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"Tatort" aus Köln: Ballauf und Schenk von Nebendarsteller übertrumpft


Ballauf und Schenk in Bestform
Dieser Kölner "Tatort" ist brillant

  • Steven Sowa
MeinungVon Steven Sowa

Aktualisiert am 14.01.2024Lesedauer: 3 Min.
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"Tatort: Pyramide": Kommissar Freddy Schenk (Dietmar Bär) trägt die Waffe im Anschlag.Vergrößern des Bildes
"Tatort: Pyramide": Kommissar Freddy Schenk (Dietmar Bär) trägt die Waffe im Anschlag. (Quelle: WDR/Bavaria Fiction GmbH/Thomas Kost)

Dieser "Tatort" aus Köln hallt nach. Nicht nur die Geschichte ist aufrüttelnd und spannend in Szene gesetzt – auch ein Nebendarsteller trumpft ganz groß auf.

Eine "Tatort"-Kritik von Steven Sowa

Im "Tatort: Pyramide" bekommen es die Kölner Ermittler Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) mit einer Geiselnahme, einer Entführung, einem Demagogen und einem Verzweiflungstäter zu tun – und dann gibt es da noch den Mord. Der rückt in diesem fast atemlos inszenierten Thriller zwar in den Hintergrund, doch dafür gibt es eine originelle Dramaturgie und eine derart gut erzählte Geschichte, dass man sich ernsthaft fragt, wann es zuletzt solch einen guten "Tatort" gab ...

Und darum geht es: Völlig unerwartet kommt für André Stamm (Rouven Israel) die Gelegenheit seines Lebens. Ein alter Kamerad aus seiner Zeit bei der Bundeswehr bietet ihm einen vielversprechenden Job bei der Investmentfirma Concreta an. Robert "Rocko" Andersen (Oleg Tikhomirov) ist bereits zu viel Geld gekommen und genießt mit seiner Frau Sylvia Andersen (Sophie Pfennigstorf) nun ein luxuriöses Leben mit schickem Auto und einer Wohnung hoch über den Dächern der Stadt.

André kann sich schon bald dasselbe leisten – alles, was er dafür tun muss, ist das zu tun, was Firmengründer Christopher Komann (Robin Sondermann) von seinem Team verlangt: verkaufen, verkaufen, verkaufen! André ist bereit dazu. Seine Frau Anja Stamm (Roxana Samadi) erwartet ihr erstes Kind und er möchte seiner Familie etwas bieten. Doch schon nach kurzer Zeit gerät nicht nur Concreta, sondern sein ganzes Leben völlig außer Kontrolle.

Er ist der Star im neuen Köln-"Tatort": Robin Sondermann

Schnell sind die Assoziationen zu den ganz großen Kinovorbildern da: Michael Douglas als Börsen-Zampano in "Wall Street", Leonardo DiCaprio als durchgeknallter Jordan Belfort in "Wolf of Wall Street" oder das "Money Monster" George Clooney. Was weit hergeholt klingt, ist in diesem ARD-Fall berechtigt, und das hat vor allem mit einer Personalie zu tun: Robin Sondermann.

Der Schauspieler macht derart überzeugend auf dicke Hose, dass die internationalen Vergleiche erst möglich werden – und automatisch beim Zuschauen vor dem geistigen Auge auftauchen. Solch einen zugleich schillernden wie diabolischen Antihelden gab es im ARD-Krimikosmos schon lange nicht mehr.

Die Zerstörkraft von Gier, sie wird vor allem von Sondermann überzeugend verkörpert. Der Nebendarsteller wird in "Tatort: Pyramide" zum großen Star und spielt ganz nebenbei die beiden Kommissare an die Wand. Das hat auch damit zu tun, dass den "Tatort"-erfahrenen Autoren Arne Nolting und Jan Martin Scharf, die bereits die Drehbücher der Kölner Episoden "Weiter, immer weiter", "Der Reiz des Bösen" und "Spur des Blutes" verfasst haben, ein cleverer Kniff gelingt: Sie verlegen den zügellosen Wahn des Finanzkapitalismus ins deutsche Kleinsparermilieu und bringen die in Rückblicken erzählte Geschichte so möglichst nah an die Lebensrealität der ARD-Zuschauer heran.

Zur thematischen Brisanz in diesem Krimi erklärt Arne Nolting: "Das System der Vertriebspyramide ist ein absolut klassisches und nach wie vor sehr erfolgreiches Betrugsmodell, dem juristisch schwer beizukommen ist." In dem neuesten "Tatort" aus Köln wird aus diesem Sujet ein brillanter Erzählstoff – mit einem buchstäblich kaltblütigen Schneeballsystem, toxischem Profitkult und überraschend starken Charakterdarstellungen.

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