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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Rente ab 70 diskutiert "Längere Lebensarbeitszeit ist allen zuzumuten"
Die Forderung nach einem höheren Renteneintrittsalter wird wieder lauter. t-online-Leser diskutieren die Rente ab 70.
Stefan Wolf, Chef des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, sorgt mit seiner Idee für Furore, das Renteneintrittsalter auf 70 zu erhöhen. Nachdem sich Florian Schmidt, Ressortleiter für Wirtschaft und Finanzen, und Chefreporterin Miriam Hollstein in einem Pro & Kontra darüber stritten, meldeten sich Hunderte t-online-Leser zu Wort.
Die meisten schlagen sich auf die Seite der Kommentatorin gegen eine Steigerung des Renteneintrittsalters. Auch das Pro erhält teilweise Zuspruch. Viele Leser stellen das Konzept Rente grundsätzlich in Frage.
"Längere Lebensarbeitszeit ist jedem zuzumuten"
"Die Feststellung des Arbeitgeberverbandchefs sowie das Ja Florian Schmidts teile ich vollumfänglich", leitet t-online-Leser Kai Endtmann seinen Meinungsbeitrag ein. "Die Anhebung des Rentenalters ist eine lange überfällige Notwendigkeit und die vorübergehende Senkung auf 63 Jahre war die größte Fehlentscheidung der vergangenen Jahre", findet er.
Seine Begründung: "Sie hat nicht nur zu verringerten Einnahmen in der Rentenkasse geführt, sondern darüber hinaus enormen volkswirtschaftlichen Schaden angerichtet, da sie den ohnehin vorhandenen Fachkräftemangel noch verstärkt hat. Besonders die aufgeführte Begründung mit der angeblich schweren Arbeit lasse ich so nicht gelten. In allen Lebensbereichen haben wir heute Hilfsmittel die uns die Arbeit gegenüber früherer Zeit verbessern."
Er sei selbst im Bausektor tätig, wo die Arbeit im Vergleich zu vielen anderen Branchen schon immer körperlich schwer war – "und auch noch ist", so Endtmann. "Dennoch haben sich über die Jahre Arbeitszeiten verkürzt, Urlaubstage erweitert sowie Arbeitsschutzvorschriften körperliche Erschwernisse enorm begrenzt. Weiterhin hat der technische Fortschritt zu großen Erleichterungen geführt", schreibt er weiter.
"Die Arbeitsbedingungen sind nicht mehr mit denen von vor 20 bis 30 Jahren zu vergleichen. Somit ist diese Argumentation ein Lamentieren auf sehr hohem Niveau. Eine längere Lebensarbeitszeit ist somit allen zuzumuten."
"Bin mir sicher, das nicht zu schaffen"
t-online-Leser Pascal Rigler versorgt Menschen mit Behinderung, wie er berichtet. Er schreibt: "Ich bin jetzt knapp 50 Jahre alt. Ich arbeite in diesem Bereich seit jetzt 26 Jahren und bin mir sicher, das nicht bis 65 zu schaffen. Die körperlichen und psychischen Anforderungen sind dafür viel zu hoch. Ich habe jetzt schon Stunden und somit Rente reduziert. Werde definitiv früher und mit Abstrichen gehen müssen."
"Es ist doch logisch, dass länger gearbeitet werden muss"
"Dass bei uns länger gearbeitet werden muss, muss jedem klar sein", schreibt t-online-Leserin Hildegard Köhler. "Die Menschen werden immer älter, gehen nicht mehr mit 14 oder 15 in die Lehre. Sie studieren auch länger. Also ist doch logisch, dass länger gearbeitet werden muss. Die Rente mit 63 Jahren ohne Abschlag hat unserem Rentensystem den Rest gegeben", sagt sie.
Hildegard Köhler ist dafür, nicht alle über einen Kamm zu scheren. "Auch jemand im Büro muss seine Arbeit leisten. Aber es ist doch ein Unterschied, ob ein Dachdecker, Maurer oder ein körperlich hart arbeitender Handwerker jeden Tag acht Stunden am Bau ist oder ob ich im Büro sitze." Sie hofft, es werde dahingehend mit gesundem Menschenverstand entschieden.
"Es ist unvorstellbar und auch unfair"
t-online-Leserin Petra Bartels teilt uns mit, dass sie im Einzelhandel arbeitet, aber nicht mehr in Vollzeit tätig ist. "Das würde ich psychisch und physisch nicht mehr schaffen", da ist sich die 61-Jährige sicher. "Wir müssen immer mehr Arbeiten nebenbei erledigen. Was vor Corona drei Kolleginnen abgearbeitet haben, muss heute eine alleine schaffen. Die Vollzeitkollegen haben kaum Freizeit und bekommen später eine winzige Rente. Es ist unvorstellbar und auch unfair, dass man das bis 70 Jahre leisten soll."
Auch Petra Bartels meint: "Man darf nicht alle Berufe über einen Kamm scheren. Jemand, der einen Verwaltungsjob ausübt, ist körperlich wahrscheinlich nicht so ausgepowert wie ein Handwerker, ein Straßenbauarbeiter oder eine Krankenschwester."
"Bedingungsloses Grundeinkommen wird Rentenversicherung ersetzen"
t-online-Leser Ralph Schiller hingegen hält nichts davon, zwischen Berufsgruppen zu unterscheiden: "Eine berufsbezogene Frühverrentung ist in der praktischen Umsetzung nicht zu machen. Es würde ein Hauen und Stechen geben, welche Berufe das betreffen soll. Es gäbe haufenweise Gewinner und Verlierer und eine entsprechende weitere Gesellschaftsvergiftung. Sowas kann man nicht gerecht ausgestalten", glaubt er.
Seiner Einschätzung nach werde weder eine Rente mit 70 noch eine 42-Stunden-Woche kommen, wie Finanzminister Christian Lindner kürzlich vorschlug. Ralph Schiller vermutet eine andere Entwicklung:
"Wenn heute 20- oder 30-Jährige in das Rentenalter kommen, gehe ich davon aus, dass bis dahin längst in bestimmten Stufen ein Bedingungsloses Grundeinkommen die Arbeitslosen- und Rentenversicherung weitestgehend ersetzt haben wird." Junge würden längst begreifen, "dass wir mit den derzeit noch laufenden Sozialsystemen keinesfalls mehr dieses 21. Jahrhundert durchschreiten werden".
"Es bleibt nicht anderes übrig, als den Generationenvertrag abzuschließen"
Auch t-online-Leser Norbert Kolb glaubt nicht mehr an den Generationenvertrag, sondern an Selbstverantwortlichkeit: "Eine Generation muss in den sauren Apfel beißen, für die ältere Generation zu zahlen und gleichzeitig für sich Vorsorge zu treffen. Ab der nächsten Generation bleibt nichts anderes übrig, als den Generationenvertrag abzuschließen und Eigenverantwortung zu übernehmen, heißt: für sich selbst vorzusorgen."
Für Norbert Kolb steht fest: "Immer mehr Kinder in die Welt zu setzen, damit die Rente bezahlbar bleibt, ist auch nicht die Lösung. Wir sind sowieso schon zu viele Menschen."
"Ein späteres Renteneintrittsalter ist zumutbar"
"Es gibt auch Arbeitnehmer, die gern ihre Arbeitszeit verlängern würden", weiß t-online-Leser Heinrich Reccius. "Lassen wir das zu und entlohnen sie dafür mit Zuschlägen bei der Altersversorgung", schlagt er vor. "Ein späteres Renteneintrittsalter ist zumutbar."
Es müsse ja nicht gerade bei 70 liegen, selbst ein Jahr weniger wären genug und würden einen Unterschied machen. Für Heinrich Reccius war das Jahr des Renteneintritts nie ein Thema, wie er verrät, "die Lebensqualität und Selbstbestimmung im Alter aber schon".
Grundsätzlich erkennt er: "Das Thema ist geeignet, gesellschaftliche Gruppen mit Allgemeinplätzen gegeneinander auszuspielen. Es geht aber darum, Lösungen für ein äußerst wichtiges Problem zu finden. Wir müssen das Thema emotionsarm diskutieren. Der Diskurs muss sachlich geführt werden und alle Facetten berücksichtigen."
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