Porno-Streaming Staatsanwaltschaft Köln untersucht Redtube-Abmahnungen
Die von der Abmahnwelle um Redtube betroffenen Internetnutzer sind möglicherweise zu Rechtsverstößen verleitet worden. Nach entsprechenden Medienberichten plant die Staatsanwaltschaft Köln eventuell Ermittlungen aufzunehmen. Geprüft wird zunächst, ob die gegenüber dem Landgericht Köln abgegebene eidesstattliche Versicherung bezüglich der Methode zur Beschaffung der IP-Adressen bestand hat oder eine Falschaussage war.
Wie die Tageszeitung Die Welt meldet, will die Berliner Rechtsanwaltskanzlei Werdermann von Rüden aus Justizkreisen erfahren haben, dass die Staatsanwaltschaft Köln selbstständig ein Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen hinter der Abmahnwelle von Redtube-Nutzern aufgenommen hat. Auslöser der Ermittlungen sei die unklare Frage, wie genau die beauftragte Ermittlungsfirma itGuards die IP-Adressen der abgemahnten Nutzer beschafft hat.
Auf Nachfrage von t-online.de erklärte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer von der Kölner Staatsanwaltschaft, dass die Behörde derzeit prüfe, ob ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet werden sollte. Das geschieht aufgrund des Anfangsverdachtes einer falschen eidesstattlichen Versicherung vor dem Landgericht Köln im Zusammenhang mit der Beschaffung der IP-Adressen.
IP-Adressen angeblich mit einer Software ermittelt
Das Unternehmen ITGuards soll dem Landgericht Köln 1000 IP-Adressen übergeben haben, die mit der Software GladII 1.1.3 ermittelt worden seien. Diese Software ist jedoch nur für das Ausspähen von Tauschbörsen-Nutzern geeignet und nicht für Streaming-Portale. Aus der Verfahrensakte gehe jedoch nicht hervor, wie genau ITGuards die Daten ermittelt haben will, erklärte Anwalt Johannes von Rüden.
In dem Antrag an das Landgericht Köln, der t-online.de vorliegt, wird die Nutzung der Software GladII 1.1.3 durch die Firma ITGuards erläutert. Dort wird von "Download-Portalen für Filme" gesprochen und nicht von Streaming-Diensten, zu denen Redtube gehört.
Staatsanwaltschaft wurde selbständig tätig
Die Welt zitiert Anwalt von Rüden: "Wenn die Staatsanwaltschaften nun auch ohne Anzeigen ermitteln, bedeutet dies, dass hier offenkundig der Verdacht von Straftaten im Raum steht." Über das Ermittlungsverfahren könne nun offiziell geklärt werden, ob bei der Beschaffung der IP-Adressen eventuell strafwürdige Methoden genutzt wurden.
Auf die Frage nach den Ungereimtheiten antwortete die Kanzlei U+C der Redaktion der Zeitung, dies sei Geschäftsgeheimnis des beauftragten Unternehmens. In einer Pressemitteilung erklärte die Kanzlei zuvor, dass die IP-Adressen mithilfe einer Ermittlungssoftware erfasst wurden, deren rechtliche Unbedenklichkeit durch ein Gutachten bestätigt worden sei.
Nutzer eventuell mit technischen Tricks in die Falle gelockt
Jüngsten Berichten zu Folge könnten die Urheberrechtsverletzungen mutmaßlicher Redtube-Nutzer künstlich erzeugt worden sein. Dies legen die Browser-Historien nahe, die Betroffene in Foren veröffentlichten. Die Historien zeigen den Verlauf besuchter Internetseiten kurz vor den in den Abmahnungen genannten Tatzeitpunkten.
Immer wieder fiel dabei eine signifikante Kette von Weiterleitungen auf: Kurz vor der abgemahnten Urheberrechtsverletzung zeigen die Browser-Protokolle zunächst einen Besuch bei trafficholder.com, dann bei movfile.net und bei der Vertipper-Domain retdube.net an. Die Weiterleitung auf die letzten beiden Adressen erfolgte automatisch.
Eine verdächtige Kette von Ereignissen
Bei trafficholder.com handelt es sich um einen Dienstleister, der Internetverkehr gegen Bezahlung auf Seiten mit Erwachseneninhalten umleitet. Klickt ein Internetnutzer auf einen Link, landet er nicht auf der Seite mit den versprochenen Inhalten, sondern zum Beispiel auf einer Pornoseite, die mit dem Betreiber der ersten Seite einen Werbevertrag abgeschlossen hatte.
Laut dem Branchendienst heise online verkauft trafficholder.com 10.000 Umleitungen für umgerechnet 21 Euro. Es lassen sich auch IP-Adressen von bestimmten Standorten, zum Beispiel Deutschland, gezielt umleiten.
"Computerbetrug in gewerblichem Ausmaß"
Besonders verdächtig sind die Domains movfile.net und retdube.net. Denn diese Internetadressen wurden erst am 22. Juli anonym registriert. Das ist laut heise online zwei Tage, bevor die IP-Adress-Ermittlungen begannen, auf die sich Abmahnungen stützen. Genau in diesem Zeitraum sollen sich die Zugriffe auf mindestens zwei der abgemahnten Videos verdoppelt haben.
Sollten die "Ermittler" der Abmahner Internetnutzer auf diese Weise gezielt in die Falle gelotst haben, läge "Computerbetrug in gewerblichem Ausmaß" vor, kommentiert der Dienst die Beweiskette.