Studie zeigt große Unterschiede Verbraucherschützer warnen vor hohen Strafzinsen bei Krediten
Wer seinen Kredit vorzeitig kündigt, muss oft eine hohe Entschädigung an die Bank zahlen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) warnt Kreditnehmer vor zu hohen Strafzinsen. Denn Banken kassieren oft überzogene Summen für die sogenannten Vorfälligkeitsentschädigungen, mit denen entgangene spätere Zinseinkünfte ausgeglichen werden sollen. In knapp zwei Dritteln der vom vzbv analysierten Fälle seien diese Strafzahlungen "signifikant überhöht" gewesen. Teils seien dabei Forderungen von mehreren zehntausend Euro zusammengekommen.
In Deutschland liegt es an der Kulanz der Banken, ob sie sich auf eine vorzeitige Rückzahlung von Krediten einlassen. Denn normalerweise wird für einen Kredit eine feste Laufzeit vereinbart. Die Vorfälligkeitsentschädigung ist in ihrer Höhe gesetzlich gedeckelt. Laut Verbraucherkreditrichtlinie darf sie höchstens ein Prozent der ausstehenden Kreditsumme betragen.
Die Verbraucherzentralen haben jetzt knapp 3000 Fälle aus den Jahren 2009 bis 2013 untersucht, bei denen Verbraucher vorzeitig Immobilienkredite von über 330 Millionen Euro zurückgezahlt haben und dafür rund 30 Millionen Euro an Vorfälligkeitsentschädigungen zahlen mussten, heißt es in dem Bericht.
Große Differenzen
In 40 Prozent der Fälle stellten die Verbraucherschützer eine Differenz von mehr als zehn Prozent zwischen den von den Banken geforderten und den von der Verbraucherzentrale errechneten Vorfälligkeitsentschädigungen fest. Bei rund einem Fünftel der Fälle lag die von der Bank verlangte Entschädigung 20 Prozent über der von der Verbraucherzentrale berechneten Höhe. In zwölf Prozent der Fälle sogar mehr als 30 Prozent.
Strafzahlungen können Existenzen bedrohen
Lagen die Strafzahlungen in den Jahren 2007 und 2008 noch bei durchschnittlich vier Prozent des abgelösten Restkapitals, stiegen sie in den Jahren 2012 und 2013 auf rund elf Prozent. "Durch die Niedrigzinsphase haben die Belastungen für Verbraucher eine neue Dimension erreicht", sagt Dorothea Mohn vom vzbv. "Die aktuelle Höhe der Vorfälligkeitsentschädigungen ist für viele Verbraucher existenzbedrohend."
Verbraucherschützer fordern standardisierte Berechnungen
Die EU hat vergangenes Jahr die Rechte der Verbraucher bei Immobilienkrediten gestärkt. Demnach müssen die Institute Kunden genau über die spätere Zins- und Tilgungslast aufklären. Dazu müssen die Anbieter ein einheitliches europäisches Informationsblatt nutzen, damit Kreditnehmer Hypothekenkredite europaweit besser vergleichen können.
Deutschland muss die EU-Richtlinie bis zum Jahr 2016 umsetzen. Doch die Reformen gehen den Verbraucherschützern nicht weit genug. "Die Regeln für die Berechnung von Vorfälligkeitsentschädigungen müssen endlich eindeutig, transparent und fair werden", fordert Mohn. "Zudem bedarf es eines Schutzes vor extremen Ausschlägen bei den Ausgleichsforderungen." Der vzbv fordert deshalb eine neue, gesetzlich standardisierte Berechnungsmethode für Vorfälligkeitsentschädigungen. Die Forderungen sollten auf höchstens fünf Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Kredits gedeckelt werden.
Strafzahlungen in anderen EU-Staaten niedriger
Den Reformbedarf unterstreicht auch ein vom vzbv in Auftrag gegebenes Gutachten, das die Regelungen zur Vorfälligkeitsentschädigung in acht europäischen Ländern vergleicht: Bei stark fallenden Zinsen ist die deutsche Vorfälligkeitsentschädigung so hoch wie in keinem anderen der Vergleichsländer.
Kreditkunden können ihren bestehenden Vertrag auch bei Verbraucherzentralen untersuchen lassen. Das kostet etwa 70 Euro.