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EU-Staaten: Keine Einigung bei Asylpolitik – Polen und Ungarn blockieren


Orbán spricht von "Migrationskrieg"
Ungarn und Polen blockieren EU-Asylkompromiss

Von dpa
Aktualisiert am 30.06.2023Lesedauer: 3 Min.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán: Er ist gegen den EU-Asylkompromiss.Vergrößern des Bildes
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán: Er ist gegen den EU-Asylkompromiss. (Quelle: John Thys)

Für die EU ist es ein Eklat: Die 27 Staaten konnten sich beim Thema Asylpolitik nicht einigen. Grund dafür ist eine Blockade durch Polen und Ungarn.

Beim EU-Gipfel ist den 27 Mitgliedstaaten wegen einer Blockade durch Ungarn und Polen kein Konsens zur europäischen Asylpolitik gelungen. Dies bestätigten mehrere EU-Diplomaten am Freitagnachmittag der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel.

Es werde keine gemeinsame Erklärung zum Thema Migration geben, sondern ein Papier von EU-Ratspräsident Charles Michel. Ein Sprecher Michels gab auf Twitter das Ende des Gipfels bekannt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte seine Abschlusspressekonferenz an.

Polen und Ungarn hatten vorbereitete Texte zur Asylpolitik blockiert. Sie lehnen einen Anfang Juni von den EU-Innenministern ohne ihre Zustimmung mehrheitlich beschlossenen Kompromiss ab. Die anstehenden Verhandlungen mit dem Europaparlament im laufenden Gesetzgebungsverfahren können zwar trotzdem starten. Dennoch ist die Blockade der beiden Länder von großer Symbolkraft – und könnte andere EU-Vorhaben gefährden.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán sprach im staatlichen Radio von einem "Migrationskrieg" im Sitzungssaal. Das Thema ist auch in der deutschen Innenpolitik umstritten – allerdings aus anderen Gründen.

Aufnahme von Flüchtlingen soll verpflichtend sein

Während der mühsam von den EU-Innenministern ausgehandelte Kompromiss hierzulande wegen Verschärfungen beim Asylzugang als zu hart gilt, wehren sich Polen und Ungarn gegen die vorgesehene Verteilung von Schutzsuchenden. Die Pläne sehen vor, dass die Aufnahme von Flüchtlingen künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein soll. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen.

Ungarn sei gegen jede Art einer gemeinsamen Erklärung zur Migrationspolitik, sagte der slowenische Regierungschef Robert Golob am Freitag vor Beginn des zweiten Sitzungstags. Er äußerte die Erwartung, dass stattdessen ein Papier von EU-Ratspräsident Charles Michel veröffentlicht wird. "Deshalb haben wir entschieden: Lasst uns nicht versuchen, Konsens über etwas zu finden (...), was einzelne Mitgliedsstaaten im Prinzip ablehnen", sagte er.

Der luxemburgische Premier Xavier Bettel betonte: "Ich habe lieber keine Schlussfolgerungen als schlechte Schlussfolgerungen." Man könne nicht zulassen, dass Polen und Ungarn jetzt und auch künftig Mehrheitsabstimmungen in Fragen stellten.

Polen und Ungarn forderten Abkehr vom Kompromiss

In der Nacht waren die Staats- und Regierungschefs der EU ohne eine gemeinsame Erklärung zum Thema Migration auseinandergegangen. Polen und Ungarn hatten eine Abkehr von dem Kompromiss gefordert, den die Innenminister der EU-Staaten vor knapp drei Wochen erreicht hatten. Doch Deutschland und andere Staaten hielten dagegen. Orbán beschrieb die Haltung Ungarns und Polens mit den Worten: "Es war ein Freiheitskampf, kein Aufstand!"

Beide Länder hatten bereits im Vorfeld des EU-Gipfels einen Boykott der geplanten Asylreform in Aussicht gestellt. "Man will Ungarn dazu zwingen, Migranten-Ghettos zu errichten", sagte Orbán nun in dem Radio-Interview. "Dagegen werde ich mit Händen und Füßen, mit Zähnen und Klauen ankämpfen." Er drohte damit, EU-Gelder für die Lieferung von Waffen und Ausrüstung an die ukrainischen Streitkräfte zu blockieren.

"Migration ist ein gemeinsames Problem"

Polen forderte nun, dass jedes EU-Land selbst darüber entscheiden sollte, wie es Länder mit besonders hohen Migrationszahlen unterstützt. Die Aufnahme von Schutzsuchenden sollte freiwillig sein, hieß es in einem polnischen Textvorschlag für die Gipfelerklärung, der der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Die polnische Regierung stellte sich zudem auf den Standpunkt, dass in der Migrationspolitik nach dem Konsensprinzip entschieden werden sollte, also nicht per Mehrheitsentscheidung.

Die estnische Regierungschefin Kaja Kallas sagte, sie habe das Gefühl, in den Gesprächen in Brüssel stecke noch viel Bitterkeit aus früheren Diskussionen, etwa aus den harten Verhandlungen zu Migrationsfragen im Jahr 2015. "Aber wenn man einfach zu allem Nein sagt und alle anderen versuchen, Kompromisse zu schließen, funktioniert das nicht wirklich." Auch Zyperns Präsident Nikos Christodoulides rief zur Geschlossenheit auf. "Migration ist ein gemeinsames Problem, und wir müssen das, was wir über Solidarität sagen, auch in die Tat umsetzen", sagte er.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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