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Resturlaub-Urteil: Unter diesen Umständen verjährt er nicht mehr


Was jetzt gilt
Aktuelle Urteile: Arbeitnehmer müssen beim Resturlaub aufpassen

Von dpa-tmn
Aktualisiert am 27.01.2023Lesedauer: 3 Min.
Neue Hinweispflicht: Ohne Vorwarnung des Arbeitgebers verfällt Resturlaub in Zukunft nicht mehr.Vergrößern des Bildes
Neue Hinweispflicht: Ohne Vorwarnung des Arbeitgebers verfällt Resturlaub in Zukunft nicht mehr. (Quelle: Christin Klose/dpa-tmn-bilder)

Zwei aktuelle Gerichtsurteile bestätigen, dass Resturlaub nicht mehr automatisch verjährt. Voraussetzung ist jedoch ein Hinweis durch den Arbeitgeber.

Zwei Urteile des Bundesarbeitsgerichts im Dezember 2022 (Az. 9 AZR 245/19 und Az. 9 AZR 266/20) haben die Rechte von Arbeitnehmern in Bezug auf Resturlaub noch einmal deutlich gestärkt.

Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht explizit auf seinen Resturlaub hingewiesen, können Urlaubsansprüche der vergangenen Jahre weiter geltend gemacht werden. Was das bedeutet – und wer jetzt möglicherweise profitiert.

Was ändert sich konkret – und wie war die Regelung vorher?

Urlaub verjährt nicht mehr drei Jahre nach Ende des Urlaubsjahres automatisch. Der Arbeitgeber muss jetzt explizit in Vorleistung gehen, bevor die Verjährungsfrist beginnt. "Der Arbeitgeber ist in der Pflicht zu sagen: Nimm den Urlaub, sonst ist er weg", erklärt Rechtsexperte Till Bender vom Rechtsschutz des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DBG). Es besteht also eine sogenannte Hinweispflicht.

Weist der Arbeitgeber nicht darauf hin, bleibt der Urlaubsanspruch bestehen. Im Streitfall muss der Arbeitgeber nachweisen, dass er den Arbeitnehmer über den Resturlaub informiert hat. "Die Beweislast liegt damit beim Arbeitgeber", so Rechtsanwalt Timm Lau von der Arbeitskammer des Saarlandes.

Wie muss der Arbeitgeber dieser Hinweispflicht nachkommen?

Ob ein förmliches Anschreiben nötig ist, ließ das Gericht offen. "Es gibt keine Formvorgaben für die Hinweispflicht", sagt Bender. "Der Arbeitgeber tut aber gut daran, die Information zu verschriftlichen." Denn die Aufforderung muss ernsthaft und nachdrücklich sein. Konkret ließ das Gericht verlauten: "Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer in die Lage versetzen, den Urlaubsanspruch wahrzunehmen."

Arbeitgebern rät Lau, den Brief im Zweifel persönlich einzuwerfen oder eine Empfangsbestätigung zu fordern.

Was ändert sich in Bezug auf frühere Arbeitgeber?

Arbeitnehmer können auch bei beendeten Arbeitsverhältnissen einfordern, dass nicht genommene Urlaubstage ausbezahlt werden. "Urlaub verjährt theoretisch gar nicht mehr", so Jurist Timm Lau.

Wie sinnvoll ist es, Ansprüche rückwirkend rechtlich geltend zu machen?

Rechtsanwalt Till Bender rät zur Vorsicht. "Ich würde Arbeitnehmern aktuell nicht raten, Ansprüche von vor 25 Jahren einzuklagen", sagt er. Vor allem, wenn das Arbeitsverhältnis weiter besteht. Dazu seien noch zu viele Fragen offen.

Auch die Arbeitskammer des Saarlandes sieht noch "jede Menge Unsicherheiten und Fallstricke" in Bezug auf den rückwirkenden Anspruch.

Eine klare Empfehlung zu klagen würde Bender dagegen Arbeitnehmern geben, die aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind. "Eine Klage kann sich richtig lohnen", so der Rechtsanwalt. "Im Verfahren vor dem BAG beispielsweise ging es um 101 Urlaubstage und eine Summe von über 23.000 Euro."

Lau von der Arbeitskammer des Saarlandes rät, die Größenordnung im Blick zu behalten. Handelt es sich um fünf Tage oder um über 70? Im zweiten Fall sei die Forderung so hoch, dass sich ein Streit lohnen könnte. Im ersten Fall eher nicht. Ist der unverbrauchte Resturlaub außerdem sehr lange her, sinken die Chancen auf ein positives "Outcome" noch weiter.

Was gilt für die aktuelle Urlaubsplanung?

Kurz und knapp: Signifikante Neuerungen sind hier mit den Urteilen nicht verbunden. Ein Rat allerdings bleibt: "Schleppen Sie Ihren Urlaub wenn möglich gar nicht mit, häufen Sie einfach keinen an", rät Bender. Das Anhäufen von Urlaub sei auch im Fall einer Insolvenz eines Unternehmens oft kritisch, weil der Arbeitnehmer in diesem Fall Gefahr läuft, kein Geld mehr zu sehen. "Was Sie genommen haben, kann Ihnen keiner mehr nehmen", so Bender.

Einen Vorteil könnten die Urteile allerdings indirekt haben: Der Druck auf den Arbeitgeber, Urlaub zu befürworten, wächst. "Ist das nicht der Fall, rate ich Arbeitnehmern den Betriebsrat aufzusuchen", rät Lau. Der kann mit dem Arbeitgeber das Gespräch suchen und bessere Bedingungen für alle Arbeitnehmer aushandeln – ohne dass ein einzelner sein Verhältnis mit dem Arbeitgeber dafür aufs Spiel setzen muss.

Welche Fragen sind jetzt noch offen?

Hauptsächlich bleibt unklar, was im Fall einer Langzeiterkrankung passiert. Bei Krankheit galt bisher die Besonderheit: Der Anspruch verlängert sich nicht nur wie üblich bis zum 31. März des Folgejahres. Kann jemand wegen der Krankheit den Urlaub darüber hinaus erneut nicht nehmen, bleibt der Anspruch bis zum 31. März im übernächsten Jahr bestehen.

Folgende Frage stellt sich nun: "Angenommen ein Arbeitnehmer ist nur zwei Wochen in der ersten Hälfte des Jahres anwesend und dann nicht mehr, muss der Arbeitgeber auch ihn dann auf den Resturlaub hinweisen?", so Till Bender.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa-tmn
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