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Konsequent und ohne Wut: Sinnvolle Strafen


Konsequent und ohne Wut
Sinnvolle Strafen brauchen viel Feingefühl

Wenn trotzige Kleinkinder zur Verteidigung des Sandkastens auch mal die Schippe benutzen oder aufmüpfige Teenager aus Prinzip "Nein" sagen und alle Regeln ignorieren, kommen Eltern oft an ihre Grenzen. Doch was sind sinnvolle Strafen?

Aktualisiert am 15.03.2019|Lesedauer: 5 Min.
t-online, Nicola Wilbrand-Donzelli
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Es ist noch gar nicht so lange her, dass körperliche Gewalt ein gängiges, anerkanntes Erziehungsmittel war und ein Rohrstock leider ein bewährtes Instrument, um Kindern unbedingten Gehorsam einzubläuen oder sie zu bestrafen. Der Standpunkt "eine Ohrfeige hat noch niemandem geschadet" geistert immer noch in manchem Kopf herum.

Wie sehen sinnvolle Strafen in der Kindererziehung aus?Vergrößern des Bildes
Wie sehen sinnvolle Strafen in der Kindererziehung aus? (Quelle: Choreograph/Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Doch glücklicherweise gehören solche oder ähnlich drastische Maßnahmen nicht mehr ins pädagogische Repertoire der meisten Eltern, sondern gelten heute als Tabu. Kinder haben per Gesetz ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Paragraph 1631, Absatz II des Bürgerlichen Gesetzbuches besagt, dass körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen unzulässig sind.

Kein Patentrezept für sinnvolle Strafen

Erziehung, die auf Einschüchterung und Gehorsam beruht, ist nicht mehr zeitgemäß. Mehr denn je müssen Eltern heute Fingerspitzengefühl beweisen, um ihren Kindern die Regeln des Zusammenlebens zu vermitteln und ihnen gleichzeitig Grenzen aufzuzeigen. Dabei sind Fehlverhalten und Konflikte unvermeidbar.

Doch welche Sanktionen sind "pädagogisch wertvoll"? Dies pauschal mit jederzeit passenden "Bestrafungsrezepten" zu beantworten, ist kaum möglich. Denn zu verschieden sind die Kinder und zu vielfältig die Situationen, in denen etwas aus dem Ruder laufen kann.

Machtdemonstration und Erniedrigung sind tabu

Damit erzieherische Konsequenzen tatsächlich sinnvoll sind und einen Lerneffekt haben, können Eltern schon im Vorfeld bestimmte Grundsätze beherzigen: Zunächst einmal müssen sich die Erziehungsberechtigten klar darüber werden, dass es bei einer Bestrafung nicht darum geht, Macht zu demonstrieren oder das Kind zu erniedrigen. Es geht lediglich um das Verhalten und nicht um die Person.

Das Ziel sollte sein, dass ein Kind einen bestimmten Fehler kein zweites Mal begeht. Nie darf das Kind trotz des Konflikts das Gefühl haben, nicht geliebt zu werden und den Eindruck gewinnen, dass es aus Rachsucht bestraft wird. Das würde Ängste und Selbstzweifel auslösen.

Regeln müssen vertraut sein

Wichtig ist außerdem, dass ein Kind weiß, was erlaubt ist und was nicht. Nur dann kann es einschätzen, wann es gegen eine Regel verstößt. Außerdem muss es vorher informiert sein, was passiert, wenn es bestimmte Regeln missachtet. Eltern können so auf Absprachen hinweisen und sinnvolle Sanktionen verhängen.

Eine Rolle spielt auch, ob ein Kind absichtlich ein Verbot missachtet. Wer Verfehlungen bestraft, die versehentlich geschehen sind, stört empfindlich das gegenseitige Vertrauensverhältnis.

Konsequenzen angemessen dosieren

Auch sollte eine Strafe angemessen sein. Kleine Fehler oder Regelverstöße rechtfertigen keinesfalls überzogene Maßnahmen, wie zum Bespiel stundenlanges Verbannen ins Zimmer wegen einer frechen Antwort. Solche übertriebenen Sanktionen erzeugen bei den Kindern Unverständnis und Aggression.

Zudem ist es kontraproduktiv, wenn jede Kleinigkeit Konsequenzen nach sich zieht. Strafen sollen dosiert und sparsam eingesetzt werden. Wenn permanent Spannung herrscht in Erwartung einer neuen Sanktion – nach dem Motto "was habe ich jetzt wieder falsch gemacht" – belastet dies nicht nur das Familienklima, sondern macht das Kind auch irgendwann unempfänglich für die pädagogischen Maßnahmen. Es stumpft ab.

Tolerant, maßvoll und ohne Wut

In ihrer Vorgehensweise dürfen Eltern nicht zu schnell nach vorne preschen. Fair ist es, nicht sofort die Bestrafung durchzusetzen, sondern dem Kind nochmal die Chance zu geben, sein Verhalten freiwillig zu ändern. Dabei ist es wichtig, dass die Erwachsenen versuchen, in der Konfliktsituation ruhig zu bleiben. Wer mit Wut im Bauch Ge- und Verbote verhängt, ist im Unrecht. Denn Strafen, die aus einer Laune resultieren, sind meist unangemessen und willkürlich.

Keine leeren Drohungen

Damit angekündigte Sanktionen einen nachhaltigen Effekt haben, sollten sie möglichst konsequent durchgeführt werden. Eltern müssen sich außerdem vorher überlegen, ob eine Strafe realistisch ist. Androhungen, die nicht umsetzbar sind, machen Erziehungsberechtigte vor ihren Kindern unglaubwürdig.

Aus diesem Grund laufen zum Beispiel Sätze wie "Ich nehme dich nie wieder mit" oder "Das war das letzte Mal, dass du den Computer benutzen darfst" garantiert ins Leere und führen dazu, dass das Kind seine Eltern nicht ernst nimmt, da sie die angekündigten Folgen nicht wahr machen.

Auch mal ein Auge zudrücken

Trotz aller angestrebter pädagogischer Geradlinigkeit: Ab und an dürfen Eltern auch bewusst ein Auge zudrücken – vor allem dann, wenn man nach einem langen Tag müde, erschöpft oder einfach nur schlecht gelaunt ist. Mit solch emotionaler Schieflage besteht nämlich die Gefahr, dass man bei einem Konflikt mit seinem Kind überreagiert und ungerechte Strafen ausspricht.

Deshalb ist es nicht unbedingt schädlich, wenn Eltern manchmal "Fünfe gerade sein lassen" und über bestimmte unangebrachte Verhaltensweisen hinwegschauen. Das zeigt, dass sie selbst nicht fehlerlos sind und Milde genauso wichtig für die Erziehung ist wie konsequentes Handeln.

Strafe muss zum Vergehen passen

Damit die Kinder auch aus ihrem Fehlverhalten lernen, sollten die Strafen immer in einem nachvollziehbaren Zusammenhang mit dem Stein des Anstoßes stehen. Eine logische Folge ist zum Beispiel, dass ein Kleinkind nicht mehr zum Einkaufen mitgenommen wird, solange es immer wieder nach Süßigkeiten quengelt und Wutanfälle an der Supermarktkasse bekommt.

Und Kindern, die ihr Zimmer nicht aufräumen, kann man klar machen, dass man so schwerlich staubsaugen kann. Eine passende Lehre wäre, wenn der Sprössling selbst den Staubsauger durch das Chaos manövriert und dabei merkt, wie lästig seine Unordnung ist. In einem solchen Fall etwa Taschengeldentzug anzudrohen, ist wenig sinnvoll, denn das Vergehen und die Strafe stehen in keinem logischen Zusammenhang.

Für Kinder bis zum Schulalter ist es zusätzlich wichtig, dass die Strafe auch immer in einem engen zeitlichen Kontext mit der "Tat" steht. Ein Fünfjähriger versteht sein falsches Handeln nur, wenn es ihm sofort nach dem Vorfall deutlich vermittelt wird. Eine abendliche Standpauke nützt also wenig, wenn der Übeltäter beispielsweise mittags seinen kleinen Bruder gebissen hat.

Der Ton macht die Musik

Entscheidend für eine wirkungsvolle Bestrafungsstrategie ist auch ihre Verpackung. Das heißt, Eltern sollten darauf achten, wie sie Sanktionen verbal "verkaufen".

Wer in einem anklagenden Ton sagt "Weil du die Hausaufgaben so endlos in die Länge gezogen hast, musst du jetzt zu Hause bleiben", kann ziemlich sicher sein, dass sein Nachwuchs bockig und uneinsichtig reagiert. Besser ist ein ehrlich gemeintes "Schade, jetzt ist es so spät geworden, dass du keine Zeit mehr für deine Freunde hast."

Auf diese Weise erkennt das Kind, dass es selbst die Situation steuern und beim nächsten Mal die unangenehmen Folgen durch sein Tun vermeiden kann.

Wenn doch mal die Hand ausrutscht

Egal, wie sehr man sich bemüht, in Konfliktsituationen diszipliniert zu bleiben, irgendwann kann es dennoch passieren, dass während einer Auseinandersetzung mal die Hand ausrutscht und auf dem Po landet. Meist stellen sich danach schnell Reue und Schuldgefühle ein.

Dann sollten Eltern sich nicht scheuen, ihren Fehler vor dem Kind einzugestehen und ihm gleichzeitig klar machen, dass sein Verhalten trotzdem falsch war. Eltern, die so reagieren, zeigen, dass niemand unfehlbar ist und dass es wichtig ist, Verantwortung für die eigenen Handlungsweisen zu tragen.

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Grundbedürfnisse nicht entziehen

Was Eltern nie als Strafe androhen sollten, ist Liebesentzug. Stundenlanges Ignorieren oder Sätze wie "Jetzt hab ich dich nicht mehr lieb" machen Angst und verunsichern zutiefst. Auch Kinder ohne Mahlzeit ins Bett zu schicken ist ein absolutes No-Go. Damit missbraucht man Grundbedürfnisse wie Schlafen und Essen und bringt sie in einen negativen Kontext.

Beim Klassiker Hausarrest, der nie mehr als ein bis drei Tage dauern darf, müssen Eltern ebenfalls sehr genau abwägen. Diese Konsequenz hat nur Sinn, wenn das Fehlverhalten etwa mit Zuspätkommen oder mit Weglaufen zusammenhängt.

Wenn Eltern Sanktionen aussprechen, sollten sie das Vorgefallene nicht nur negativ sehen und vor allem nicht persönlich nehmen. Denn Fehler sind Meilensteine in der kindlichen Entwicklung und gehören auf dem Weg zum Erwachsenwerden zu den effektivsten Lernmethoden überhaupt.

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