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Deutsches Reinheitsgebot: Was Bierbrauer beachten müssen


"Reines" Bier?
Was das deutsche Reinheitsgebot wirklich bedeutet

Natürliches, reines und qualitativ hochwertiges Bier – diese Attribute verbindet man mit dem deutschen Reinheitsgebot. Aber was steckt eigentlich dahinter?

Aktualisiert am 24.04.2024|Lesedauer: 3 Min.
Von t-online, lhe
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Das deutsche Reinheitsgebot ist für Bierliebhaber ein Qualitätsprädikat. Es steht in ihren Augen für reines Bier, das nur aus natürlichen Zutaten gewonnen wird und von höchster Qualität ist. Aber was genau besagt das deutsche Reinheitsgebot eigentlich – und kann man ihm uneingeschränkt vertrauen?

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Bier mit Hopfen und Gerste: Laut deutschem Reinheitsgebot braucht es nur wenige Zutaten für das goldene Getränk. (Quelle: IMAGO/Bernd Juergens/imago)

Das deutsche Reinheitsgebot existiert bereits seit über 500 Jahren. Die Originalfassung als "bayerisches Reinheitsgebot" stammt vom 23. April 1516. Zunächst folgen umfassende Regulierungen von Preisen, die ein Bier in den verschiedenen Ausschankgefäßen mindestens und höchstens kosten darf. Und dann kommt schließlich der wichtige Satz:

Die bayerischen Herzöge Wilhelm IV. und Ludwig X. wollten mit dieser Regelung zweierlei erreichen. Zum einen wollten sie verhindern, dass die damaligen Brauer aus Profitgier minderwertiges Bier herstellten und verkauften. Zum anderen sollte aber vor allem sichergestellt werden, dass die hochwertigen Getreidesorten Weizen und Roggen nur zum Brotbacken verwendet werden durften.

"Keinesfalls ein Gütesiegel"

Was dieses Reinheitsgebot tatsächlich regelt, sind die drei Zutaten, die für das Bierbrauen verwendet werden dürfen: Die Formulierung schließt andere Zutaten aus. Kein Wort zur Qualität des Bieres oder der verwendeten Grundzutaten. Kein Wort zur "Reinheit" des Bieres.

"Die Verfechter des Reinheitsgebots verehren es aus völlig falschen Gründen. Da es nur festschreibt, was ins Bier darf und nicht in welcher Qualität, handelt es sich bei 'gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot' keinesfalls um ein Gütesiegel", erklärt Dennis Fix, Craft-Beer-Experte und Autor des Buchs "Bier-Baron's Beer Guide: Alles rund um das Thema Bier", im Gespräch mit t-online.

Zusatzstoffe dürfen verwendet werden

Dabei ist es gar nicht so, dass nur bestimmte Zutaten im Bier erlaubt sind. Bereits das 1993 verabschiedete Biersteuergesetz etwa gestattet unter anderem die Verwendung des Lebensmittelzusatzstoffes Polyvinylpolypyrrolidon zur "Schönung" des Bieres – ein Kunststoffpulver, das im Bier unerwünschte Gerbstoffe und Polyphenole bindet und mit diesen abgefiltert wird. Das Gleiche gilt für Kieselgur oder Kieselsol, die ebenfalls im Brauprozess zugegeben und später abgefiltert werden, um Eiweißstoffe zu binden und trübes Bier klarzumachen.

Im Endprodukt sind diese Stoffe "bis auf gesundheitlich, geruchlich und geschmacklich unbedenkliche, technisch unvermeidbare Anteile" (Paragraf 9 Absatz 6 des "Vorläufigen Biergesetzes") nicht mehr vorhanden.

Das vorläufige Biergesetz widerlegt das Reinheitsgebot

Der Blick in das "Vorläufige Biergesetz" lohnt sich. Denn dort werden Abweichungen vom deutschen Reinheitsgebot zugelassen und geregelt. Beispielsweise in Paragraf 9 Absatz 2. Dort steht zu lesen: "Die Bereitung von obergärigem Bier unterliegt derselben Vorschrift; es ist hierbei jedoch auch die Verwendung von anderem Malz und die Verwendung von technisch reinem Rohr-, Rüben- oder Invertzucker sowie von Stärkezucker und aus Zucker der bezeichneten Art hergestellten Farbmitteln zulässig."

Brauereien dürfen also unter anderem Zucker und Farbstoffe zusetzen und damit durchaus mehr als "nur" Gerstenmalz, Hopfen und Wasser in ihr Bier kippen. Hopfen wird in der Regel nicht mehr "wie geerntet" zugesetzt, sondern in Form von industriell produzierten Hopfen-Pellets oder Essenzen. Das regelt Absatz 5 des gleichen Paragrafen: "An Stelle von Hopfen dürfen bei der Bierbereitung auch Hopfenpulver oder Hopfen in anderweit zerkleinerter Form oder Hopfenauszüge verwendet werden."

Weizenbier wäre ein Verstoß gegen das Reinheitsgebot

Schon die Sorte Weizenbier stellt einen Verstoß gegen das bejubelte Reinheitsgebot dar: Wie der Name sagt, wird hier mindestens 50 Prozent Weizenmalz verwendet. Damals vor 500 Jahren musste ein Brauer ein teures Sonderrecht namens "Weißbier-Privileg" kaufen, um von der im Reinheitsgebot vorgeschriebenen Gerste abweichen zu dürfen.

Mit anderen Worten: Damals wie heute entspricht kein Weizenbier dem ursprünglichen Reinheitsgebot. Das hindert Weißbierbrauereien jedoch nicht daran, sich das Reinheitsgebot als Marketing-Argument zunutze zu machen.

Biervielfalt ohne Einschränkung

In den EU-Nachbarländern, den USA und anderen Ländern wird ohne das Reinheitsgebots-Dogma gearbeitet. Da gibt es Würzbiere mit Zutaten wie Ingwer, Kardamom oder Sternanis. Es gibt Fruchtbiere, bei denen beispielsweise Himbeeren im Brauprozess für entsprechende Aromen sorgen. In einem "Pumpkin Lager" ist, wie der Name erahnen lässt, Kürbis enthalten. Und was bei einem "Chili-Bier" für den brennenden Abgang sorgt, liegt wohl auf der Hand.

Verwendete Quellen
  • Archivmaterial
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