Brenzlige Faszination Wie Kinder den Umgang mit Feuer lernen
Kinder sind von Feuer fasziniert. Weil es immer wieder zu verheerenden Brandunfällen kommt, sollten sie frühzeitig den Umgang mit dem gefährlichen Element erlernen.
Schon die Kleinsten sind fasziniert, wenn es knistert und knackt, wenn gelb-orange Flammen eines Lagerfeuers empor züngeln oder wenn das Kerzenlicht flackert. Doch viele Eltern haben Bedenken, wenn ihr Nachwuchs mit Feuer hantiert und verbieten deshalb den Umgang mit Streichhölzern, Feuerzeugen oder Kerzen.
Verbote erhöhen den Reiz des Feuers
Damit wird jedoch häufig das Gegenteil erreicht. Gerade das Verbot macht nämlich die Kinder neugierig und verleitet zum heiklen Spiel mit dem Feuer. Zu tief sitzt bei vielen Erwachsenen noch die "Finger-weg-Pädagogik" früherer Jahre, wo beim Thema Feuer und Kinder sofort das Bild des lichterloh brennenden Paulinchen aus dem Struwwelpeter präsent ist oder Großmutters Spruch "Messer, Schere, Gabel, Licht sind für kleine Kinder nicht."
Mütter und Väter sollten trotzdem versuchen ihre Ängste zu überwinden und lernen, dass Unfälle mit Feuer sich am besten vermeiden lassen, wenn ihre Kinder den Umgang mit dem flammenden Element üben.
Jedes zehnte Brandopfer ist ein Kind
Dass Feuer trotz antiquierter pädagogischer Sprüche jedoch genauso ernst genommen werden muss wie eh und je, lässt sich an den regelmäßig erfassten Brandopferzahlen ablesen. Hier zeigt sich alljährlich, dass außer Kontrolle geratene Feuer schnell zu einem zerstörerischen und tödlichen Inferno werden können.
So gibt es nach Angaben des statistischen Bundesamtes jährlich circa 500 Brandtote in Deutschland, wovon der Anteil der Kinder etwa bei zehn Prozent Kinder liegt. Die Bundesarbeitsgemeinschaft "Mehr Sicherheit für Kinder e.V." berichtet weiter, dass sich zusätzlich etwa 6000 Kinder pro Jahr durch Verbrühungen und Verbrennungen schwere Verletzungen zuziehen. Gerade kleinere Kinder würden häufig Opfer dieser Unfälle.
Brandschutzerziehung ist so wichtig wie Verkehrserziehung
Der Feuerkünstler, Fotograf und Autor Kain Karawahn möchte diese Bilanz senken, indem er für einen offensiveren Umgang mit Feuer plädiert, ohne dabei jedoch die flammende Gefahr zu verharmlosen. Gerade eine Vermeidungsstrategie verhindere, dass Kinder Erfahrungen sammeln könnten und sei deshalb erst Recht brandgefährlich.
In seiner Broschüre "Faszination Feuer", die von der Unfallkasse Berlin und der Aktion "Das sichere Haus" herausgegeben wurde, zeigt er, dass schon Kindergartenkinder ohne Risiko mit Feuer vertraut werden können. Das Motto dabei: "Lasst die Kinder Feuer machen - doch damit herumspielen ohne Regeln ist tabu!"
Für Kain Karawahn ist Brandschutzerziehung genauso wichtig wie Verkehrserziehung: "Unfälle lassen sich nur vermeiden, wenn Kinder lernen mit Feuer umzugehen. Das ist wie im Straßenverkehr. Da üben Eltern doch auch das richtige Verhalten."
Bei seiner "Feuerpädagogik" will der Experte vor allem das Verantwortungsgefühl der Kinder "entzünden" und mit gezielten "Trainingseinheiten" Feuer so weit wie möglich beherrschbar und kalkulierbar machen. Dies praktiziert der Feuerpädagoge seit fast dreißig Jahren erfolgreich bei Workshops und Bildungsprojekten in Kindergärten, Grundschulen und weiterführenden Schulen.
"Feuertraining" für die Kleinsten bewirkt große Nachhaltigkeit
Auch bei Feuerwehren gehört Brandschutzerziehung für Kinder aller Altersklassen selbstverständlich in das Dienstleistungsprogramm. Begonnen wird mit der "Feueraufklärung" ebenfalls schon bei den ganz Kleinen, denn in diesen jungen Jahren, so die Meinung vieler Fachleute, würden sich bestimmte Verhaltensweisen und eine respektvolle Einstellung zu Feuer am besten etablieren.
In fast allen deutschen Städten besuchen deshalb speziell geschulte Feuerwehrmitarbeiter regelmäßig Kindergärten und zeigen, dass Feuer etwas Schönes aber auch sehr Gefährliches sein kann. Dabei wird nicht nur das Entfachen, sondern auch das Löschen eines Feuers geübt.
Die Kinder erfahren außerdem, dass nicht nur Papier und Holz gut brennen, sondern auch Anoraks oder Haare sehr schnell Feuer fangen können. Auch für Erzieher, Lehrer und Eltern bieten die Feuerwehren solche Fortbildungen an, die sie dann an die Kinder weitergeben geben können.
Eine Kerze anzuzünden ist ein komplexer Vorgang
Die bekannteste Standardübung ist das Anzünden einer Kerze. So einfach und selbstverständlich dies für Erwachsene erscheint, so komplex ist der Ablauf für Kinder. Denn sie müssen auf sehr viele Details und Handgriffe achten.
Auch die Kinder der Kita "Hotzenplotz" trainieren dies jeden Tag, wenn sie beim Morgenkreis zusammen sitzen, um den Tag zu besprechen. Heute ist die vierjährige Sofia dran: Vor ihr ein Backblech, darauf eine Kerze im Kerzenleuchter und daneben ein Glas Wasser. "Das habe ich gestern auch mit Papa gemacht", erzählt Sofia, "denn ich darf dann bald die Kerzen auf dem Adventskranz anmachen."
Dann geht es los. Sofia hält sich konzentriert an alles Gelernte: Sie krempelt zuerst die Ärmel hoch, dann schiebt sie mit einem Haarreifen ihre Locken zurück. Jetzt darf sie endlich das Streichholz anzünden. Dabei muss das Kästchen hochkant auf dem Boden liegen, damit man besser mit dem Hölzchen über die raue Zündfläche streifen kann.
Die Bewegung muss vom Körper weggehen und das Streichholz muss möglichst weit unten angefasst werden, damit die Brennstrecke lang ist. Drei Anläufe sind nötig, bis Sofias Streichholz angezündet ist. "Jetzt nach oben halten, sonst wird die Flamme zu groß und brennt zu schnell ab", ruft die Erzieherin.
Erst an der Kerze kippt Sofia das Hölzchen zum Docht, bis dieser brennt und hält das Holz dann schnell wieder in die Senkrechte. Jetzt nur noch von der Seite auspusten und schnell zum Löschen ins Wasserglas, bis es zischt. "Geschafft" ruft Sofia stolz und alle Kinder klatschen.
Das Feuer nie aus den Augen lassen
In die Kategorie "Fortgeschrittene" gehört zum Beispiel ein großes Lagerfeuer, der Favorit vieler Kinder. Doch auch hier können schon die Kleinsten lernen mitzuhelfen - immer unter Beobachtung von Erwachsenen.
Die wichtigste Regel: "Die Kinder müssen wissen: Für ein Feuer, das ich gemacht habe, bin ich verantwortlich. Ich darf es deshalb niemals allein lassen. Es ist mein Freund. Ich muss es hüten." So erklärt Kain-Karawahn bei seinen Workshops die Fürsorgepflicht, die die Kinder für das selbst entfachte Feuer übernehmen. Doch schon bevor die Flammen lodern, muss einiges beachtet werden. Die jungen Feuermacher lernen, dass schon die Auswahl der Materialien entscheidend ist, um Gefahren auszuschließen.
Kain Karawahn zeigt deshalb, dass die gesammelten Stöcke erst sortiert werden müssen. Für die deckende Schicht der "Holzpyramide" eignen sich nur kräftige Exemplare. Im Inneren können zum Anzünden Blätter, Papier oder Reisig verwendet werden. Sie dürfen jedoch nie oben liegen, denn ein Windstoß könnte die brennenden Leichtgewichte auf die Umstehenden wehen.
Außerdem sollten sich in einem Abstand von circa drei Metern rund um die Feuerstelle keine schnell entzündbaren Materialien wie etwa Getreide, trockene Blätter oder Bäume befinden. Und auch Wasser oder Sand zum Löschen müssen immer bereit stehen.
Was das Feuer einmal hat, gibt es nicht mehr her
Die Krönung eines jeden Lagerfeuers ist für Kinder Stockbrot, Kartoffeln oder Würstchen zu "grillen". Dabei fällt natürlich nicht selten etwas in die Glut. Die Leckereien zu "retten“, ist jedoch bei Feuerlehrer Kain Karawahn ein absolutes Tabu. "Versucht nie etwas wieder heraus zu fischen. Was das Feuer einmal hat, gibt es nicht mehr her!“ So eindringlich ermahnt der Pädagoge dann seine Schüler. Denn er möchte, dass die Kinder trotz des Spaßes nie leichtsinnig werden und sich immer die zerstörerische Natur von Feuer bewusst machen.
Kerzen anzünden und Lagerfeuer vorbereiten sind nur zwei Lektionen in einem großen Katalog der Brandschutzerziehung. Damit Kinder aller Altersstufen einen verantwortungsvollen Umgang mit den feurigen Element entwickeln und Gefahren richtig einschätzen lernen, sollten sich auch Eltern mit weiteren Brandschutz-Maßnahmen vertraut machen, um sie ihrem Nachwuchs dann zu vermitteln. Wir haben zehn Tipps zusammengestellt.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.