Nach jahrelangem Tauziehen UN-Staaten schließen historisches Abkommen
Über ein Jahrzehnt lang haben die Vereinten Nationen um ein Abkommen zum Schutz der Weltmeere gerungen. Nun gab es eine Einigung.
Die UN-Mitgliedstaaten haben sich nach jahrelangen Verhandlungen auf den Text für das erste internationale Hochsee-Abkommen zum Schutz der Weltmeere geeinigt. "Das Schiff hat das Ufer erreicht", sagte die Leiterin der UN-Konferenz, Rena Lee, am Samstagabend (Ortszeit) am Sitz der Vereinten Nationen in New York unter dem Beifall der Delegierten. Umweltaktivisten sprachen von einem "historischen Tag".
Der Inhalt des Textes wurde zunächst nicht veröffentlicht. Laura Meller von der Umweltschutzorganisation Greenpeace sprach jedoch bereits von einem "historischen Tag für den Naturschutz". Die Einigung auf das Hochsee-Abkommen sei "ein Zeichen dafür, dass in einer zerstrittenen Welt der Schutz der Natur und der Menschen über die Geopolitik triumphieren kann".
UN-Generalsekretär António Guterres lobte die Delegierten nach Angaben eines Sprechers und sagte demnach, die Vereinbarung sei ein "Sieg für den Multilateralismus und für die globalen Bemühungen, den zerstörerischen Trends entgegenzuwirken, die die Gesundheit der Meere bedrohen".
15 Jahre vergeblich verhandelt
Die UN-Mitgliedstaaten hatten seit mehr als 15 Jahren vergeblich um ein Abkommen zum Schutz der Biodiversität in der Hohen See gerungen, erst im August war eine Verhandlungsrunde ohne Ergebnis zu Ende gegangen.
Der Text, auf den sich die Delegierten nach zwei Wochen intensiver Gespräche einigten, kann nach Angaben von Konferenzleiterin Lee nun nicht mehr wesentlich geändert werden. "Es wird keine Wiederaufnahme oder inhaltliche Diskussionen mehr geben", erklärte Lee den Unterhändlern. Das Abkommen solle formell beschlossen werden, sobald es von Juristen geprüft und in die sechs Amtssprachen der Vereinten Nationen übersetzt worden sei, kündigte Lee an.
Als Hochsee oder Hohe See werden rund 60 Prozent der Weltmeere bezeichnet, die nicht unter die ausschließliche Wirtschaftszone eines Staates fallen, da sie weiter als 370 Kilometer von der nächsten Küste entfernt sind.
Derzeit wird nur etwa ein Prozent der Hochsee durch internationale Abkommen geschützt, mit Inkrafttreten des Hochsee-Abkommens wird die Einrichtung von Meeresschutzgebieten in internationalen Gewässern ermöglicht.
Staaten müssen Aktivitäten überprüfen
Das Abkommen soll die Staaten der Welt zudem dazu verpflichten, Umweltverträglichkeitsprüfungen für geplante Aktivitäten auf Hoher See durchzuführen. Insbesondere die Aufteilung möglicher Gewinne aus neu entdeckten maritimen Ressourcen hatte in der letzten Phase der Verhandlungen zu erheblichem Streit geführt. Schließlich überwanden die Delegierten jedoch auch diese Hürde.
Entwicklungsländer, die sich die kostspielige Erschließung solcher Ressourcen nicht leisten können, hatten darauf gepocht, nicht von den zu erwartenden Gewinnen aus dem Handel mit Rohstoffen, die in internationalen Gewässern entdeckt werden könnten, ausgeschlossen zu werden.
Umweltschutzorganisationen dringen auf einen besseren Schutz der Weltmeere angesichts der Gefahren durch Erderwärmung, Verschmutzung und Überfischung. Die Ozeane produzieren die Hälfte des Sauerstoffs in der Erdatmosphäre und nehmen einen erheblichen Teil des Kohlendioxids auf, das durch menschliche Aktivitäten ausgestoßen wird.
Meeresexperte Till Seidensticker von Greenpeace Deutschland erklärte, mit Abschluss des Abkommens beginne "jetzt die eigentliche Arbeit". Die Bundesregierung müsse zusammen mit anderen Ländern "zügig die Umsetzung echter Schutzgebiete" vorantreiben, die "frei von industrieller Nutzung" und "frei von jedem menschlichen Eingriff" sein sollten.
Lemke "persönlich tief bewegt"
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) erklärte am Sonntag: "Deutschland wird die Umsetzung dieses wichtigen Abkommens vorantreiben." Wenn die Ozeane geschützt würden, "schützen wir auch uns Menschen", fügte Lemke hinzu.
Die Umweltministerin zeigte sich von dem "historischen und überwältigenden" Verhandlungserfolg am Sitz der Vereinten Nationen in New York "persönlich tief bewegt". Erstmals komme nun ein "verbindliches Abkommen für die Hohe See, die bislang kaum geschützt war", erläuterte sie.
- Nachrichtenagentur dpa