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Europas Wirtschaft: Wie steht es wirklich um die Aktienmärkte?


Konjunktur und Aktienkurse
Die Stimmung hat sich gedreht

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 22.11.2022Lesedauer: 3 Min.
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Dax-Kursanzeige in Frankfurt (Archivbild): Wann erholt sich die Wirtschaft wieder? (Quelle: Alex Kraus/Bloomberg/getty-images-bilder)

Im Sommer waren die Prognosen für Europas Wirtschaft zu düster. Jetzt aber werden sie möglicherweise schon wieder zu rosa gemalt.

In den vergangenen Monaten hat sich die Stimmung gedreht, wieder einmal. Die deutsche Wirtschaft werde zwar in eine Rezession rutschen, aber die falle wahrscheinlich nicht so schlimm aus wie von vielen im Frühjahr und Sommer noch befürchtet. Die Lage sei besser als die Stimmung in der Bevölkerung oder bei kleinen und mittleren Unternehmen. Einige Beobachter der Europäischen Zentralbank sehen sogar den Zinszyklus schon am Höhepunkt, die Gas- und Rohstoffpreise sind in den vergangenen Wochen schließlich deutlich gefallen.

Die Aktien haben seit Ende Oktober eine so rasante Bergfahrt angetreten, dass manche schon von einer großartigen Jahresendrallye träumen. Doch für das große Aufatmen ist es wahrscheinlich zu früh.

Viele Belastungen existieren weiter

Ja, wesentliche Risikofaktoren haben sich abgemildert. Eine Gasnotlage wird es aller Voraussicht nach nicht geben, auch regionale Strom-Blackouts werden inzwischen für eher unwahrscheinlich gehalten. Die Lieferketten werden geschmeidiger, der Euro hat zuletzt gegenüber dem Dollar wieder leicht aufgewertet – auch das macht den Einkauf von Öl, Kohle und Gas etwas günstiger.

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Andere Belastungen aber existieren weiter: Die hohen Energiekosten werden die Wirtschaft mindestens noch ein weiteres Jahr drücken. Niemand kann sagen, wie sich China und damit Ex- und Import in den kommenden Jahren weiter entwickeln werden. Die Strategie, unabhängiger von einzelnen Ländern zu werden, kann funktionieren. Aber sie kostet Geld. Und der Umbau der Wirtschaft zu Klimaneutralität wird den Unternehmern umso schwerer fallen, je teurer sie die Kredite bezahlen müssen.

Börse der Gegenwart

Normalerweise wird an den Börsen die Zukunft gehandelt. Diesmal aber wird vor allem die Gegenwart betrachtet und fortgeschrieben. Das ist gefährlich. Denn noch profitieren viele Branchen von den enormen Auftragsbeständen, die sie in den vergangenen Monaten nicht abarbeiten konnten. Was danach kommt, wagen die wenigsten zu prognostizieren. Die meisten hoffen einfach, dass der Aufschwung wieder da ist, bevor die Auftragsbestände auf ein kritisches Niveau gesunken sind. Das ist leichtsinnig.

Denn es geht nicht nur um die Arbeit, die noch da ist. Anleger sollten auch genau hinschauen, ob die Firmen die gestiegenen Einkaufspreise weitergeben können. Das scheint längst nicht überall der Fall zu sein. Das Münchner Ifo-Institut hat die Unternehmen gefragt, und die Ergebnisse sind gemischt: Nur ein Drittel der gestiegenen Einkaufspreise werden zurzeit an die Kunden weitergereicht. Wenn aber die Firmen auf einem großen Teil dieser Kosten sitzenbleiben, drückt das die Renditen. Am wenigsten gelingt es dem Handel und anderen Dienstleistern, die Preise weiterzugeben.

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Das aber heißt: Diese Unternehmen werden noch eine ganze Weile damit leben müssen, dass die Preise steigen, das Wachstum dennoch schlappmacht und der Kunde am Ende nicht so viel kauft wie erhofft. Die Hoffnungen auf eine stabile Gasversorgung durch die neuen großen Terminals für Flüssiggas sind mit der Inbetriebnahme der ersten Anlage in Deutschland in der vergangenen Woche wieder gestiegen.

Deutschland braucht langfristige Lieferanten

Vor den Küsten Europas lungern reichlich beladene LNG-Schiffe herum, deren Kapitäne auf winterliche Temperaturen auf dem alten Kontinent hoffen. Sie wollen das Gas erst anlanden, wenn die Preise etwas steigen. Doch das derzeitige Überangebot täuscht über die wahre Lage hinweg. Nicht nur Pipeline-Gas, auch das heruntergekühlte Gas auf den Tankschiffen wird normalerweise in langfristigen Kontrakten gehandelt. Wenn Deutschland und Europa 2023 ihre Lager wieder füllen wollen, müssen sie Lieferanten gewinnen, die wahrscheinlich schon in anderen Verträgen stecken. Dafür muss man höhere Preise bieten.

Optimismus ist eine prima Sache – er darf nur nicht in Naivität umschlagen. Die kriegsbedingte Wirtschaftskrise ist noch nicht vorbei.

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