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Jahresrückblick 2017: Der Abgasskandal und seine Folgen


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Abgasskandal ohne Ende
Nach diesem Jahr steht der Diesel vor dem Aus

Henning Seelmeyer

Aktualisiert am 28.12.2017Lesedauer: 4 Min.
Der Abgasskandal nimmt 2017 richtig Fahrt auf: Das Kraftfahrt-Bundesamt ordnet mehrere Rückrufe an. (Symbolbild)Vergrößern des Bildes
Der Abgasskandal nimmt 2017 richtig Fahrt auf: Das Kraftfahrt-Bundesamt ordnet mehrere Rückrufe an. (Symbolbild) (Quelle: Julian Stratenschulte/dpa)

Für Autofahrer war die Debatte um Dieselfahrzeuge das bestimmende Thema des Jahres. In den Städten drohen Fahrverbote, das Label "Made in Germany" ist in Gefahr und VW-Manager sitzen im Gefängnis.

Dieser Artikel ist Teil unseres Jahresrückblicks. Hier finden Sie alle unsere Jahresrückblicke und Ausblicke auf 2018.

Das Jahr startet mit Vollgas: Volkswagen bekennt sich in den USA der Verschwörung zum Betrug für schuldig. Manipulationen am Abgasverhalten von knapp einer halben Millionen Diesel-Fahrzeugen lautet der berechtigte Vorwurf an den Autobauer. Die für ihre Effizienz gelobten Selbstzünder stoßen in der Realität wesentlich mehr gesundheitsgefährdende Stickoxide (NOx) aus, als bei Tests auf dem Prüfstand.

Für VW ist das richtig teuer: Mehr als 25 Milliarden Euro muss der Konzern in den USA für Strafen und Entschädigungen im Laufe dieses Jahres zahlen. Deutsche Autofahrer dagegen bekommen keine Entschädigung.

Besonders hart trifft es Oliver Schmidt: Der VW-Mitarbeiter macht im Januar 2017 Urlaub in Miami, wird festgenommen und im Dezember zu sieben Jahren Haft verurteilt. Die meisten seiner beschuldigten Kollegen halten sich wahrscheinlich in Deutschland auf, von wo aus ihnen keine Auslieferung droht.

Gütesiegel "Made in Germany" in Gefahr

Das ganze Jahr über gibt es im Abgasskandal neue Enthüllungen. Im Sommer ruft das Kraftfahrt-Bundesamt den Porsche Cayenne zurück, der mit einem manipulierten Motor von Audi unterwegs war. Im Dezember trifft es dann den VW Touareg. Verkehrsminister Alexander Dobrindt attackiert die Autoindustrie verbal und sorgt sich um das gute Image der deutschen Wirtschaft und das Label "Made in Germany".

Beim Nationalen Forum Diesel – auch "Dieselgipfel" genannt – treffen im August Vertreter der Automobilindustrie auf die Bundesregierung, um die Zukunft der Dieselautos in Deutschland zu diskutieren. Das ist wichtig, denn jedes Jahr sterben geschätzte 5000 Menschen in Europa vorzeitig durch die Luftbelastung mit Stickoxiden.

Der Dieselgipfel endet für die Konzerne trotz allem ohne Verbote. Die Autobauer versprechen aber Nachbesserungen: Den Schadstoffausstoß bestimmter Modelle wollen sie mit Hilfe von Software-Updates verringern. Umweltministerin Barbara Hendricks geht das nicht weit genug. Sie fordert bei älteren Dieselfahrzeugen auch Nachrüstungen an der Hardware. Teure Umbauten an den Motoren lehnt VW aber ab.

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Zu 99 Prozent drohen Fahrverbote

Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht die Maßnahmen der Autohersteller kritisch und prophezeit Fahrverbote, sollte sich an den Autos nicht grundsätzlich etwas ändern. "Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Dieselfahrverboten in einzelnen Städten kommen wird, liegt bei 99 Prozent", sagt er zu t-online.de.

Das sagt auch die Düsseldorfer Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher (CDU): "Wir kommen wahrscheinlich nicht um Verbote bestimmter Fahrzeuge zu bestimmten Zeiten herum". In Düsseldorf und anderen Städten wird nämlich der Grenzwert für Stickstoffdioxid überschritten. Spitzenreiter ist Stuttgart. Die Messung dort ergab einen Jahresmittelwert von 82 μg/m³ – allerdings sind nur 40 μg/m³ erlaubt.

Strengere Tempolimits in den Städten sind keine sinnvolle Lösung, um die NOx-Belastung zu reduzieren, sagt Dudenhöffer: "Tempo 30 in Innenstädten wäre nicht zu kontrollieren und würde zu Riesenstaus führen. Damit könnte man Fahrverbote nicht aushebeln."

Wohin mit dem alten Diesel?

Während sich Dieselgate 2017 immer weiter entwickelt, fragen sich Autofahrer, welche Optionen sie für ihre verpestenden Diesel haben. "Wer viel auf dem flachen Land fährt und nie in die Großstädte muss, der soll seinen Diesel weiterfahren. Wer in der Großstadt wohnt und das Auto täglich braucht, sollte sein Dieselauto verkaufen", rät Dudenhöffer.

Denn wenn die Fahrverbote wirksam werden, dann würden die Preise für Gebrauchtwagen deutlich abrutschen. Spätestens in der zweiten Hälfte 2018 laufen auch die Dieselprämien aus. Der Markt werde dann einbrechen, glaubt Dudenhöffer. "Wer einen alten Diesel hat und ein neues Auto kaufen will, sollte es sich überlegen, das noch bei den höchsten Rabatten zu machen", empfiehlt er.

SUVs sind die Gewinner

Die Lust am Fahren lassen sich die Deutschen von dem Abgasskandal jedoch nicht nehmen: 2017 wurden bis Anfang Dezember etwa 3,2 Millionen Fahrzeuge neu zugelassen. Das sind mehr neue Autos auf deutschen Straßen als im Vergleichszeitraum im Vorjahr.

Diesel-Pkw sind aber nicht mehr so beliebt, die Neuzulassungen für Selbstzünder brechen 2017 massiv ein. Allerdings sind es wohl eher drohende Fahrverbote und nicht die Sorge um die Umwelt, die dem Diesel zu schaffen machen: Der durchschnittliche CO2-Ausstoß neuer Wagen nimmt zu.

Denn der Deutsche will keinen NOx-Stinker, der in Innenstädten möglicherweise bald nicht mehr fahren darf. Er greift stattdessen zum Benzin-SUV. Die Geländelimousinen haben einen hohen Kraftstoffverbrauch und stoßen viel CO2 aus. Wer in diesem "gepanzerten Selbst" sitzt, kann möglichen Diesel-Fahrverboten gelassen entgegen sehen. Sie sind 2017 voll im Trend und auch für 2018 haben die Hersteller viele neue SUV-Modelle angekündigt.

Wird 2018 das Jahr der Elektromobilität?

"Die CO2-Werte sind 2018 das ganz große Problem für die Autobauer", sagt Dudenhöffer. "2022 ist das entscheidende Jahr, denn dann gelten neue Anforderungen an CO2-Emissionen, die nur mit Elektroautos eingehalten werden können."

Der große Durchbruch für Elektroautos komme dem Autoexperten zufolge im nächsten Jahr noch nicht. Erst ab 2020 sei mit einem Marktanteil der Stromer von mehr als fünf Prozent zu rechnen. Eher nehme der Anteil der Benziner weiter zu, der Dieselanteil werde sich mit den neuen 6d-Dieseln auf niedrigem Niveau stabilisieren.

Und was macht Tesla? Geschäftsführer Elon Musk versucht krampfhaft, eine Massenproduktion aufzubauen und fährt das achte Jahr in Folge Verluste ein. Der Kurs der VW-Aktie liegt unterdessen fast wieder auf dem Niveau vor der Dieselkrise. Konzernchef Müller sagt auf einer Betriebsversammlung: "Alle Marken haben sich zuletzt stark entwickelt." Und das trotz des Dieselskandals. Gute Fahrt!

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