Fragen an Experten Einbruchschutz: Wie sinnvoll sind Überwachungskameras?
Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Einbrecher benötigen gerade einmal 15 Sekunden, um ein nicht ausreichend gesichertes Fenster aufzuhebeln. Auch das nasse, graue Wetter und die frühe Dämmerung hilft den Einbrechern bei ihren Taten. Helfen Überwachungskameras, die Einbrecher abzuschrecken? t-online.de hat exklusiv zwei Experten befragt.
Kriminalhauptkommissar (KHK) Jens Fritsch von der Beratungsstelle Einbruchschutz der Polizei Berlin und Katharina Wild, Mitglied der Geschäftsführung (GF) bei Smartfrog – einem Hersteller für Überwachugnskameras – stellen sich den Fragen, die unsere Nutzer am meisten zum Thema Überwachungskameras interessieren.
Hinweis
Überwachungskameras gibt es von mehreren Anbietern, beispielsweise Technaxx, Instar oder D-Link. 2017 hat Stiftung Warentest Modelle mehrerer Hersteller getestet.
Planen Kriminelle ihre Tat und spionieren Sie Ihre Opfer vorher aus?
KHK Fritsch: "Es gibt keinen 'Mustereinbrecher'. Es gibt zum Beispiel Gelegenheitseinbrecher, die die Situation (ein offen gelassenes Fenster oder ein verlassenes Haus mit einem schwer einsehbaren Grundstück) für einen Einbruch nutzen. Einbrecher wissen nicht anhand Ihrer Haus- oder Wohnungstür, ob Sie wirklich wertvolle Besitztümer haben. Sie werden daher einbrechen, auch wenn Sie tatsächlich 'nichts' besitzen.
Andere Kriminelle planen ihre Taten wiederum – dies ist jedoch häufig bei Einbrüchen in Gewerbeimmobilien, zum Beispiel in Bürohäusern oder Juwelieren der Fall."
Wo sollte ich eine Überwachungskamera in meiner Wohnung montieren? Für alle sichtbar oder lieber versteckt?
GF Wild: "Wird die Überwachungskamera als Einbruchschutz verwendet, empfiehlt es sich, sie deutlich sichtbar zu montieren, etwa im Bereich der Fenster und Türen. Dort dringen Einbrecher am häufigsten ein und sehen die Kamera sofort.
Anders als Alarmanlagen, die stille Alarme auslösen – also selbstständig den Sicherheitsdienst oder die Polizei informieren – liefern IP-Kameras Live-Bilder vom Geschehen sowie Tonaufnahmen. Geht eine Benachrichtigung ein, können Nutzer sofort selbst zu Hause nach dem Rechten schauen und im Einbruchfall die Polizei alarmieren."
Sind Attrappen sinnvoll?
GF Wild: "Jede Maßnahme zum Einbruchschutz ist sinnvoll. Attrappen erfreuen sich großer Beliebtheit, da sie Einbrecher abwehren ohne viel Geld auszugeben oder sich mit der Technik auseinanderzusetzen. Doch Diebe sind nicht dumm und erkennen inzwischen, ob es sich um eine echte Überwachungskamera oder eine Attrappe handelt. Inzwischen muss auch eine echte Überwachungslösung nicht mehr teuer und kompliziert sein."
Wie soll der Verbraucher mit dem gespeicherten Material der Überwachungskameras umgehen?
GF Wild: "Bei vielen Überwachungslösungen werden die Videodaten nur für einen bestimmten Zeitraum gesichert und anschließend automatisch gelöscht. Der Nutzer muss also in der Regel selbst nichts unternehmen – außer er möchte im Ernstfall das Video des Einbruchs herunterladen und zur Aufklärung zur Verfügung stellen, etwa für polizeiliche Ermittlungen.
Grundsätzlich muss man sich als Nutzer einer Überwachungskamera natürlich an die geltenden Gesetze zum Datenschutz halten. Dazu gehört auch der Hinweis auf die Videoüberwachung."
Darf ich das Material der Polizei zur Verfügung stellen oder hat es als Beweismittel keinen Bestand?
GF Wild: "Aufnahmen, auf denen das Gesicht der Einbrecher nicht deutlich zu erkennen ist, können Hinweise geben – etwa durch Größe und Statur, Kleidung oder Stimme der Person. Bei der Wahl einer IP Kamera sollte man immer auf HD-Qualität und eine gute Nachtsichtfunktion achten, so dass man wichtige Details zu jeder Tageszeit erkennen kann."
Halten Videokameras die Einbrecher wirklich von einer Straftat ab?
KHK Fritsch: "Nein, nicht immer. Überwachungskameras an Gebäuden können vom Einbrecher umgangen, abgedeckt, weggedreht oder gewaltsam entfernt werden. Zudem sind die Gesichter der Täter oftmals nicht erkennbar, die Qualität der Aufnahmen schlecht oder der Aufnahmewinkel ungünstig, weshalb eine Identifizierung über die Bilder von Kameras im Außenbereich nur selten möglich ist."
Kommen Einbrecher wieder, wenn es sich "gelohnt" hat?
KHK Fritsch: "Tendenziell kommen Einbrecher nicht wieder, da er die Wertgegenstände ja schon gestohlen wurden, Opfer möglicherweise entsprechende Sicherheitsmaßnahmen (Zusatzschlösser, sichere Fenster) durchgeführt haben, achtsamer sind (Tür abschließen, Fenster nicht gekippt lassen) und die Nachbarn sensibilisiert und somit aufmerksamer sind.
Es ist jedoch grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass die Täter noch einmal wiederkehren oder, dass andere Einbrecher, die mit der ersten Tat nichts zu tun haben, zufällig später auch das gleiche Objekt für einen Einbruch ausgesucht haben."
Wie kann ich mein Zuhause dann vor Einbrechern schützen?
KHK Fritsch: "Das Wichtigste beim Einbruchschutz sind drei Pfeiler:
1. Sicherheit durch den Einsatz von Technik,
2. Verhalten,
3. Nachbarschaftshilfe.
Zur Technik gehört die mechanische Sicherheit, zum Beispiel für Zusatzschlösser für Fenster und Türen, bzw. für Fenster auch alternativ die einbruchhemmende Pilzkopfverriegelung in Kombination mit abschließbare Fenstergriffen.
Ist dieser Gundschutz durch die Mechanik gegeben, so kann mit Elektronik die Sicherheit noch zusätzlich erhöht werden, z.B. durch Einbruchmeldeanlagen. Aber es gilt der Grundsatz: Mechanik vor Elektronik.
Aber auch aufmerksames und nicht fahrlässiges Verhalten erhöht die Sicherheit Ihres Hab und Guts: Lassen Sie Fenster nicht gekippt und Terrassentüren nicht offen stehen – auch wenn Sie nur kurz beim Bäcker sind. Gelegenheitstäter nutzen jede Unachtsamkeit gerne aus. Stets unterschätzt wird Punkt drei: aufmerksame Nachbarn. Pflegen Sie Kontakt zu den Nachbarn, tauschen sie Telefonnummern aus. Melden Sie sich bei den Nachbarn ab, wenn sie verreisen und bitten Sie sie, Ihren Briefkasten zu leeren. Wenn Sie im Urlaub oder auf der Arbeit sind, sind diese Menschen die ersten, die verdächtige Situationen sofort registrieren und melden können. Dabei gilt: Auch im Verdachtsfall sollte die Polizei unter 110 kontaktiert werden. Bei einer begründeten Alarmierung kommen keine Einsatzkosten auf die Nachbarn zu."
Weitere Tipps zeigt unser Video.
Vielen Dank für die Unterstützung, Frau Wild und Herr Kriminalhauptkommissar Fritsch!
- Eigene Recherche