Aggressive Chemie in "Heilmittel" Wundermittel MMS wird verboten
Seit Monaten verspricht ein angebliches Wundermittel Heilung von Krebs, Aids, Alzheimer oder Warzen. "Miracle Mineral Supplement" kurz MMS heißt der Stoff, der massenhaft im Internet vertrieben wird. Doch in Wirklichkeit enthält er aggressive Chemikalien. Weltweit warnen Experten und Behörden vor dem Mittel. Nun prescht das Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM) vor und stuft MMS als "bedenkliches Arzneimittel" ein. Das kommt einem Verbot gleich.
Übelkeit, Durchfall, Erbrechen, Blutdruckstörungen, Schmerzen, Hautschäden, Verätzungen der Schleimhäute, Nierenversagen, Atemprobleme. Seit einigen Jahren werden solche Beschwerden aus dem In- und Ausland gemeldet - von Patienten, die das angebliche Wundermittel MMS eingenommen haben. Miracle Mineral Supplement wird über das Internet feilgeboten - als Lösung oder als Kapseln. Und immer wieder gehen Verbraucher den Geschäftemachern und ihren Versprechungen auf den Leim - mit schlimmen Folgen, auch bei Kindern.
Experten warnen: Hände weg von MMS
In mehreren europäischen Ländern, Australien, Neuseeland, Kanada oder den USA warnen die Gesundheitsbehörden vor dem Mittel. Auch hierzulande mahnen viele Experten und auch das Bundesinstitut für Risikobewertung und das BfArM eindringlich: Hände weg von MMS. Denn das vermeintliche Heilmittel enthält tatsächlich gefährliche Chemikalien. Jetzt unternahm das BfArM einen wichtigen Schritt, um Verbraucher besser zu schützen.
Arzneimittel-Einstufung kommt einem Verbot gleich
Auf den ersten Blick könnte es widersprüchlich wirken, dass das BfArM einerseits von Produkten abrät, weil sie unvertretbare schädliche Wirkungen haben, diese aber zugleich als Arzneimittel bewertet. Doch genau diese Einstufung hilft beim Kampf gegen MMS: Hersteller brauchen nun zwingend eine behördliche Zulassung, um ihre Produkte als Heilmittel zu verkaufen. Dafür müssten sie die vorgegaukelte Wirkung gegen allerlei Krankheiten wie Krebs, Malaria oder Hepatits nachweisen - und auch die Unbedenklichkeit ihrer Produkte. Das halten Experten für ausgeschlossen.
Die Einstufung erleichtert den Landesbehörden die Kontrolle der Substanz. Wer nun im Internet oder auf einer Werbeveranstaltung MMS als gesundheitsförderndes, heilendes Präparat anbietet, muss sich vorsehen.
In MMS steckt Chlorbleiche
Und was steckt wirklich in dem Wundermittel? "Bei MMS handelt es sich um Chlordioxid, eine Bleich-Chemikalie", erklärt Matthias Heuermann vom Landeszentrum Gesundheit (LZG) NRW und betont: "Jeder, der das Zeug verwendet, ist einer zu viel." Nach der Einnahme von MMS seien Patienten schon mit schweren Problemen in Arztpraxen, Kliniken oder bei Giftnotrufzentralen gelandet.
Darm-Verätzungen bei Kindern
Entsetzen hatte im vorigen Sommer die TV-Sendung "Kontraste" ausgelöst. Sie hatte auch von Einläufen bei Kindern berichtet. Der absurden MMS-Werbung zufolge sollen damit Darmparasiten abgetötet werden, die angeblich zu Autismus führen. Das ist nicht nur falsch, sondern den zitierten Experten zufolge Körperverletzung, weil Kindern Darm-Verätzungen zugefügt wurden.
Unüberschaubare Zahl von Anwendern
Wie viele Menschen sich auf MMS einlassen, weiß niemand genau. Es gebe unzählige Vertreiber, ein enormes Angebot, sagt Heuermann. Aber da alles übers Internet laufe, sei die Zahl der Anwender nicht überschaubar. "Viele Leute, die an MMS glauben, nehmen die Nebenwirkungen billigend in Kauf." Wer dann wegen der Folgeschäden Hilfe suche, verschweige dem Arzt oft die ganze Wahrheit. "In der Praxis werden diffuse, unklare Beschwerden genannt, die Patienten verschleiern aber, dass sie vorher MMS genommen haben."
Schlupflöcher bleiben
Gegen die gefährlichen Präparate gibt es nun zwar eine scharfe Handhabe. Aber Schlupflöcher bleiben: Solange Produkte im Internet oder auf Werbeveranstaltungen getarnt nur zur Desinfektion oder Wasserreinigung angepriesen werden, können Kontrollbehörden nicht einschreiten. Letztlich geht es nicht ohne den gesunden Menschenverstand des Verbrauchers.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.