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"Maischberger" über Kindesmissbrauch: Wer sind die "sadistischen Arschlöcher"?


"Maischberger"-Talk über Kindesmissbrauch
Wer sind die "sadistischen Arschlöcher"?

t-online, mmh

Aktualisiert am 21.01.2016Lesedauer: 3 Min.
"Maischerberger"-Talk zum Thema Kinderhandel und Kindesmissbrauch.Vergrößern des Bildes
"Maischerberger"-Talk zum Thema Kinderhandel und Kindesmissbrauch. (Quelle: WDR; Max Kohr)
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Eine Talkshow ohne Zoff - das gibt es im deutschen Fernsehen kaum. Gestern lag es am Thema, das die fünf bedrückten Gäste von Sandra Maischberger diskutierten: "Sexobjekt Kind: Kampf gegen organisierten Missbrauch".

Wer sind die "sadistischen Arschlöcher", die sich vernetzen, um gemeinsam Kinder zu missbrauchen, fragt Andreas Huckele, Missbrauchsopfer der Odenwaldschule. Im vorausgegangenen Film "Operation Zucker. Jagdgesellschaft" des ARD-Themenabends sind es ein Staatssekretär, ein Bauunternehmer, ein Verfassungsschützer, ein Arzt, ein Künstler.

Die Cliquen einflussreicher Männer

Gar nicht so unrealistisch, stellt der ehemalige Kriminalhauptkommissar Manfred Paulus klar. Es seien nicht zwangsläufig Pädophile, sondern hochgradig organisierte Cliquen einflussreicher Männer, die Babys und Kinder beispielsweise in Tschechien kauften. Die unregistrierten Kinder würden jemandem anvertraut, der sie abrichte und zu den Männergesellschaften bringe. Selbst eigene Kinder würden missbraucht.

Die Pädophilen unter ihnen würden ihre Orientierung schon in der Jugend entdecken. Schon früh suchten sie Schutz vor Enttarnung, so Paulus. “Und der beste Schutz ist gesellschaftliche Achtung. Viele der Täter machen Karriere. Wer in der Kirche in der ersten Reihe sitzt, ist unauffälliger als der, der die Kirche nur von außen kennt”, erklärte Paulus.

Bewährte Experten

Maischbergers Gäste tauchten in den letzten Jahren immer wieder als Experten bei Missbrauchsskandalen auf: Julia von Weiler, Psychologin der Kinderschutzorganisation "Innocence in Danger", Johannes-Wilhelm Rörig, Missbrauchsbeauftragter der Bundesregierung, Manfred Paulus, ehemaliger Kriminalhauptkommissar, Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen und Andreas Huckele, Missbrauchsbetroffener.

Es sind einige Skandale, auf die diese Runde zurückschaut: Odenwaldschule, Edathy-Affäre, der Fall Dutroux, Missbrauch in den Kirchen, jüngst bei den Regensburger Domspatzen.

Kinder werden mit Drogen und Folter gefügig gemacht

Die Ermittler wissen einiges über die Täter, trotzdem sind sie selten in der Lage, sie zu fassen. Drogen, Medikamente oder Folter würden die Kinder gefügig machen, wissen die Experten. Auf diese Weise würden dissoziative Persönlickeiten erzeugt, die diesen Horror aushalten könnten. Diese Persönlichkeitsstruktur der Opfer mache es allerdings später schwer, verwertbare, glaubhafte Zeugenaussagen zu erhalten, sagte von Weiler. Die Glaubwürdigkeit von Kindern werde generell oft in Zweifel gezogen.

Die Verfahren blieben meist in den Ermittlungen stecken, erklärte Johannes-Wilhelm Rörig. "In den Gerichtssälen tauchen diese Fälle nicht auf", weiß Gisela Friedrichsen, Gerichtsreporterin des "Spiegel". Wer sich engagiere, dem werde häufig Hysterie, unsaubere Recherche und ein Tunnelblick unterstellt, so der Konsens der Runde.

Aktionen gegen Kindesmissbrauch

Rörig plädierte dringend für Aussteigerprogramme, um die Betroffenen von den Gruppen abzukoppeln. Paulus fordert schon lange eine Anzeigenpflicht für Missbrauchsfälle, zum Beispiel für Ärzte trotz Schweigepflicht. Huckele will die Verjährungsfristen für Täter abgeschafft sehen und bleibt pessimistisch: "Einem Großteil unserer Politiker sind die Kinder egal."

Ernüchternd auch Friedrichsens Klarstellung, warum Steuerhinterzieher oft höhere Strafe erhalten als Kinderschänder: "Steuerhinterziehung können Sie berechnen, bei sexuellem Missbrauch müssen Sie sich unendlich Mühe geben."

"Sexualisierte Gewalt ist ein Grundrisiko einer Kindheit in Deutschland"

Hängen bleiben Sätze wie "wenn Sie davon wach werden, dass der Schulleiter am Penis saugt, ist das ein Schock". Das sagte Huckele und ergänzte: "Sexualisierte Gewalt als Kind fühlt sich permanent an, als würde es jetzt passieren, unter Umständen für den Rest des Lebens. Sie fühlen sich verlassen - vom Täter und von allen anderen Erwachsenen. Das öffnet die Tür zur Heiligen Dreifaltigkeit des Horrors." Die Kinder würden regelrecht einfrieren durch den Schock. Erst nach und nach habe Huckele Worte dafür gefunden, was in der Odenwaldschule sowieso alle wussten.

Erschreckend auch Rörigs Einschätzung: "Sexuelle Gewalt ist derzeit ein Grundrisiko einer Kindheit in Deutschland. Wir wissen, wie wir die Kinder schützen können, tun es aber nicht." Oder die Aussage von Julia von Weiler: “Sexualisierte Gewalt macht etwas ganz Perverses mit den Kindern, sie verlieren die paradiesische Naivität. Sie verändert das Leben von jetzt auf gleich, unwiderruflich und für immer.”

Sogar Täter im Chat

Ein Chat begleitete Film und Diskussion. Dort meldeten sich sogar Täter zu Wort. Für Experten nicht überraschend: Unverfrorenheit, gute Tarnung und mangelndes Schuldbewusstsein lässt sie so reagieren, erläuterte von Weiler solches Verhalten.

Moderatorin Sandra Maischberger hatte wenig Arbeit mit den Talk-Gästen - denn ihre Wut und Ohnmacht gegenüber dieser Taten einte sie.

Weitere Informationen:

  • kostenfreies Hilfetelefon 0800-2255530
  • www.hilfeportal-missbrauch.de/startseite.html
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