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HomeLebenKolumne - Bob Blume

Schule: Wie Lehrer von rechtsextremen Medien attackiert werden


Öffentliche Diffamierung
Die Hetzjagd auf Lehrer hat begonnen

MeinungVon Bob Blume

26.04.2024Lesedauer: 4 Min.
Meinung
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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
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Lehrer, Schüler, Eltern: Bei einer Demonstration in Essen demonstrierten sie gemeinsam gegen Rechts. Auch Lehrer dürfen eine politische Meinung haben. (Quelle: IMAGO/Jochen Tack/imago)

Tausende Lehrkräfte tauschen sich im Internet zu wichtigen Themen aus. Die rechtsextreme Zeitung "Junge Freiheit" hat nun deshalb einzelne Lehrer ins Visier genommen.

Es gibt einen Ort, an dem sich Tausende Lehrerinnen und Lehrer zusammenfinden. Das ist natürlich kein reales, riesiges Lehrerzimmer, sondern ein virtuelles. Das sogenannte "Instalehrerzimmer" auf Instagram. Hier tauschen sich Pädagoginnen und Pädagogen zu wichtigen Themen aus, bei denen es oft zu wenig Unterstützung vonseiten der Verwaltung gibt – zum Beispiel Rassismus, Islamfeindlichkeit und demokratische Werte. Das passt der rechtsorientierten "Jungen Freiheit" nicht – sie erstellte ein Kurzvideo und nannte drei Profile, die nun einem Shitstorm ausgesetzt sind.

Bob Blume ist Lehrer und Autor.
Bob Blume ist Lehrer und Autor. (Quelle: privat)

Zur Person

Bob Blume ist Lehrer, Blogger und Podcaster. Er schreibt Bücher zur Bildung im 21. Jahrhundert und macht in den sozialen Medien auf Bildungsthemen aufmerksam. In seiner Kolumne für t-online kommentiert er aktuelle Bildungsthemen mit spitzer Feder. Man findet Blume auch auf Twitter und auf Instagram, wo ihm mehr als 100.000 Menschen folgen. Sein Buch "10 Dinge, die ich an der Schule hasse" ist im Handel erhältlich.
Hier geht's zu Blumes Instagram-Auftritt.

In der momentanen politischen Lage ist es wenig verwunderlich, dass rechtspopulistische Akteure gegen alles und jeden schießen, der oder die demokratische Werte hochhält und verteidigt. Und dass dabei Unwahrheiten ausgesprochen, Tatsachen verdreht und Menschen bewusst angegriffen werden, ist längst Teil eines Umgangs, den man nicht mehr Debattenkultur nennen kann. Wie die von der Bundeszentrale für politische Bildung als radikal-nationalistisch eingeschätzte "Junge Freiheit" nun aber gegen einzelne Lehrinnen und Lehrer vorgeht, zeigt eine neue Dimension.

In einem vor kurzem hochgeladenen Video, in dessen Untertitel es heißt "Linke Lehrer machen unverhohlen Stimmung gegen Rechts", werden meinen Kollegen erhebliche Vorwürfe gemacht, die nichts mit der Realität ihrer Accounts @miss.atasoyi, @frau_waibel und @teacher__light zu tun haben.

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So heißt es bei der "Jungen Freiheit" zunächst, dass die genannten Pädagogen auf Instagram ihre "politische Voreingenommenheit" auslebten. Der Beleg? Das Bild einer Lehrerin, die auf einer Demonstration ein Plakat hochhält. Die junge Moderatorin behauptet dazu: "Lehrer sollten eigentlich politisch neutral bleiben."

Lehrkräfte und politische Neutralität

Unabhängig davon, dass hier ein auflagenstarkes Medium einzelne Lehrkräfte zu diskreditieren versucht, ist diese Behauptung schlicht falsch! Um es noch genauer zu sagen: Hier wird bewusst gelogen. Richtig ist, dass Lehrkräfte im Unterricht (!) Schülerinnen und Schüler nicht "überwältigen", also ihre Meinung aufzwingen dürfen, etwa, indem sie dazu aufrufen, eine bestimmte Partei zu wählen. Dies regelt der Beutelsbacher Konsens. Außerhalb des Klassenzimmers regelt Paragraf 33 des Beamtenstatusgesetzes die Haltung von Lehrkräften. Zu den Grundpflichten heißt es:

"(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten."

Lehrer dürfen und sollen Farbe bekennen

Es mag der Redaktion der "Jungen Freiheit" entgangen sein, aber auf einer Demonstration gegen rechte Kräfte, die die Demokratie abschaffen und die Würde des Menschen mit Füßen treten wollen, machen Lehrkräfte genau das: sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen. Sie handeln also nach Recht und Gesetz.

In dem Video heißt es weiter, die Lehrer würden ihr "linkes Gedankengut" unter jungen Leuten verbreiten. Der Beleg? Der Instagram-Kanal einer Lehrerin, auf dem sie Unterrichtsmaterial zu Alltagsrassismus und Jugendsprache zur Verfügung stellt. Auf Anfrage erklärt sie denn auch: "Angriffe auf Lehrkräfte, die sich für Demokratie und gegen Rassismus einsetzen, sind inakzeptabel. Lehrer spielen eine wichtige Rolle bei der Förderung von Demokratie und Toleranz in der Gesellschaft und verdienen Respekt und Unterstützung."

Dies ist keine Einzelmeinung: Vielmehr ist genau diese Förderung in jedem einzelnen Schulgesetz verankert. Insofern ist es umso mutiger, dass eine weitere betroffene Lehrerin anmerkt: "Beiträge wie das Reel von ‚Junge Freiheit‘ zeigen mir, dass ich genauso weitermachen muss und unsere Arbeit zu Rassismus-Sensibilität enorm wichtig ist."

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Interessanterweise wird ihr genau das zur Last gelegt. Ein Vorwurf: Sie sensibilisiere Nicht-Muslime für den Islam. Mit anderen Worten: Der Versuch des gegenseitigen Verständnisses wird hier nicht nur politisiert, sondern als Ideologie diskreditiert. Aus einem Post, der den Begriff "Allahu akbar" erläutert, wird dann aus Sicht der "Jungen Freiheit" eine "Verharmlosung eines Kampfbegriffs".

Verteidigung gegen Diffamierung

Nun wird es niemanden verwundern, dass aus einer mindestens reaktionären Perspektive alles Links ist, was darauf ausgelegt ist, gegenseitigen Respekt, Toleranz und Verständnis zu fördern. Und es ist auch wenig überraschend, dass ohnehin schon bestehende Mythen wie jene von Lehrkräften, die angeblich neutral zu sein haben, in das eigene Publikum weitergetragen werden. Dass sich aber ein Medium an Einzelpersonen abarbeitet und damit willentlich zulässt, dass Menschen hier beschimpft und diffamiert werden und letztlich zu Schaden kommen können, ist unverantwortlich. "Wir werden uns nicht einschüchtern lassen und uns weiterhin für die Demokratie und unsere Mitmenschen starkmachen. Es ist unsere Pflicht, eine klare Haltung gegen Rassismus und Diskriminierung zu zeigen und dies vorzuleben", so eine der betroffenen Lehrerinnen.

Dies ist eine Haltung, die die Solidarität all jener verdient, die unsere Gesellschaft nicht weiter spalten wollen und die der Auffassung sind, dass eine solche Hexenjagd in einer Demokratie nichts zu suchen hat. Man könnte es auch anders ausdrücken: Diejenigen, die meinen, dass Antirassismus links sei und nicht demokratisch, sollten zunächst ihre eigene Haltung überprüfen, bevor sie mit Dreck auf andere schmeißen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung
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