Dreiste Tricks Porno-Abmahner sollen Richter getäuscht haben
Die neue Abmahnwelle, die Tausende deutsche Internetnutzer getroffen hat, ist wohl durch Täuschung des Landgerichts Köln möglich geworden. Den betroffenen Nutzern wird vorgeworfen, auf Streaming-Portalen wie Redtube oder Youporn urheberrechtlich geschützte Pornofilme angeschaut zu haben. An die Namen und Adressen der Nutzer soll die Kanzlei aber nur durch einen bewusst schwammig formulierten Antrag gelangt sein, den die Richter missverstanden hätten.
Eine der Kanzleien, die mehrere hundert abgemahnte Nutzer der Plattform Redtube vertritt, konnte Akteneinsicht beim Landgericht Köln nehmen. Demnach sollen die Richter irrtümlich davon ausgegangen sein, dass es sich bei Redtube um eine Tauschbörse handele, erklärte die Berliner Kanzlei Werdermann/von Rüden.
In dem Gerichtsbeschluss heißt es: "Durch das öffentliche Zugänglichmachen des geschützten Werkes zu den aus der Anlage ersichtlichen Zeitpunkten über eine sogenannte Tauschbörse liegt zudem eine Rechtsverletzung im Sinne vom Paragraf 19a Urheberrechtsgesetz vor".
Abmahner könnten Gericht getäuscht haben
In dem Antrag der abmahnenden Kanzlei habe jedoch nichts von einer Tauschbörse oder Redtube gestanden, sagte Anwalt Johannes von Rüden. Allerdings könnten die Anträge der Abmahnanwälte bewusst ähnlich zu Tauschbörsenverfahren formuliert worden sein, damit die Richter ihm stattgeben, vermutet der ebenfalls mit der Verteidigung von Redtube-Nutzern beauftragte Anwalt Christian Solmecke.
Die Nutzung eines Streaming-Portals wie Redtube ist keineswegs mit einer Tauschbörse vergleichbar. Die Nutzer stellen Inhalte dabei nicht öffentlich zur Verfügung, sondern schauen sie lediglich an, wozu sie kurzfristig auch auf dem Rechner gespeichert werden.
Auskünfte hätten nicht erteilt werden dürfen
Die Herausgabe der Daten sei also möglicherweise nicht gestattet gewesen und als Verstoß gegen das Datenschutzgesetz zu werten. Anwalt Solmecke stellt fest, "dass die Beschlüsse schlichtweg falsch sind und eine Auskunft nie hätte erteilt werden dürfen. Wäre den Richtern am Landgericht Köln der komplette Sachverhalt bekannt gewesen, hätten sie erkannt, dass eine Urheberrechtsverletzung nicht gegeben ist und daher wäre keine Auskunft erteilt worden."
Im Gespräch mit stern.de sagte Christian Hoppe, Pressesprecher beim Landgericht Köln, hingegen, er könne nicht ausschließen, dass es sich bei der Nennung des Begriffs "Tauschbörse" nur um ein Versehen handele. Solmecke schließt ein Versehen jedoch ganz klar aus. In dem Beschluss sei das Landgericht eindeutig von einem öffentlichen Zugänglichmachen geschützter Werke ausgegangen. Die Abgemahnten haben jedoch nichts öffentlich zugänglich gemacht.
IP-Adressen mit Software gesammelt
Unklar ist nach wie vor, wie die Abmahner an die IP-Adressen der Nutzer gekommen sind. Laut dem Branchendienst Golem dürfte es praktisch keinen legalen Weg dafür geben.
Das Unternehmen ITGuards soll dem Landgericht Köln 1000 IP-Adressen übergeben haben, die mit der Software GladII 1.1.3 ermittelt wurden. Diese Software ist jedoch nur für das Ausspähen von Tauschbörsen-Nutzern geeignet. Aus der Verfahrensakte gehe jedoch nicht hervor, wie genau ITGuards die Daten ermittelt haben will, erklärte Anwalt von Rüden.
Bei der Abmahnwelle verlangt die Regensburger Kanzlei Urmann und Kollegen (U+C) 1000 Euro pro abgespielten Film zuzüglich Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 250 Euro. Den Nutzern wird vorgeworfen, auf Redtube Sexstreifen wie Amanda's Secret oder Glamour Show Girls des Unternehmens The Archive AG abgespielt zu haben. Eine fünfstellige Zahl von Internetnutzern soll betroffen sein.
Was tun bei einer Abmahnung
Wer eine solche Abmahnung erhalten hat, soll weder die Unterlassungserklärung unterschreiben noch die geforderten 250 Euro überweisen, rät Anwalt Solmecke. Denn sollte sich die Forderung als nicht rechtmäßig herausstellen, dürfte es sehr schwierig sein, das gezahlte Geld zurück zu bekommen.
Allerdings sollten betroffene Nutzer schriftlich und fristgerecht auf die Unterlassungserklärung reagieren, am besten in Rücksprache mit einem Rechtsanwalt. Wer nicht reagiert, riskiert einen Mahnbescheid durch ein Inkassounternehmen.