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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wenn der Mann zum Feind wird "Mütterliche Türsteher" verwehren dem Vater das Kind
Ein fürsorglicher Vater, der das Kind ins Bett bringt und die Windeln wechselt - das klingt wie der Traum aller Frauen. Aber jede vierte Mutter wehrt sich gegen zu viel Engagement des Partners. Sie nörgelt, wenn er sich mit dem Kind beschäftigt, oder verwehrt ihm sogar den Umgang. Wissenschaftler das als "Maternal Gatekeeping".
Laut einer amerikanischen Studie der Brigham Young University sind etwa 25 Prozent der verheirateten Frauen Maternal Gatekeeper, also "mütterliche Türsteher". Diese Mütter unterdrücken durch ihr Verhalten den väterlichen Einsatz in der Kinderpflege und Erziehung. Wie viele Frauen es tatsächlich sind, ist jedoch unklar, denn bei der US-Studie, die bereits 1999 veröffentlicht wurde, wurden unverheiratete Paare mit Kindern nicht berücksichtigt und zudem müsse mit einer hohen Dunkelziffer gerechnet werden, erklärt Gabriele Leipold. Aus ihrer Praxis in München weiß die Paar- und Sexualtherapeutin aber, dass das Phänomen nicht selten ist.
"Die Frauen haben Angst vor Machtverlust"
"Vor 30 Jahren war Maternal Gatekeeping kaum ein Thema. In den letzten Jahren hat sich das geändert", sagt Leipold im Gespräch mit t-online.de. Früher war es selbstverständlich, dass der Mann arbeiten ging und seine Hobbys hatte, während sich die Frau um Kind und Haushalt kümmerte. Im Zuge der Gleichberechtigung hat sich das zunehmend geändert. Das verunsichere bis heute viele Frauen in ihrem eigenen Rollenverständnis.
"Gerade Frauen, die sich beruflich nicht verwirklicht haben, definieren sich noch immer hauptsächlich über das Kind. Wenn dann ein Mann in diesen Bereich eingreift, werden sie regelrecht aggressiv", erläutert die Expertin. "Die Frauen haben Angst vor Macht- und Kontrollverlust." Denn - ob bewusst oder unbewusst - das Kind werde von vielen Müttern als Machtmittel benutzt, so wie Männer Geld als Druckmittel einsetzen. Der umgekehrte Fall komme heutzutage zwar auch immer wieder einmal vor, sei aber die Ausnahme.
Wenn die Dreierbeziehung scheitert
Die psychologische Ursache, die hinter dem Maternal Gatekeeping steckt, liegt aber vor allem in einer gescheiterten Triangulierung, wie es von Wissenschaftlern bezeichnet wird. Die Triangulierung beschreibt den Prozess, in dem zur frühen Zweierbeziehung zwischen Mutter und Kind nach der Geburt eine dritte Bezugsperson hinzutritt, für gewöhnlich der Vater.
Doch es gibt Frauen, die, zum Beispiel weil sie selbst in ihrer Kindheit keine stabile Dreierbeziehung erlebt haben oder weil sie psychische Probleme haben, in der "Zweierbeziehung verhaftet bleiben", wie Leipold ausführt - zunächst in einer Zweierbeziehung mit dem Partner und nach der Geburt dann in einer Zweierbeziehung mit dem Kind. Diese Frauen haben nicht gelernt, zu dritt zu leben.
Verlierer ist aber oft der Vater, erklärt Therapeutin Leipold: Wenn sich die Kinder dem Vater zuwenden, ist die Mutter zeitweise ausgeschlossen. Das halten die "mütterlichen Türsteher" nicht gut aus. "Deshalb versuchen sie mit allen Mitteln, das Kind vom Vater fernzuhalten", sagt Leipold. "Dem Vater wird dann das Gefühl vermittelt, dass er sowieso alles falsch macht, jede Äußerung des Kindes wird als gegen den Vater gerichtet interpretiert, indem die Mutter ein unfähiges Bild vom Vater zeichnet, das das Kind übernimmt. Und sobald sich Vater und Kind doch einander zuwenden, bestraft die Mutter das mit Liebesentzug."
Die Folge sind beziehungsgestörte Kinder
So groß die Herausforderung für die Paarbeziehung in einem solchen Fall auch ist, mit den schwerwiegenden Folgen haben besonders die Kinder zu kämpfen, oft weit ins Erwachsenenalter hinein. Die Beziehung zum Vater ist bei betroffenen Kindern unvollständig ausgebildet. "Bei Jungs ist dadurch die Geschlechtsidentität gestört", sagt Leipold. "Der Sohn sollte sich mit dem Vater identifizieren können, schließlich soll er ein Mann werden und keine Frau."
Aber auch Mädchen leiden der Expertin zufolge darunter, dass sie nie erlebten, wie Frauen und Männer in einer Partnerschaft miteinander umgehen sollten: "Sie haben später große Schwierigkeiten in einer eigenen Liebesbeziehung. Wenn sie trotzdem eine Familie gründen, müssen sie etwas 'kreieren', was sie selbst nie erlebt haben und das ist natürlich schwer." Viele der Kinder hätten aber schon Probleme, überhaupt eine Partnerschaft einzugehen und leben häufig als Dauersingles.
Paartherapie kann helfen - wenn man es wirklich will
Während der Midlife Crisis im Alter zwischen 40 und 50 Jahren setzen sich viele Männer mit ihrer Lebenssituation auseinander und hinterfragen ihre Rolle innerhalb der Familie. In diesem Alter melden sich Männer am häufigsten zur Eheberatung oder Paartherapie an, wie Gabriele Leipold aus Erfahrung weiß. Im Sinne des Nachwuchses ist es allerdings wichtig, dass Eltern, die mit "Maternal Gatekeeping" zu kämpfen haben, schnell handeln.
Die wichtigste Voraussetzung, um an der Situation zu arbeiten, ist für Leipold die Bereitschaft der Beteiligten, sich selbst in Frage zu stellen: "Man kann in einer Partnerschaft nichts ändern, wenn man nur den anderen ändern will. Man muss sich öffnen." In der Paartherapie müsse deshalb eine konstruktive statt einer kämpferischen Stimmung vorherrschen. In extremen Fällen und um den Prozess zu beschleunigen, rät Leipold zu Einzeltherapie. Trotzdem ist sie zuversichtlich: "Bei den meisten Menschen, die es wirklich wollen, kann man auch etwas bewirken."