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Ohrloch stechen: Ab wann sind Ohrringe bei Kindern unbedenklich?


Schmuck oder Körperverletzung?
Ab wann sind Ohrringe bei Kindern unbedenklich?

Mädchen-Eltern wissen, dass sich häufig schon die ganz Kleinen Ohrringe wünschen. Aber ab wann sind Ohrlöcher bei Kindern eigentlich unbedenklich? Wir sagen, worauf Eltern achten sollten.

Aktualisiert am 11.01.2017|Lesedauer: 4 Min.
dpa, t-online, cst, mmh
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Bereits kleine Mädchen sind fasziniert von Schmuck - viele Mamas machen es vor und auch der Handel offeriert ein großes Angebot an Armreifen, Ketten und Haarspangen schon für die Allerkleinsten. Einem Kleinkind oder gar Baby Ohrlöcher stechen zu lassen, geht über das reine "Schmücken" jedoch hinaus.

Schon kleine Mädchen sind von Schmuck wie Ohrringen fasziniert.Vergrößern des Bildes
Schon kleine Mädchen sind von Schmuck wie Ohrringen fasziniert. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Ärzte warnen vor Ohrlöchern bei Minderjährigen

Für Kinderärzte ist der Fall klar. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) warnt vor dem Stechen von Ohrlöchern bei Kindern. "Ohrlochstechen, Tätowierungen und Piercings bei Minderjährigen sind aus unserer Sicht Körperverletzung", sagt BVKJ-Ehrenpräsident Wolfram Hartmann. "Jeder Eingriff in den intakten Körper eines Kindes ist problematisch."

Angriff auf die körperliche Integrität

Die selbe Meinung vertritt der Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie, Friedrich-Wilhelm von Hesler. "Jeder Angriff auf die körperliche Integrität ist eine Körperverletzung - auch das Ohrlochstechen", findet der in Hannover und Berlin praktizierende Arzt. "Das Kind kann nicht einwilligen und die Eltern dürfen nicht in alles einwilligen." Kinder ab 14 Jahren sollten selbst entscheiden - wenn sie strafmündig sind - aber ausdrücklich nur mit Einwilligung der Eltern.

Ohrlöcher bei kleinen Kindern seien nicht notwendig, sagt von Hesler. "Die Ohrringe sind doch eher Schmuck für die Eltern." Er habe schon erlebt, dass die Wunden nicht gut heilten. "Wenn das Ohrläppchen abfault, ist man fürs ganze Leben entstellt."

Wann Juweliere und Piercing-Studios Einwilligung verlangen

Derzeit gibt es für Tätowierungen und Piercings - und damit auch das Stechen von Ohrlöchern - in Deutschland keine gesetzliche Altersgrenze. Die Berufsverbände haben sich unterschiedliche Regelungen auferlegt. Die Europäische Vereinigung für professionelle Piercings (EAPP) spricht sich gegen Eingriffe bei Jugendlichen unter 14 Jahren aus.

"Das lehnen wir grundsätzlich ab", sagt die EAPP-Vorsitzende Martina Lehnhoff. Bei älteren Jugendlichen werde die Zustimmung beider Elternteile gefordert. Diese müssten auch beim Vorgespräch anwesend sein, wo sie über die Risiken, die Pflege sowie die Nachsorge aufgeklärt würden.

Der Bundesverband der Juweliere, Schmuck- und Uhrenfachgeschäfte (BVJ) sieht hingegen keine Notwendigkeit für eine Altersgrenze. "Wir können den Erziehungsberechtigten ihre Verantwortung nicht abnehmen", sagt BVJ-Geschäftsführer Joachim Dünkelmann. Die Empfehlung des Verbandes lautet, bei unter 16-Jährigen die Einwilligung und Anwesenheit eines Erziehungsberechtigten zu fordern.

Bei Jugendlichen ab 16 Jahren ist nach Ansicht des BVJ eine schriftliche Einverständniserklärung ausreichend. Der Verein Deutsche Organisierte Tätowierer (DOT) lehnt Tätowierungen für Jugendliche unter 18 Jahren ab.

Das sind die Risiken von Ohrschmuck

Ohrlochstechen wird landläufig als harmlos betrachtet. Doch tatsächlich bestehen einige Risiken:

  • Nickel-Allergie: Seit 1998 dürfen die ersten Stecker, die in der frischen Wunde verbleiben, nicht mehr als 0,05 Prozent Nickel enthalten. Immer wieder ergeben Messungen, dass Ohrstecker weit mehr Nickel enthalten. Entwickelt sich eine Allergie, ist diese dauerhaft. Allerdings ist es äußerst schwierig, im Alltag Nickel zu vermeiden, da der Allergieauslöser in so vielen Gegenständen enthalten ist: Beispielsweise in Schmuck (Gold und Silber), Armbanduhren, Türklinken, Reißverschlüssen, Knöpfen, Scheren, Münzen, Implantaten aus Chirurgenstahl. Achtung: Der Hinweis "Oberfläche nickelfrei" bedeutet meist nichts anderes, als, dass das nickelhaltige Schmuckstück nur mit einer Lackierung überzogen ist, die sich auflösen kann.
  • Das Schießen: Meist wird eine sogenannte Ohrlochpistole verwandt. Diese Methode ist verbreitet, aber nicht empfehlenswert. Der stumpfe Erststecker wird mit Druck durch das Gewebe gepresst und zerfetzt es gleichsam, es wird geschädigt und heilt langsamer. Die schonendere Methode ist das Stechen mit einer sterilen Einmalnadel von einem Arzt oder in einem seriösen Piercingstudio.
  • Sterilisieren: Ein weiteres Problem der Ohrlochpistolen ist, dass sie nicht medizinisch einwandfrei sterilisiert werden können. Sie könnten also auch Krankheitserreger in die offene Wunde einbringen.
  • Verschlucken: Vor allem bei kleinen Kindern besteht die Gefahr, dass sie Kleinteile verschlucken könnten, wenn sie an den Ohrringen herumspielen und die sich lösen. Am besten sollte man Kleinkindern nur flache Stecker, nicht hängende Ringe oder baumelnden Ohrschmuck geben.

Die richtige Pflege für Ohrlöcher

  • Für die Erststecker eignet sich am besten Titan, der nickelfrei ist. Diese Erstecker verbleiben mehrere Wochen im Ohr. Ist das Ohr abgeheilt, kann auch Gold- und Silberschmuck getragen werden.
  • Juweliere empfehlen zwar häufig, die ersten Stecker täglich im Ohrloch zu drehen, das ist aber nicht nötig, verletzt sogar den Heilprozess im Hautkanal. Verkrustungen und festsitzende Stecker lösen sich von selbst wieder.
  • Diese Erststecker müssen auch beim Sport getragen werden. Dann wegen der Verletzungsgefahr unbedingt mit Pflaster abkleben. Später müssen Ohrringe beim Sport - vor allem bei Mannschaftssportarten mit Körperkontakt - entfernt werden.
  • Reizung meiden: Nicht an den Steckern herumspielen, nicht sofort Haare waschen, zwei Wochen nicht baden gehen, nur mit sauber gewaschenen Händen an das Ohr fassen, täglich Desinfektionslösung an das Loch tröpfeln.
  • Das Einsetzen und Herausnehmen so üben, dass der Stecker nicht verloren gehen kann.

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