanzhilfen erhalten.
Fließen können noch 1,8 Milliarden Euro aus dem Programm sowie zugesagte Zinsgewinne der EZB aus griechischen Anleihen von 1,9 Milliarden Euro. Für eine Auszahlung müssen EU-Kommission, EZB und IWF zuvor förmlich grünes Licht geben, außerdem müssen von Athen bindende Vorbedingungen der Geldgeber erfüllt werden.
Juncker lehnte Treffen mit Tsipras ab
In Athen waren am Freitagmorgen Tsipras, Varoufakis, der Chef der Griechischen Zentralbank, Ioannis Stournaras, und der für Finanzen zuständige Vize-Regierungschef Giannis Dragasakis zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengekommen. Die akute Finanznot in Griechenland hatte Tsipras vor der Sitzung zu einer ungewöhnlichen Bitte veranlasst. Er habe EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker um ein kurzfristiges Treffen gebeten, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf Regierungskreise in Athen.
Juncker habe die Bitte aber abgelehnt. Beide seien übereingekommen, das Treffen der Euro-Finanzminister am kommenden Montag abzuwarten und danach über einen Termin zu reden. Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte der SZ auf Anfrage, dass Juncker und Tsipras "in permanentem telefonischen Kontakt" stünden.