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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Krankheit war ausgerottet Deutschland bringt Masern zurück nach Guatemala
In Guatemala sind die eigentlich ausgerotteten Masern zurück, weil in Deutschland nicht ausreichend geimpft wird. Nach einem Schüleraustausch gibt es in Guatemala den ersten Fall seit 20 Jahren.
Ein Mitglied einer Schülergruppe der Deutschen Schule in Guatemala hat von einem mehrmonatigen Aufenthalt in Deutschland die Masern mit in das zentralamerikanische Land gebracht. In Guatemala City wird jetzt großer Aufwand getrieben, um eine Ausbreitung zu verhindern. Eltern von Kindern im Alter zwischen einem und sieben Jahren sollen in nächster Zeit ihre Kinder impfen lassen. Tausende Menschen stehen unter Beobachtung.
Weltgesundheitsorganisation unterstützt Guatemala
Am Samstag hatte das Gesundheitsministerium mitgeteilt, dass sich ein Verdachtsfall bestätigt hat. Ein Labor hatte Masern nachgewiesen. Guatemala und die Nachbarländer sind 2016 von der regionale Unterorganisation der Weltgesundheitsorganisation WHO als masernfrei erklärt worden, in Guatemala hat es laut der Regierung seit 1998 keinen gemeldeten Fall mehr gegeben. WHO-Experten unterstützen das Land nun.
Örtlichen Medienberichten zufolge wurde das Virus bei einem 17-jährigen Jugendlichen in einem Krankenhaus nachgewiesen. Es gibt unterschiedliche Angaben, ob es sich um ein Mädchen oder einen Jungen handelt. Der Patient war zuvor bei im Rahmen eines Austausch der Deutschen Schule Guatemala zu Besuch in Deutschland.
Austausch mit Schule in Lübeck
Die Schule arbeitete in der Vergangenheit für Austausche mit Schulen im fränkischen Lohr, in Sasbach in Baden-Württemberg und in Lübeck zusammen. Vor Weihnachten waren vier Schüler aus Guatemala am Gymnasium Katharineum in Lübeck zu Besuch. Der Lübecker Schulleiter Thomas Schmittinger erfuhr erst durch eine Anfrage von t-online.de von dem Fall. Er wollte Kontakt mit seinem Kollegen in Guatemala aufnehmen.
Auch dem Gesundheitsamt in Lübeck ist kein Masernfall bekannt. Für das Robert-Koch-Institut gibt es mehrere mögliche Erklärungen. Der Patient könne sich bei einem Ausflug angesteckt haben. Denkbar sei auch eine Ansteckung durch eine Person, die dann in einer anderen Region zum Arzt gegangen ist. Trotz der Meldepflicht bereits bei Verdachtsfällen gebe es zudem eine Dunkelziffer.
Masern sind hoch ansteckend. Die Erkrankung bricht in der Regel erst frühestens sieben Tage nach der Infektion aus. Nach Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) endet etwa jede 1000. Infektion tödlich. Gefährlich werden die Masern vor allem durch mögliche begleitenden Lungen-, Hirn- und Hirnhautentzündungen.
Nach Ausrottung Impfquote zurückgegangen
An der Deutschen Schule werden rund 1000 Kinder und Jugendliche von 100 Lehrern unterrichtet, sie sollen ebenso alle geimpft werden wie die Mitarbeiter des Krankenhauses. Die Behörden haben auch versucht, alle Kontaktpersonen des Patienten ausfindig zu machen. Die Bewohner im Umkreis von fünf Wohnblocks um die Wohnung des Erkrankten werden zudem besonders beobachtet.
Der erkrankte Patient hatte offenbar selbst keinen ausreichenden Impfschutz. Nachdem die Krankheit in Guatemala als besiegt galt, ist die Impfquote in dem Land merklich zurückgegangen. Sie liegt nach Zahlen des Gesundheitsministeriums inzwischen bei Kindern weit unter den 95 Prozent, die für notwendig gehalten werden, um eine Verbreitung zu verhindern. Dann wird von einer Herdenimmunität gesprochen.
In Deutschland wurden dem jüngsten entsprechenden Bericht des Robert-Koch-Instituts zufolge im Jahr 2017 926 Masernfälle registriert. Das bedeutet eine Verdreifachung gegenüber dem Vorjahr. Den letzten vorliegenden Berichte für 2017 zufolge wurden in der 51. Woche zwei Fälle aus Schleswig-Holstein und Bayern bekannt, in der 52. Woche fünf Fälle aus Bayern.
WHO-Ziel: Masern bis 2020 ausrotten
Mit der Weltgesundheitsorganisationen WHO haben sich alle Länder das Ziel gesetzt, die Masern bis zum Jahr 2020 auszurotten. In einem Nationalen Aktionsplan hat Deutschland das Ziel ausgegeben, dass mindestens 95 Prozent der Kinder im Alter von 15 Monaten geimpft sein sollen. Tatsächlich wird das Ziel erst bei Kindern im Alter von 24 Monaten erreicht. Die zweite, ebenfalls empfohlene Impfung, bekommt ein noch geringerer Prozentsatz.
2015 hat der Bundestag beschlossen, dass Eltern sich vor der Aufnahme eines Kindes in einer Kita verpflichtend zum Impfen beraten lassen müssen. Im vergangenen Jahr wurde beschlossen, dass die Einrichtungen Eltern an die Gesundheitsämter melden müssen, die sich der Impfberatung verweigern. Eine Impfpflicht gibt es in Deutschland nicht. In Frankreich wurde sie im vergangenen Jahr beschlossen und zu Jahresbeginn ausgeweitet.
Seit 2010 wird die Impfung in Deutschland von der Ständigen Impfkommission des RKI auch für nach 1970 geborene Erwachsene empfohlen, die als Kind nicht oder nur einmal geimpft wurden.
Quellen und weiterführende Informationen:
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.