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Mobbing: Auch Minderjährige können belangt werden


Mobbing: Haftung ab sieben
Auch Kinder können rechtlich belangt werden

Seitdem Hänseleien gegen Kinder und Jugendliche größtenteils per Smartphone & Co. im virtuellen Raum stattfinden, hat Mobbing eine gefährliche, unkontrollierbare Qualität bekommen. Doch die Opfer solcher Hasstiraden und Attacken können sich rechtlich zur Wehr setzen - sogar gegen Täter, die noch strafunmündig sind.

Aktualisiert am 28.11.2016|Lesedauer: 4 Min.
t-online, Nicola Wilbrand-Donzelli
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Beleidigt, erniedrigt und verhöhnt: Wenn Kinder und Teenager von Gleichaltrigen als Opfer oder Loser beschimpft werden, weil sie Außenseiter sind oder sich nicht wehren können, war das schon immer ein grausames Spiel und ein emotionaler Spießrutenlauf für die Betroffenen.

Mobbing setzt den Betroffenen stark zu.Vergrößern des Bildes
Mobbing setzt den Betroffenen stark zu. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Hetze mit maximaler Öffentlichkeitswirkung

Heue kommt hinzu, dass sich die Schmähungen unkontrolliert verbreiten und jahrelang im Netz verbleiben - jederzeit griffbereit.

Wie viele Teenager vom Cybermobbing betroffen sind, fand 2014 die JIM-Studie heraus. Danach gab fast jeder fünfte befragte Jugendliche zwischen zwölf und 19 Jahren an, dass über ihn schon Falsches oder Beleidigendes im Netz verbreitet wurde.

Durch Mobbing in den Tod getrieben

Für gemobbte Kids sind solche Erfahrungen nicht selten traumatisch - vor allem wenn die quälenden Attacken über viele Monate andauern. Sie sind fundamental verunsichert, ziehen sich zurück, geraten in Isolation, vertrauen sich niemandem mehr an und ihre Leistungen in der Schule lassen nach. Bei manchen Jugendlichen ist die Verzweiflung schließlich so erdrückend, dass sie nicht mehr leben wollen.

So erlangte beispielsweise der Suizid der 15-jährigen Kanadierin Amanda Todd traurige Berühmtheit - vorher veröffentlichte sie noch einen Hilferuf auf Youtube - nachdem sie wegen eines im Netz verbreiteten Nacktfotos systematisch niedergemacht wurde. Und der 13-jährige Joël aus Österreich warf sich vor einen Zug, nachdem er wochenlang von einem anonymen Absender bösartige E-Mails erhielt, die ihn als schwul beschimpften.

Täter, die diese Art Psychoterror betreiben, bedenken meist nicht die Tragweite ihres Tuns. Sie agieren in vermeintlich sicherer Deckung und schwimmen unter Umständen in einer großen Masse mit - als einer unter vielen Akteuren. Unrechtsbewusstsein, Einfühlungsvermögen und Mitleid für das gepeinigte Opfer sucht man dann vergebens.

Mobbing mit strafrechtlichen und zivilrechtlichen Mitteln bekämpfen

Grundsätzlich gilt: Virtuelle Verunglimpfungen, Beschimpfungen und Bedrohungen aber genauso auch Mobbing auf dem Schulhof sind keine Kavaliersdelikte. Sie können sowohl strafrechtlich - das betrifft dann Täter über 14 Jahren - aber auch zivilrechtlich verfolgt werden.

Es gehe dabei um nicht weniger als um die Menschenrechte der Betroffenen, so die Mainzer Anwälte für Urheber- und Medienrecht Karsten Gulden und Tobias Röttger. Auf ihrer Webseite heißt es: "Beleidigungen, üble Nachreden und Verleumdungen sind Straftaten, die nicht hingenommen werden müssen."

Die Chancen, hier juristisch etwas auszurichten, sind vor allem dann groß, wenn der Täter bekannt und seine Machenschaften nachweisbar sind. Das trifft auf viele Fälle zu. Über 50 Prozent der von Mobbing betroffenen Kinder und Jugendlichen - so das Ergebnis einer repräsentativen Forsa-Umfrage - kennen ihre Peiniger.

Auch Täter unter 14 Jahren können zur Verantwortung gezogen werden

Sogar wenn die Urheber der Hetze - ob auf dem Schulhof oder im Netz - noch sehr jung sind, kann man sie juristisch in die Schranken weisen. Es sei ein verbreiteter Irrglaube, dass man gegen Minderjährige nichts machen könne, erklären die Mainzer Rechtsexperten: "Richtig ist, dass Schüler erst ab 14 Jahren strafmündig werden. Das bedeutet, dass der 13-jährige Mobber in strafrechtlicher Hinsicht ungeschoren davon kommt, wenn man ihn bei der Polizei anzeigen würde. In zivilrechtlicher Hinsicht kann dies jedoch anders aussehen!"

Bevor betroffene Familien die Initiative ergreifen, sollten die Eltern, wenn es sich um Vorfälle mit Mitschülern handelt, zunächst entweder die Lehrer, die Schulleitung und die Eltern des Täters auffordern, das Mobbing beziehungsweise Cyber-Mobbing zu unterbinden, so die Empfehlung der Juristen.

Mit Abmahnungen gegen Mobbing vorgehen

Wenn diese Maßnahme ins Leere läuft, besteht die Möglichkeit, den Täter mit fachanwaltlicher Unterstützung kostenpflichtig wegen Mobbing abzumahnen und ihn so zur Rechenschaft zu ziehen. Denn eine zivilrechtliche Haftung kann schon ab dem siebten Lebensjahr beginnen.

Dabei muss den Erziehungsberechtigten der Gegenseite im Vorfeld das Fehlverhalten ihres Kindes ausführlich erläutert werden. "Im nächsten Schritt werden die Eltern dann aufgefordert, für ihren Sohn oder die Tochter zu erklären, dass kein Mobbing mehr betrieben wird. Zudem müssen sie die vertragliche Zusicherung geben, dass sie im Falle eines weiteren Mobbings durch ihren Nachwuchs eine sogenannte Vertragsstrafe zahlen werden", heißt es dazu bei der Fachanwaltskanzlei Gulden Röttger.

Die Eltern des Mobbers müssen zahlen

Zwischen 2500 und 5000 Euro zuzüglich der Anwaltskosten können schließlich anfallen, wenn gegen diese Abmachung verstoßen wird. Zahlungspflichtig sind dann zumeist die Eltern des Mobbers, weil sie gegen ihre Erziehungspflichten verstoßen haben. Zudem besteht auch die Möglichkeit, Ansprüche auf Unterlassung per Gericht durchzusetzen.

Medienerziehung in den Schulen kann vorbeugen

Fachleute sind überzeugt, dass bereits das Wissen um mögliche rechtliche Folgen so großen Eindruck auf Heranwachsende machen könnte, dass sie schnell verinnerlichten, Beschimpfungen und Hetzerei gegen Dritte nicht mehr als harmloses Spiel anzusehen. Das betrifft besonders den Umgang miteinander im virtuellen Kosmos.

Die Schule könnte hierbei eine wichtige Rolle spielen, indem sie beispielsweise schon bei Zehnjährigen beginnt, Medienerziehung als regelmäßige Unterrichtseinheit einzuführen. Den Kindern wird so frühzeitig vermittelt, welche rechtlichen und moralischen Grenzen bestehen, wenn man sich über andere öffentlich äußert und welche Möglichkeiten es gibt, sich bei Regelverstößen zur Wehr zu setzen.

Nicht wegschauen

Wird der Rahmen jedoch nicht respektiert und die Persönlichkeitsrechte Dritter durch minderjährige Mobber massiv verletzt, rät die Kanzlei Gulden Röttger betroffenen Eltern ebenso wie verantwortlichen Lehrern auf keinen Fall wegzuschauen, sondern zu handeln - mit allen Konsequenzen. "Rechtliche Schritte gegen die Täter sollten nicht gescheut werden, noch darf das Thema tabuisiert oder bagatellisiert werden. Schülermobbing ist letztendlich die Folge von mangelndem Verantwortungsgefühl für den Mitmenschen."

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