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Großeltern: Opa hat 'ne neue Oma - Wie die Familie damit umgeht


Großeltern
Opa hat 'ne neue Oma

Die Großmutter mütterlicherseits ist die wichtigste Oma. Das haben Wissenschaftler herausgefunden. Stirbt sie, ist ihr Verlust ein gravierender Einschnitt im Leben der Enkelkinder. Und genau das macht es schwierig, die Position der Oma neu zu besetzen. Soviel weiß man, doch grundsätzlich wird das Thema Stieffamilien in der Forschung noch sehr vernachlässigt. Was sich nach Überzeugung von Tanja Mühling von der Universität Bamberg bald ändern wird.

Aktualisiert am 02.10.2013|Lesedauer: 5 Min.
t-online, Simone Blaß
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"Nur zwei Omas und Opas? So wenige?" staunt Lucas, als sein Freund Yannik ihm von seiner Familie erzählt. Der Vierjährige ist baff, kann er selbst doch wegen Scheidungen und Todesfällen deutlich mehr aufweisen. Aber von Patchworkfamilien und den daraus resultierenden, teilweise äußerst komplizierten neuen Familienstrukturen haben die beiden eben noch nie etwas gehört.

Großeltern: Eine neue Liebe für Opa - eine schwierige Situation für Kinder und Enkel. Warum es so problematisch ist, die Position der "Oma" neu zu besetzen.Vergrößern des Bildes
Eine neue Liebe für Opa - eine schwierige Situation für Kinder und Enkel. Warum es so problematisch ist, die Position der Oma neu zu besetzen. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Lucas war damals noch nicht geboren, aber seine 14-jährige Schwester Julia hat die Krankheit und den Tod der Oma mütterlicherseits miterlebt. Sie hat auch mitbekommen, wie ihr Großvater eine neue Frau gefunden hat und wie schwer es diese hatte, in der Familie Fuß zu fassen.

Respekt vor der Entscheidung des Elternteils

"Eine Schlüsselrolle kommt der mittleren Generation zu. Alles steht und fällt damit, wie Mutter oder Vater dem neuen Familienmitglied gegenüberstehen", erklärt Tanja Mühling vom Staatsinstitut für Familienforschung. Die Eltern von Lucas und Julia waren skeptisch, gaben sich aber Mühe, tolerant zu sein. "Ich habe mir immer gesagt: Mein Vater war auch tolerant, wenn ich einen neuen Freund mit heimgebracht habe. Das Gleiche hat er jetzt auch verdient", sagt die Mutter der beiden.

Eine gute Einstellung, findet der Diplompsychologe Ulrich Gerth. "Man sollte Respekt vor der Entscheidung des erwachsenen Vaters haben. Man erwartet ja von ihm auch, dass er sich nicht in die eigene Partnerwahl einmischt."

Je mehr jemand vermisst wird, desto schwieriger ist er zu ersetzen

Julia war damals gerade fünf Jahre alt und sie mochte die Frau. Opa lachte mehr, wenn sie dabei war, und sie hatte immer Zeit, um mit Julia zu spielen. "Die Persönlichkeit der Stiefoma und ihre Art und Weise, auf das Kind zuzugehen, spielen eine sehr große Rolle", bestätigt Mühling.

Wie offen ist sie? Hat sie selbst schon Enkel oder hat sie sich immer welche gewünscht? Gelingt es ihr, positive Gefühle gegenüber dem Kind zu entwickeln und sie auch zu zeigen? Mit kleinen Kindern geht das spielerisch und meistens relativ einfach, doch je älter Kinder sind, desto eher vergleichen sie. Und je mehr sie die Oma geliebt haben, desto schwerer wird es, "nachzurücken".

Kinder sind weniger von Normen blockiert

Manchmal sind Kinder unsicher, ob es in Ordnung ist, Vertrauen zur neuen Frau zu fassen, oder ob die "echte" Oma das vielleicht nicht gewollt hätte. Hier ist es entscheidend, den Kindern die Unsicherheit zu nehmen, das Gespräch mit ihnen zu suchen. "Kleine Kinder", so Mühling, "sind ihren Gefühlen und denen ihrer Umgebung deutlich mehr ausgeliefert. Auf der anderen Seite haben sie die Stärke, Entwicklungen schneller mitzugehen, weil sie weniger von Normen blockiert sind."

Auch Gerth rät Eltern, offen mit dem Kind darüber zu sprechen, wie sie sich selbst fühlen und zu verdeutlichen, dass es die neue Frau kein Ersatz für die "echte" Oma ist. Dann falle es leichter, die Situation anzunehmen, sich vorbehaltslos kennenzulernen und sich im besten Fall für die beiden zu freuen.

Kinder dürfen die Situation anders empfinden

Der Vorsitzende der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung rät also, offen mit dem Thema umzugehen. Auch und gerade dann, wenn man selbst Schwierigkeiten damit hat. "Kinder verstehen und merken oft mehr, als wir denken. Statt gar nichts zu sagen oder gar im Hintergrund zu stänkern, sollte man lieber mit dem Kind reden. Ihm erklären, was man fühlt. Aber auch signalisieren, dass es in Ordnung ist, wenn das Kind anders empfindet."

Es herrschen Oma-Hierarchien

Wenn Eltern die Opas neue Partnerin auf den ersten Blick nicht sonderlich mögen, sollten sie sich trotzdem erst einmal zurücknehmen. "Dass man sich nicht leiden kann, ist ja nicht unabänderlich. Man kann sich trotzdem bemühen, eine Beziehung zu finden oder zumindest eine Beziehung zum Kind zu ermöglichen." Miriam Stoppard, Autorin des Buches "Großeltern", ist selbst Teil einer großen Patchworkfamilie und kennt die Schwierigkeiten: "In diesen 'besonderen' Familien bin ich nur eine von vier Omas und stehe weit unten in der Hierarchie - an vierter Stelle. Dadurch lernte ich viel über Zurückhaltung, Toleranz, Flexibilität und Dankbarkeit, überhaupt als Oma angenommen zu werden."

Ein Kind nie zwingen, Oma oder Opa zu sagen

Ob die Situation durch Tod oder durch Trennung entstanden ist, macht einen Unterschied. Aber in den meisten Fällen ist der neue Partner des Großelternteils kein Grund, Trübsal zu blasen. "Eine neue Liebe ist doch grundsätzlich eine schöne Nachricht. Wenn auch gewöhnungsbedürftig." Auf eines aber, darauf weist Gerth hin, sollte man unbedingt achten: dass man auch sprachlich die leiblichen Großeltern von den Stiefgroßeltern unterscheidet.

"Bitte nie ein Kind dazu zwingen, Opa oder Oma zu sagen. Hier muss man an die Vernunft der Erwachsenen appellieren. Genau wie bei Stiefeltern ist es für ein Kind wichtig, dass man schön auseinanderhält, wer wirklich der Papa ist und wer der Stiefvater." Will ein Kind aber von sich aus Oma oder Opa sagen, dann ist das völlig in Ordnung.

Stiefopas bringen sich mehr ein als Stiefomas

Die leibliche Oma hat nicht nur eine zentrale Rolle, sie hat an sich selbst auch hohe Erwartungen und ist in der Regel stark im Einsatz bei der Kinderbetreuung. Im Gegensatz zu den Stiefgroßmüttern. In Zahlen ausgedrückt kümmern sich 75 Prozent der leiblichen Omas regelmäßig um die Enkelkinder. Im Gegensatz zu rund 30 Prozent ihrer Nachfolgerinnen.

Interessant ist hier der Vergleich zu den Stiefopas, denn die sind durch das Zusammensein mit der leiblichen Oma deutlich mehr eingebunden. "Befragt man übrigens Jugendliche", weiß Mühling, "dann zählen diese die neuen Partner ihrer Großeltern beziehungsweise ihre Stiefgroßeltern nicht im engeren Sinne zur Familie." Und zwar umso weniger, je später sie in ihrem Leben aufgetaucht sind.

Keine Oma kann alle Enkel gleich behandeln

Forscher haben festgestellt, dass es weniger Konflikte mit Stiefgroßeltern gibt. Das sei unter anderem darin begründet, dass sie sich weniger einbrächten und es dadurch weniger Reibungspotenzial gebe. Aber genau dieser Punkt kann durchaus zu Reibungen innerhalb der Familie führen. Vor allem, wenn die neue Oma selbst Enkelkinder hat. Das gegenseitige Beäugen, ob vielleicht die Kinder der anderen bevorzugt behandelt werden, zeigt sich auch hier.

Aber alle Enkel immer gleich zu behandeln, ist sowieso unmöglich, egal, ob Stiefenkel oder nicht. Es sind verschiedene Persönlichkeiten. Und auch Faktoren wie räumliche Distanz oder Alter des Kindes spielen eine wichtige Rolle.

Großeltern sind wichtige Stützen im Leben

Großeltern bringen sich durch ein ganz wichtiges Kriterium in die Familie ein: Sie schaffen Beständigkeit, verkörpern Familiengeschichte und verbinden die Enkel mit einer anderen Generation. Auch hier bringt das neue Familienmitglied Veränderungen mit sich, die man sich vielleicht gar nicht wünscht. Vor allem in Bezug auf eingespielte Rituale an Geburts- oder Feiertagen.

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Eine Situation, die man mit ein bisschen Feingefühl aber lösen kann und die sich sogar bereichernd auswirken kann. Aber auch bei Krisen und Trennungen können Großeltern der ruhende Pol sein. Diese Aufgabe können Stiefgroßeltern ebenfalls erfüllen.

Jugendliche wollen keine knutschenden "Alten" sehen

Besonders gewöhnungsbedürftig ist es übrigens, wenn plötzlich in der Generation der Großeltern wieder geturtelt wird. Sexualität im Alter ist ein gewisses Tabu und knutschende Rentner gehören eher weniger zum Alltag. Wenn Kinder und Jugendliche schon bei den eigenen Eltern das Thema Sexualität komplett ausklammern, so mögen sie es sich bei den Großeltern erst recht nicht vorstellen. Vor allem dann nicht, wenn sie selbst gerade in diese Phase hineinwachsen. Auch hier ist also Toleranz gefragt. Aber auch Verständnis und Rücksichtnahme auf die Gefühle der anderen. Auf beiden Seiten.

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