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Ewige Breitband-Baustelle: Schon Helmut Schmidt forderte 1981 ein Glasfasernetz


Ewige Breitband-Baustelle Deutschland
Schon Helmut Schmidt forderte 1981 ein Glasfasernetz

t-online, Ein Interview von Johannes Bebermeier

07.03.2018Lesedauer: 4 Min.
Kabelbündel aus Glasfaserkabeln: Schon 1981 hatte die Politik geplant, ganz Deutschland mit Glasfaser zu vernetzen. Doch die Pläne wurden nicht umgesetzt.Vergrößern des Bildes
Kabelbündel aus Glasfaserkabeln: Schon 1981 hatte die Politik geplant, ganz Deutschland mit Glasfaser zu vernetzen. Doch die Pläne wurden nicht umgesetzt. (Quelle: Jan Woitas/dpa-bilder)
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Beim Breitbandausbau ist Deutschland weiter eine gigantische Baustelle. Dabei wollte die Politik schon 1981 Glasfaser. Warum das scheiterte, erzählt IT-Journalist Detlef Borchers im Interview.

So schnell ist eine Debatte wieder da: Die künftige Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU) will nicht nur für den Breitbandausbau zuständig sein, sondern auch für Flugtaxis. Im ZDF-"heute journal" sagte sie: "Das Thema muss doch sein: Kann ich auf dieser Infrastruktur, die wir haben, dann auch autonom fahren? Habe ich die Möglichkeit, auch zum Beispiel mit einem Flugtaxi durch die Gegend fliegen zu können?"

Im Internet erntete sie daraufhin Spott und Häme. Der Tenor: Vielleicht sollte man dann doch erst einmal den Breitbandausbau voranbringen. Dabei diskutiert Deutschland schon lange über das Thema. Die Regierung Helmut Schmidts plante bereits 1981, Deutschland komplett mit Glasfaser zu versorgen, weiß der Journalist Detlef Borchers (63) zu berichten. Er beschäftigt sich seit den 80er-Jahren mit IT-Themen.

Herr Bochers, wie viele deutsche Regierungen haben bei der Digitalisierung schon versagt?

Erstaunlich viele. Die Regierung von Helmut Schmidt hat 1981 den Ausbau eines Glasfasernetzes bis 2020 beschlossen. Konkret hieß es damals im Plenarprotokoll: "Sobald die technischen Voraussetzungen vorliegen, wird die Deutsche Bundespost aufgrund eines langfristigen Investitions- und Finanzierungsplanes den zügigen Aufbau eines integrierten Breitbandglasfasernetzes vornehmen."

Wie sollte das geschehen?

Der Plan sah vor, dass jedes Jahr ein Dreißigstel der alten Bundesrepublik verkabelt werden sollte. Insgesamt rechnete man mit Kosten von drei Milliarden D-Mark. Der Plan wurde von der ersten Regierung Helmut Kohls gestoppt und als Aufgabe an die Bundesländer delegiert.

Wann hätte in Deutschland das erste Glasfaserkabel eingegraben werden können?

Die Glasfasertechnik war ab 1984 verfügbar und wurde im Rahmen von BigFON und BigFERN von 1984 bis 1988 auch verlegt und von der Bundespost im Großversuch getestet. BigFERN war eine Glasfaserstrecke mit Signalverstärkern zwischen Hamburg und Hannover.

Warum ist Deutschland dann nicht längst komplett mit Glasfaser verkabelt?

Nach dem Plan der Regierung Schmidt hätte es bis 2020 so weit sein können. Das Projekt stieß auf massiven Widerspruch von Lobbyverbänden, vor allem der Verleger. Sie wollten direkt am nächsten Fernsehen und der Telezeitung oder ähnlichem beteiligt sein. Die Debatte um die "neuen Medien" wurde aber auch von anderer Seite torpediert, etwa von den damals neuen Grünen, die in diesen Ansätzen einen Schritt in den Überwachungsstaat sahen.

Was war damals die entscheidende falsche Weichenstellung?

Die setzte die Politik, indem sie sich lange zuvor gegen die Empfehlungen der "Kommission für den Ausbau des technischen Kommunikationssystems" (KtK) stellte. Die sprach sich 1977 in ihrem Abschlussbericht dafür aus, "dass neben der deutschen Bundespost auch private Unternehmen nach den Richtlinien der Post als Netzträger auch in den Pilotprojekten zugelassen werden sollen, damit der Innovationsprozess durch die Konkurrenz verschiedener Netzträger gefördert wird" und so die "wirtschaftlichste Ausgestaltung der Netzträger" bestimmt werden kann. Die Politik setzte auf das Netzmonopol der staatlichen deutschen Bundespost und kassierte das Gutachten der Kommission.

Was waren die Argumente gegen Glasfaser?

Von 1983 bis 1985 war das Argument sicherlich die unbefriedigende Fertigungsqualität. Danach wurden die Kosten angeführt – verbunden mit dem Argument, dass die ISDN-Technologie ohnehin ausreichend sei.

Gab es in der Gesellschaft das Bewusstsein, dass das ein folgenreiches Projekt sein könnte?

Natürlich gab es dafür ein Bewusstsein. Es gab viele Veröffentlichungen, die vor den neuen Medien warnten und vor allem die Jugend in höchster Gefahr sahen. Wenn man eine Galerie der "Spiegel"-Titelseiten betrachtet, gab es da ein wirklich hübsches Auf und Ab: Mal die böse Vernetzung, dann wieder die cleveren Kinder, die dank EDV tolle Unternehmer sind, dann ein Titel über die armen Lehrer, die diese Computerkinder nicht mehr erreichen und den Unterricht digitalisieren müssen.

Wie haben Menschen, die sich mit der Materie auskannten, darüber diskutiert?

Unter den Informatikern gab es bekannte Kritiker, wie im Falle von ISDN den Professor Klaus Brunnstein oder den nach Deutschland Remigrierten Joseph Weizenbaum, der Vernetzung und Computertechnik schon als Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) kritisierte. Die Mehrzahl der Informatiker aber interessierten sich wenig für neue Medien, sondern mehr dafür, schnelle Forschungsnetze zu bekommen, wie das ab 1982 aufgebaute Deutsche Forschungsnetz (DFN).

Die große Koalition will nun einen Rechtsanspruch auf „schnelles Internet“ bis 2025. Reicht das?

Nein. Aber schön, dass es wieder einmal so oder ähnlich formuliert wird und die Erkenntnis ankommt, dass wir eben nicht das schnellste Netz haben. Das war einmal anders, ich erinnere an 2011, als Kanzlerin Angela Merkel in der T-City Friedrichshafen Deutschland als Netzbesten lobte.

Was bräuchte es jetzt, damit Deutschland bei der Digitalisierung nicht weiter abgehängt wird?

Einen Konsens, dass Digitalisierung als Projekt absolut nichts mit einer Legislaturperiode und der Verteilung von Ministerposten zu tun hat. Es wird viel zu viel über Ressortabgrenzungen und ähnliches gestritten, da legt sich die Politik wie Mehltau über ein Projekt, das ergebnisoffen ist.

Weiterführende Informationen:

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