Debatte neu aufgeflammt Ärzte kritisieren deutsches Beschneidungsgesetz
Ärzte und Kinderschutzverbände kritisieren das deutsche Beschneidungsgesetz. Sie betonen die fehlende Aufklärung über Risiken und Spätfolgen. Außerdem bemängel sie die unnötigen Schmerzen bei Eingriffen.
Fünf Jahre nach Einführung des Gesetzes zur religiös motivierten Beschneidung von Jungen haben mehrere Kinderschutzverbände und Ärztevertreter die Regelung heftig kritisiert. Diese habe "schwerwiegende Auswirkungen" für die betroffenen Jungen, erklärten am Montag unter anderem der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie, die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin und der Kinderschutzverein Mogis. Zudem fehle bislang eine breite Aufklärung der Eltern durch Behörden.
Kinderärzte warnten, dass bei der Beschneidung gerade von Säuglingen den Kindern unnötig Schmerzen zugefügt werden. "Insbesondere in den ersten sechs Monaten nach der Geburt, wenn sogar Nicht-Ärzte eine Vorhautentfernung vornehmen dürfen, werden Beschneidungen oft ohne ausreichende Betäubung und daher nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen", erklärte Christoph Kupferschmid von der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin.
Der Körper wird irreversibel verändert
Nicht medizinisch begründete Beschneidungen "verändern den Körper irreversibel und stehen bei nicht einwilligungsfähigen Jungen nicht im Einklang mit Gesundheitsschutz und Kindeswohl", kritisierte der Experte. Victor Schiering, Vorsitzender des Verins Mogis erklärte, Jungen seien dadurch "per Gesetz ohne jeden wirksamen staatlichen Schutz gestellt".
Die Organisationen forderten mehr Aufklärung über die Risiken und Spätfolgen von Beschneidungen. Nötig sei auch ein breiter nationaler Dialog über den Schutz von Kindern. Nach Ansicht der Ärztevertreter sollten Jungen nur beschnitten werden, wenn sie selbst ihre Zustimmung zu dem Eingriff geben können.
Es gebe "keinen medizinischen und schon gar keinen ärztlich zu rechtfertigenden Grund", bei einem gesunden kleinen Jungen die Vorhaut zu entfernen und dadurch dessen sexuelle Selbstbestimmung "irreversibel und schwer zu beschädigen", kritisierte Matthias Franz von der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie.
Seit 2012 sind Beschneidungen in Deutschland erlaubt
Das Beschneidungsgesetz war Ende 2012 vom Bundestag verabschiedet worden. Es erlaubt die Entfernung der Vorhaut, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt. In den ersten sechs Lebensmonaten dürfen demnach Säuglinge auch von entsprechend ausgebildeten religiösen Beschneidern, die keine Ärzte sind, beschnitten werden.
Das Gesetz war initiiert worden, nachdem ein Kölner Gerichtsurteil die religiöse Beschneidung zuvor als Körperverletzung und damit strafbare Handlung gewertet hatte.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.