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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Es drohen Vereinsamung und Verwahrlosung Sexsucht: Das können Sie tun, wenn die Lust zur Krankheit wird
Sexsucht ist kein harmloses Phänomen. Betroffene sollten sich Hilfe suchen – und die Ursache für ihr ausschweifendes Verhalten ergründen.
Wenn Sex nicht mehr zur schönsten Nebensache der Welt, sondern es zu einem krankhaften Verlangen wird, einen Orgasmus zu bekommen, kann es sich um eine Sexsucht handeln.
So erkennen Sie, ob Sie sexsüchtig sind
Alles dreht sich zunehmend nur um eins: Sex, Sex und noch mal Sex. Das Verlangen danach nimmt derart überhand, dass jede Gelegenheit genutzt wird: ausschweifende sexuelle Fantasien, die von der Arbeit abhalten, Telefonsex, der ins Geld geht oder ständig wechselnde Sexualpartner.
Aber trotz allem fühlt sich der Betroffene immer weniger befriedigt. Er fühlt sich schlecht, innerlich leer – und leidet. Ungeachtet dessen sucht er weiter den ganz besonderen Kick. Womöglich ist er sexsüchtig.
Häufige Symptome auf einen Blick
1. Gegen negative Stimmungen wird sexuelle Erregung als positives Gefühl gesetzt.
2. Kontrollverlust über das eigene, sexuelle Verhalten.
3. Dem Zwang nach zu geben beeinflusst sowohl das Familien- und Sozialleben als auch das Arbeitsleben.
Symptome der Sexsucht
Die Sucht äußert sich darin, dass jemand längerfristig die Kontrolle über sein sexuelles Verhalten verliert und trotz negativer Konsequenzen nicht von der Abhängigkeit loskommt. Der Betroffene vernachlässigt Beruf, Partnerschaft, Familie und Freunde. So kann eine bestehende Beziehung ins Wanken geraten. Teilweise riskiert der Betroffene sogar den Verlust seines Arbeitsplatzes, beispielsweise wenn er wegen seines exzessiven sexuellen Verhaltens seine Pflichten im Job vernachlässigt. Darüber hinaus drohen dem Betroffenen Vereinsamung und Verwahrlosung.
Innere Leere wird mit Sex ausgeglichen
Wie viele Menschen in Deutschland unter Sexsucht leiden, ist nicht bekannt. Schätzungen gehen von Hunderttausenden aus. Vermutet wird, dass es eher Männer als Frauen trifft. Für Betroffene hat sexuelle Betätigung die gleiche Funktion wie für Alkoholiker das Trinken von Alkohol.
Negativen Gefühlen wie etwa innere Leere, Halt- und Perspektivlosigkeit oder auch Langeweile wird sexuelle Erregung als positives Gefühl entgegengesetzt. Auf diese Weise würden im Körper Stoffwechselveränderungen ausgelöst, die kurzzeitig eine Stimmungsaufhellung bewirken und negative Gefühle überlagern.
Dosissteigerung keine Seltenheit
Von Dauer ist das indes nicht. Aber nicht nur das. Irgendwann wird das intensive Lustgefühl, das man anfangs beim "Problemlösen mit Sex" erlebt hat, nicht mehr erreicht. Daher werden die sexuellen Aktivitäten fortwährend wiederholt und teils auch gesteigert. Das intensive Lustgefühl bleibt indes aus. Das führt zu Frust und Dosissteigerung – und vor allem: Das zugrunde liegende Problem bleibt bestehen.
Offizielle Definition der WHO
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in ihrer Klassifikation von Erkrankungen (ICD-11) zwanghafte sexuelle Störungen als Impulskontrollstörung aufgenommen. Die Aufnahme ist das offizielle Register macht es vor allem für Betroffene einfacher, sich Hilfe bei einem Therapeuten zu holen.
Das zwanghafte Sexualverhalten macht sich laut WHO beispielsweise durch übermäßigen Pornokonsum oder auch Telefonsex bemerkbar. Verspüren Betroffene nicht kontrollierbare, intensive Sexualimpulse, die regelmäßig auch in kurzen Abständen wiederkommen und beeinflusst dieser Zwang sowohl ihr Familien- als auch ihr Arbeits- und Sozialleben, kann es sich um Sexsucht handeln. Wichtig ist zudem, dass das Verlangen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten anhält. Eine moralische Missbilligung des Verhaltens allein reiche für die Einstufung nicht aus, betont die WHO in ihrer Definition explizit.
Einige Fachleute fügen noch hinzu, dass das sexuelle Verlangen krankhaft zusätzlich einen Leidensdruck auslöst. Dieser kann sich neben innerer Leere auch in Scham und Selbstverachtung äußern.
Entzugserscheinungen bei Verzicht auf Sex
Wird auf Sex verzichtet, dann kommt es zu regelrechten Entzugserscheinungen mit Nervosität, Depressivität und Aggressivität. Durch Sex-Abstinenz wird das Problem nicht behoben. Stattdessen muss nach einer ursachenbezogenen Lösung gesucht werden. Andernfalls werde, laut Experten, die Sucht nur versteckt, aber nicht gemindert.
Professionelle Hilfe suchen sich Betroffene oft erst dann, wenn der Leidensdruck nicht mehr auszuhalten ist. Hinweise, wo es Unterstützung gibt, geben Experten in Beratungsstellen wie etwa Pro Familia. Eine einheitliche Therapie gibt es nicht.
Therapie bei Sexsucht
Die Behandlung eines Sexsüchtigen hängt dabei immer vom Einzelfall ab. Bei der Therapie wird untersucht, welche konkreten Probleme mit dem exzessiven Sexualverhalten verdeckt werden. Vielleicht fühlt sich der Betroffene benachteiligt oder nicht wertgeschätzt, vielleicht ist er arbeitslos und depressiv. Eine Psychotherapie kann dann helfen, dem Betroffenen eine neue Lebensperspektive aufzuzeigen.
Der Betroffene soll über die Therapie die Kontrolle über sein sexuelles Verhalten erlangen. Liegt die Ursache für die Sucht darin, dass der Betroffene nicht die Nähe eines festen Partners oder einer festen Partnerin zulassen kann, dann können mitunter sogenannte Intimitätstrainings helfen. Grundsätzlich gilt: Im Gegensatz zu einer Alkohol- oder Drogensucht geht es bei der Sexsucht jedoch nicht darum, dass der Betroffene abstinent wird.
Hypersexualität, Nymphomanie und Sexsucht
Das gesteigerte, sexuelle Verlangen wird in der Medizin auch als Hypersexualität bezeichnet – der Begriff wird synonym zu Sexsucht verwendet.
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Nymphomanie beschreibt hingegen das stark gesteigerte sexuelle Verlangen von Frauen. Hier spielt zudem noch ein häufiger Partnerwechsel mit ein. Bei Männern wird diese Form des Verlangens eher als Satyriasis oder auch Donjuanismus bezeichnet. Die Begriffe Nymphomanie und Satyriasis werden nur im Volksmund gebraucht. Sie bezeichnen ein gesteigertes, sexuelles Verlangen, das offenkundig kommuniziert und ausgelebt wird. Es ist allerdings – im Gegensatz zur Sexsucht – kein zwanghaftes oder krankes Verhalten.
- Nachrichtenagentur dpa-tmn
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